Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.Die soziale Frage Einrichtung des kleine", mittlern und großen Schöffengerichts ein viel logischeres Die soziale Frage KW Nun ist es klar, daß durch die Vernichtung aller Vesitztitel, also des Die soziale Frage Einrichtung des kleine», mittlern und großen Schöffengerichts ein viel logischeres Die soziale Frage KW Nun ist es klar, daß durch die Vernichtung aller Vesitztitel, also des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0595" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207890"/> <fw type="header" place="top"> Die soziale Frage</fw><lb/> <p xml:id="ID_1650" prev="#ID_1649"> Einrichtung des kleine», mittlern und großen Schöffengerichts ein viel logischeres<lb/> System war, als der ans dem „Kompromiß" entstandene Zustand, bei dem<lb/> ohne jegliche Konsequenz und ohne alle innern Gründe für die kleinen Straf¬<lb/> sachen das gemischte, für die mittlern das gelehrte, für die großen das Laien¬<lb/> gericht thätig ist, kann überhaupt niemand vernünftigerweise bestreikn. Es<lb/> würde hier zu weit führen, die Vorzüge des Schöffengerichts vor dem Schwur¬<lb/> gericht und die sehr wesentlichen Nachteile des Schwurgerichts zu erörtern;<lb/> das aber gilt es hier wiederholt zu betonen, daß, wer gut liberal im wirklichen<lb/> Sinne des Wortes ist, sehr wohl ein überzeugter und entschiedner Gegner<lb/> des Schwurgerichts sein kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die soziale Frage</head><lb/> <div n="2"> <head/><lb/> <p xml:id="ID_1651"> KW<lb/> MA»as Volksvermögen ist also nicht dnrch Sparen, sondern allein<lb/> durch Arbeit entstanden und wird allein dnrch Arbeit erhalten<lb/> und vermehrt. Der Vermögensbcsitz, das Kapital, wie wir von<lb/> nun an das durch Sparen entstandene Anrecht auf die Mit¬<lb/> benutzung des Vermögens andrer oder auf einen Teil ihres Ein¬<lb/> kommens nennen wollen, behält feinen Wert nur, so lange gearbeitet wird.<lb/> Hört die Arbeit auf, so hört auch das Vermögen, und mit dem Vermögen<lb/> das Nntznießnngsrecht, das Kapital ans. In dem Augenblick, wo die Aus¬<lb/> beutung eines Bergwerks durch Naturereignisse verhindert wird, oder wo die<lb/> Bergleute sich entschließen, lieber Hungers zu sterben, als weiter zu arbeiten,<lb/> andre Bergleute aber nicht zu haben find, in diesem Augenblick siud die Aktien<lb/> dieses Bergwerks Makulatur. Dasselbe gilt von den Hypotheken auf ein<lb/> Grundstück.</p><lb/> <p xml:id="ID_1652" next="#ID_1653"> Nun ist es klar, daß durch die Vernichtung aller Vesitztitel, also des<lb/> ganzen Kapitals, das Vvlksvermögen auch nicht um eines Pfennigs Wert<lb/> verringert werden würde. Wenn alle Hypotheken gelöscht, alle Nentenbriefe,<lb/> Aktien und sonstigen Schuldscheine verbraunt würden, und alle großen Güter<lb/> und Unternehmungen in den Besitz von Genossenschaften kleiner Leute über¬<lb/> gingen, was thäte das den Häusern, Ackern und Fabriken? Sie blieben, was<lb/> sie sind. Allerdings auf den weitern Fortgang der Produktion würde die<lb/> Veränderung Einfluß üben. Manche Gitter würden besser, manche schlechter<lb/> bewirtschaftet werden als vorher; solche Betriebe aber, die weder geteilt werden</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0595]
Die soziale Frage
Einrichtung des kleine», mittlern und großen Schöffengerichts ein viel logischeres
System war, als der ans dem „Kompromiß" entstandene Zustand, bei dem
ohne jegliche Konsequenz und ohne alle innern Gründe für die kleinen Straf¬
sachen das gemischte, für die mittlern das gelehrte, für die großen das Laien¬
gericht thätig ist, kann überhaupt niemand vernünftigerweise bestreikn. Es
würde hier zu weit führen, die Vorzüge des Schöffengerichts vor dem Schwur¬
gericht und die sehr wesentlichen Nachteile des Schwurgerichts zu erörtern;
das aber gilt es hier wiederholt zu betonen, daß, wer gut liberal im wirklichen
Sinne des Wortes ist, sehr wohl ein überzeugter und entschiedner Gegner
des Schwurgerichts sein kann.
Die soziale Frage
KW
MA»as Volksvermögen ist also nicht dnrch Sparen, sondern allein
durch Arbeit entstanden und wird allein dnrch Arbeit erhalten
und vermehrt. Der Vermögensbcsitz, das Kapital, wie wir von
nun an das durch Sparen entstandene Anrecht auf die Mit¬
benutzung des Vermögens andrer oder auf einen Teil ihres Ein¬
kommens nennen wollen, behält feinen Wert nur, so lange gearbeitet wird.
Hört die Arbeit auf, so hört auch das Vermögen, und mit dem Vermögen
das Nntznießnngsrecht, das Kapital ans. In dem Augenblick, wo die Aus¬
beutung eines Bergwerks durch Naturereignisse verhindert wird, oder wo die
Bergleute sich entschließen, lieber Hungers zu sterben, als weiter zu arbeiten,
andre Bergleute aber nicht zu haben find, in diesem Augenblick siud die Aktien
dieses Bergwerks Makulatur. Dasselbe gilt von den Hypotheken auf ein
Grundstück.
Nun ist es klar, daß durch die Vernichtung aller Vesitztitel, also des
ganzen Kapitals, das Vvlksvermögen auch nicht um eines Pfennigs Wert
verringert werden würde. Wenn alle Hypotheken gelöscht, alle Nentenbriefe,
Aktien und sonstigen Schuldscheine verbraunt würden, und alle großen Güter
und Unternehmungen in den Besitz von Genossenschaften kleiner Leute über¬
gingen, was thäte das den Häusern, Ackern und Fabriken? Sie blieben, was
sie sind. Allerdings auf den weitern Fortgang der Produktion würde die
Veränderung Einfluß üben. Manche Gitter würden besser, manche schlechter
bewirtschaftet werden als vorher; solche Betriebe aber, die weder geteilt werden
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