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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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bestanden haben. Jedes Departement besitzt ein solches Primärsemincir für
Mädchen; es stimmt im großen und ganzen mit dein Seminar für Volksschul-
lehrer überein. Die Bildungsanstalten sür Volksschullehrerinuen sind also in
Frankreich streng geschieden von denen für Lehrerinnen an höhern Mädchenschulen,
während in Deutschland beide Einrichtungen zu ihrem großen Schaden in eine
einzige zusammengeworfen werden. Da in die IZools norwu-Jo von shores nur
Mädchen aufgenommen werden, die nicht jünger als achtzehn und nicht älter
als vierundzwanzig Jahre sind, und da die Zöglinge wöchentlich höchstens
an zehn pflichtmäßigen Unterrichtsstunden teilzunehmen brauchen, so hört man
in Frankreich auch niemals von einer Überbürdung der Seminciristinncn. Man
treffe auch in Deutschland ähnliche Maßregeln. Das Lehrerinnenscminar muß, wie
das der Volksschullehrer, eine Staatsanstalt werden; es soll seinen seminaristischen
Charakter behalten und keinen akademischen Anstrich bekommen, wie die Frauen¬
petition gern möchte; nur befähigte und mit tüchtigen Vorkenntnissen ausgerüstete
Zöglinge sind aufzunehmen; die Kursusdaucr darf nicht weniger als drei Jahre
betragen, so daß eine geistige Überanstrengung ausgeschlossen ist und die körperliche
Entwicklung der Mädchen nicht gehindert wird; statt unbegabten Studenten
Stipendien auszusetzen, zahle man sie lieber an begabte Mädchen. Vor allen
Dingen ist bei den Seminaristinnen auf ein gesundheitsmäßiges Leben in ihrer
Tracht wie in ihrer Körperpflege zu halten und ihnen Gelegenheit zu geben, sich
die hygienischen Grundsätze unsrer Zeit anzueignen. Denn wer die weibliche
Jugend zu körperlich und geistig tüchtigen Frauen erziehen will, muß selbst
darnach streben, eine gesunde Seele im gesunden Körper zu bewahren.




Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg

er dritte und letzte Teil des bekannten und in seinen ersten Bänden
von uns ausführlich besprochnen Memvirenwerkes des Herzogs
Ernst reicht vom Anfange des Jahres 18K0 bis zum Regierungs¬
antritt Kaiser Wilhelms II., giebt aber über die letzten steb-
izehu Jahre nur kurze Rückblicke ans die Thatsachen und eine
Betrachtung des Gesamtergebnisses. Das Vorhergehende enthält wieder manchen
schätzenswerten Beitrag zur Geschichte unsrer Tage und der Versuche des Ver¬
fassers, dabei mitzuwirken, daneben aber auch vieles, was den Lesern weniger
interessant erscheinen wird als dein Erzähler, und was man entschieden weniger


bestanden haben. Jedes Departement besitzt ein solches Primärsemincir für
Mädchen; es stimmt im großen und ganzen mit dein Seminar für Volksschul-
lehrer überein. Die Bildungsanstalten sür Volksschullehrerinuen sind also in
Frankreich streng geschieden von denen für Lehrerinnen an höhern Mädchenschulen,
während in Deutschland beide Einrichtungen zu ihrem großen Schaden in eine
einzige zusammengeworfen werden. Da in die IZools norwu-Jo von shores nur
Mädchen aufgenommen werden, die nicht jünger als achtzehn und nicht älter
als vierundzwanzig Jahre sind, und da die Zöglinge wöchentlich höchstens
an zehn pflichtmäßigen Unterrichtsstunden teilzunehmen brauchen, so hört man
in Frankreich auch niemals von einer Überbürdung der Seminciristinncn. Man
treffe auch in Deutschland ähnliche Maßregeln. Das Lehrerinnenscminar muß, wie
das der Volksschullehrer, eine Staatsanstalt werden; es soll seinen seminaristischen
Charakter behalten und keinen akademischen Anstrich bekommen, wie die Frauen¬
petition gern möchte; nur befähigte und mit tüchtigen Vorkenntnissen ausgerüstete
Zöglinge sind aufzunehmen; die Kursusdaucr darf nicht weniger als drei Jahre
betragen, so daß eine geistige Überanstrengung ausgeschlossen ist und die körperliche
Entwicklung der Mädchen nicht gehindert wird; statt unbegabten Studenten
Stipendien auszusetzen, zahle man sie lieber an begabte Mädchen. Vor allen
Dingen ist bei den Seminaristinnen auf ein gesundheitsmäßiges Leben in ihrer
Tracht wie in ihrer Körperpflege zu halten und ihnen Gelegenheit zu geben, sich
die hygienischen Grundsätze unsrer Zeit anzueignen. Denn wer die weibliche
Jugend zu körperlich und geistig tüchtigen Frauen erziehen will, muß selbst
darnach streben, eine gesunde Seele im gesunden Körper zu bewahren.




Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg

er dritte und letzte Teil des bekannten und in seinen ersten Bänden
von uns ausführlich besprochnen Memvirenwerkes des Herzogs
Ernst reicht vom Anfange des Jahres 18K0 bis zum Regierungs¬
antritt Kaiser Wilhelms II., giebt aber über die letzten steb-
izehu Jahre nur kurze Rückblicke ans die Thatsachen und eine
Betrachtung des Gesamtergebnisses. Das Vorhergehende enthält wieder manchen
schätzenswerten Beitrag zur Geschichte unsrer Tage und der Versuche des Ver¬
fassers, dabei mitzuwirken, daneben aber auch vieles, was den Lesern weniger
interessant erscheinen wird als dein Erzähler, und was man entschieden weniger


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[0412] bestanden haben. Jedes Departement besitzt ein solches Primärsemincir für Mädchen; es stimmt im großen und ganzen mit dein Seminar für Volksschul- lehrer überein. Die Bildungsanstalten sür Volksschullehrerinuen sind also in Frankreich streng geschieden von denen für Lehrerinnen an höhern Mädchenschulen, während in Deutschland beide Einrichtungen zu ihrem großen Schaden in eine einzige zusammengeworfen werden. Da in die IZools norwu-Jo von shores nur Mädchen aufgenommen werden, die nicht jünger als achtzehn und nicht älter als vierundzwanzig Jahre sind, und da die Zöglinge wöchentlich höchstens an zehn pflichtmäßigen Unterrichtsstunden teilzunehmen brauchen, so hört man in Frankreich auch niemals von einer Überbürdung der Seminciristinncn. Man treffe auch in Deutschland ähnliche Maßregeln. Das Lehrerinnenscminar muß, wie das der Volksschullehrer, eine Staatsanstalt werden; es soll seinen seminaristischen Charakter behalten und keinen akademischen Anstrich bekommen, wie die Frauen¬ petition gern möchte; nur befähigte und mit tüchtigen Vorkenntnissen ausgerüstete Zöglinge sind aufzunehmen; die Kursusdaucr darf nicht weniger als drei Jahre betragen, so daß eine geistige Überanstrengung ausgeschlossen ist und die körperliche Entwicklung der Mädchen nicht gehindert wird; statt unbegabten Studenten Stipendien auszusetzen, zahle man sie lieber an begabte Mädchen. Vor allen Dingen ist bei den Seminaristinnen auf ein gesundheitsmäßiges Leben in ihrer Tracht wie in ihrer Körperpflege zu halten und ihnen Gelegenheit zu geben, sich die hygienischen Grundsätze unsrer Zeit anzueignen. Denn wer die weibliche Jugend zu körperlich und geistig tüchtigen Frauen erziehen will, muß selbst darnach streben, eine gesunde Seele im gesunden Körper zu bewahren. Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg er dritte und letzte Teil des bekannten und in seinen ersten Bänden von uns ausführlich besprochnen Memvirenwerkes des Herzogs Ernst reicht vom Anfange des Jahres 18K0 bis zum Regierungs¬ antritt Kaiser Wilhelms II., giebt aber über die letzten steb- izehu Jahre nur kurze Rückblicke ans die Thatsachen und eine Betrachtung des Gesamtergebnisses. Das Vorhergehende enthält wieder manchen schätzenswerten Beitrag zur Geschichte unsrer Tage und der Versuche des Ver¬ fassers, dabei mitzuwirken, daneben aber auch vieles, was den Lesern weniger interessant erscheinen wird als dein Erzähler, und was man entschieden weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/412>, abgerufen am 03.07.2024.