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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Tchlieinauns Ausgrabungen und Ägypten

Paragraphen nachträglich leicht finden. Fehlt eS aber an jenen Eigenschaften,
dann können alle Paragraphen nichts helfen. Zum richtigen Kvrporativnsgeiste
können sie es vorläufig schon deswegen nicht leicht bringen, weil sie ihre Kräfte in
Dutzenden von Vereinen zersplittern. Und die freisinnige Presse befördert diese
unnatürliche Auseinanderreißung des Zusammengehörigen nach Kräften, indem
sie unablässig den Satz predigt: Es giebt keine Stände mehr. Welcher Unsinn!
Als ob der Arzt, der Müller und der Schornsteinfeger dadurch, daß sie vor
Gericht und in der Staatsverfassung gleichgestellt werden, aufhörten, Arzt,
Müller und Schornsteinfeger zu sein!




^chliemanns Ausgrabungen und Ägypten

in achten Jahre der Regierung Rhamses des Dritten drohte dem
alten Äghpteu eine große Gefahr. Nachdem das Land schon seit
Jahrzehnten durch die Einfälle fremder, bis dahin unbekannter
Völkerschaften beunruhigt worden war, kamen damals (im drei¬
zehnten Jahrhundert v. Chr.) neue Gerüchte von einem feindlichen
Heer und einer großen Flotte, die sich von Norden her dem Nile näherte. Der
erste Stoß der Angreifer traf das Chetareich im nördlichen Shrieu. Wenige
Menschenalter früher hatten noch die Cheta den Eroberuugsgelüsten Rhamses
des Zweiten, "des Großen," nicht ohne Erfolg widerstanden. Vor dein An¬
sturm dieser Völkerwanderung brach ihr Reich zusammen. Denn nicht ein
Raubzug, eine wirkliche Völkerwanderung war es, was damals von Norden
mich Süden drängte. Es waren "die Völker, vie von ihre" Inseln im großen
Meere gekommen waren" und die nun, wie die äghptische Inschrift sagt, das
Land bis zur Vernichtung heimsuchten, mit Unter- und Segelschiffen am
Strande hinfahrend, ans schwerfälligen Ochsenkarren zu Lande Weib und Kind
mit sich führend: die Schardnna, Dancmua, Turuscha, Schakaruscha und andre
Stämme. Nach der Niederwerfung der Cheta war das reiche Nilland ihr
Ziel. Aber schon hatte der Pharao seine Kriegsmacht zusammengezogen und
rückte den Feinde" mit zahlreichen Schiffen und einen" starke" Heere bis a"
die Ostgrenze seines Reiches entgegen. Die Schlacht wurde zu Wasser und
zu Lande geschlagen und endete mit der Niederlage der Angreifer.

Seit dem Bekanntwerden der großen Inschrift im Tempel von Medinet-
Habn, no Rhamses der Dritte seinen Sieg dnrch Schrift u"d Bild verherrlicht


Tchlieinauns Ausgrabungen und Ägypten

Paragraphen nachträglich leicht finden. Fehlt eS aber an jenen Eigenschaften,
dann können alle Paragraphen nichts helfen. Zum richtigen Kvrporativnsgeiste
können sie es vorläufig schon deswegen nicht leicht bringen, weil sie ihre Kräfte in
Dutzenden von Vereinen zersplittern. Und die freisinnige Presse befördert diese
unnatürliche Auseinanderreißung des Zusammengehörigen nach Kräften, indem
sie unablässig den Satz predigt: Es giebt keine Stände mehr. Welcher Unsinn!
Als ob der Arzt, der Müller und der Schornsteinfeger dadurch, daß sie vor
Gericht und in der Staatsverfassung gleichgestellt werden, aufhörten, Arzt,
Müller und Schornsteinfeger zu sein!




^chliemanns Ausgrabungen und Ägypten

in achten Jahre der Regierung Rhamses des Dritten drohte dem
alten Äghpteu eine große Gefahr. Nachdem das Land schon seit
Jahrzehnten durch die Einfälle fremder, bis dahin unbekannter
Völkerschaften beunruhigt worden war, kamen damals (im drei¬
zehnten Jahrhundert v. Chr.) neue Gerüchte von einem feindlichen
Heer und einer großen Flotte, die sich von Norden her dem Nile näherte. Der
erste Stoß der Angreifer traf das Chetareich im nördlichen Shrieu. Wenige
Menschenalter früher hatten noch die Cheta den Eroberuugsgelüsten Rhamses
des Zweiten, „des Großen," nicht ohne Erfolg widerstanden. Vor dein An¬
sturm dieser Völkerwanderung brach ihr Reich zusammen. Denn nicht ein
Raubzug, eine wirkliche Völkerwanderung war es, was damals von Norden
mich Süden drängte. Es waren „die Völker, vie von ihre» Inseln im großen
Meere gekommen waren" und die nun, wie die äghptische Inschrift sagt, das
Land bis zur Vernichtung heimsuchten, mit Unter- und Segelschiffen am
Strande hinfahrend, ans schwerfälligen Ochsenkarren zu Lande Weib und Kind
mit sich führend: die Schardnna, Dancmua, Turuscha, Schakaruscha und andre
Stämme. Nach der Niederwerfung der Cheta war das reiche Nilland ihr
Ziel. Aber schon hatte der Pharao seine Kriegsmacht zusammengezogen und
rückte den Feinde» mit zahlreichen Schiffen und einen» starke» Heere bis a»
die Ostgrenze seines Reiches entgegen. Die Schlacht wurde zu Wasser und
zu Lande geschlagen und endete mit der Niederlage der Angreifer.

Seit dem Bekanntwerden der großen Inschrift im Tempel von Medinet-
Habn, no Rhamses der Dritte seinen Sieg dnrch Schrift u»d Bild verherrlicht


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[0460] Tchlieinauns Ausgrabungen und Ägypten Paragraphen nachträglich leicht finden. Fehlt eS aber an jenen Eigenschaften, dann können alle Paragraphen nichts helfen. Zum richtigen Kvrporativnsgeiste können sie es vorläufig schon deswegen nicht leicht bringen, weil sie ihre Kräfte in Dutzenden von Vereinen zersplittern. Und die freisinnige Presse befördert diese unnatürliche Auseinanderreißung des Zusammengehörigen nach Kräften, indem sie unablässig den Satz predigt: Es giebt keine Stände mehr. Welcher Unsinn! Als ob der Arzt, der Müller und der Schornsteinfeger dadurch, daß sie vor Gericht und in der Staatsverfassung gleichgestellt werden, aufhörten, Arzt, Müller und Schornsteinfeger zu sein! ^chliemanns Ausgrabungen und Ägypten in achten Jahre der Regierung Rhamses des Dritten drohte dem alten Äghpteu eine große Gefahr. Nachdem das Land schon seit Jahrzehnten durch die Einfälle fremder, bis dahin unbekannter Völkerschaften beunruhigt worden war, kamen damals (im drei¬ zehnten Jahrhundert v. Chr.) neue Gerüchte von einem feindlichen Heer und einer großen Flotte, die sich von Norden her dem Nile näherte. Der erste Stoß der Angreifer traf das Chetareich im nördlichen Shrieu. Wenige Menschenalter früher hatten noch die Cheta den Eroberuugsgelüsten Rhamses des Zweiten, „des Großen," nicht ohne Erfolg widerstanden. Vor dein An¬ sturm dieser Völkerwanderung brach ihr Reich zusammen. Denn nicht ein Raubzug, eine wirkliche Völkerwanderung war es, was damals von Norden mich Süden drängte. Es waren „die Völker, vie von ihre» Inseln im großen Meere gekommen waren" und die nun, wie die äghptische Inschrift sagt, das Land bis zur Vernichtung heimsuchten, mit Unter- und Segelschiffen am Strande hinfahrend, ans schwerfälligen Ochsenkarren zu Lande Weib und Kind mit sich führend: die Schardnna, Dancmua, Turuscha, Schakaruscha und andre Stämme. Nach der Niederwerfung der Cheta war das reiche Nilland ihr Ziel. Aber schon hatte der Pharao seine Kriegsmacht zusammengezogen und rückte den Feinde» mit zahlreichen Schiffen und einen» starke» Heere bis a» die Ostgrenze seines Reiches entgegen. Die Schlacht wurde zu Wasser und zu Lande geschlagen und endete mit der Niederlage der Angreifer. Seit dem Bekanntwerden der großen Inschrift im Tempel von Medinet- Habn, no Rhamses der Dritte seinen Sieg dnrch Schrift u»d Bild verherrlicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/460>, abgerufen am 23.07.2024.