Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Humor und Komik in der griechischen Kunst (Schluß) se die Komik bei diesen Teilnehmern der bacchischen Orgien meist Doch verlassen wir nunmehr den Kreis der Götter, um uns der Heroeu- Humor und Komik in der griechischen Kunst (Schluß) se die Komik bei diesen Teilnehmern der bacchischen Orgien meist Doch verlassen wir nunmehr den Kreis der Götter, um uns der Heroeu- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207020"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_206644/figures/grenzboten_341851_206644_207020_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Humor und Komik in der griechischen Kunst<lb/> (Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_986"> se die Komik bei diesen Teilnehmern der bacchischen Orgien meist<lb/> recht derb und stellenweise sogar anstößig, so ist sie dagegen<lb/> harmloser und gemütlicher, wenn wir ihr im Kreise der Eroten-<lb/> dnrstellungen begegnen. Der Eros der altern Dichtung und<lb/> Kunst freilich, jeuer ernste Gott, dessen schwermütiges Äußere<lb/> der berühmte Torso des Vatikans so herrlich verkörpert, hat nichts mit dein<lb/> Humor zu thun; aber die Kunst der hellenischen Periode macht aus dem zarten<lb/> Jüngling einen muntern, pausbäckigen Knaben, der sich neben seiner Mission,<lb/> mit Pfeil und Fackel Liebe zu entzünden und die Menschen zu peinigen, auch<lb/> kindlichem Beschäftigungen hingiebt. So spielt er im Olymp mit Ganymed Würfel<lb/> und lacht fröhlich, wenn er den Spiellumpau besiegt hat, daß dieser traurig am<lb/> Boden sitzt; er versucht seine Kraft an dem mächtigen Bogen des Herakles, kriecht<lb/> in das Löwenfell des Helden oder treibt svustallerlei Schabernack, sodaß die sonst<lb/> so nachsichtige Mutter doch gelegentlich einmal zur Sandale als Züchtigungs¬<lb/> mittel greifen muß. Die alexandrinische Kunst und ihr folgend die römische liebt<lb/> es dann namentlich, die Figur des Eros zu vervielfachen nud diesen kleinen<lb/> Putten, bei denen die Grundbedeutung des Eros vollständig verloren gegangen<lb/> ist, alle möglichen Beschäftigungen oder Spiele des menschlichen Kreises zu<lb/> übertragen. So sehen wir solche Amoretten auf Wandgemälden und Reliefs<lb/> als Schuhmacher oder Tischler in der Werkstatt sitzen, Kränze winden, die<lb/> Mühle drehen u. tgi. mehr; oder sie spielen Versteckens, Blindekuh und andre<lb/> Kinderspiele; eiuer nimmt eine mächtige, schreckenerregende Maske vors Gesicht<lb/> u»d fntzt damit einem andern solche Angst ein, daß dieser entsetzt hintenüber<lb/> purzelt. Eine der anmutigsten und humorvollsten Darstellungen ist die bekannte<lb/> Szene des Erotenverkaufs, wo ein alter, schlaublickender Vogelhündler einer<lb/> vornehmen Dame einen ganzen Käfig mit solchen muntern Flügelknäbchen bringt<lb/> Und eben im Begriff ist, eines davon, das er am Flügel packt, zu besserm<lb/> ^trachten herauszunehmen: ein allerliebstes Bildchen, das bekanntlich Goethe<lb/> ^'laß zu seinem Gedicht „Wer kauft Liebesgötter?" gegeben hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_987" next="#ID_988"> Doch verlassen wir nunmehr den Kreis der Götter, um uns der Heroeu-<lb/> zuzuwenden. An und für sich könnte es freilich scheinen, als ob das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
[Abbildung]
Humor und Komik in der griechischen Kunst
(Schluß)
se die Komik bei diesen Teilnehmern der bacchischen Orgien meist
recht derb und stellenweise sogar anstößig, so ist sie dagegen
harmloser und gemütlicher, wenn wir ihr im Kreise der Eroten-
dnrstellungen begegnen. Der Eros der altern Dichtung und
Kunst freilich, jeuer ernste Gott, dessen schwermütiges Äußere
der berühmte Torso des Vatikans so herrlich verkörpert, hat nichts mit dein
Humor zu thun; aber die Kunst der hellenischen Periode macht aus dem zarten
Jüngling einen muntern, pausbäckigen Knaben, der sich neben seiner Mission,
mit Pfeil und Fackel Liebe zu entzünden und die Menschen zu peinigen, auch
kindlichem Beschäftigungen hingiebt. So spielt er im Olymp mit Ganymed Würfel
und lacht fröhlich, wenn er den Spiellumpau besiegt hat, daß dieser traurig am
Boden sitzt; er versucht seine Kraft an dem mächtigen Bogen des Herakles, kriecht
in das Löwenfell des Helden oder treibt svustallerlei Schabernack, sodaß die sonst
so nachsichtige Mutter doch gelegentlich einmal zur Sandale als Züchtigungs¬
mittel greifen muß. Die alexandrinische Kunst und ihr folgend die römische liebt
es dann namentlich, die Figur des Eros zu vervielfachen nud diesen kleinen
Putten, bei denen die Grundbedeutung des Eros vollständig verloren gegangen
ist, alle möglichen Beschäftigungen oder Spiele des menschlichen Kreises zu
übertragen. So sehen wir solche Amoretten auf Wandgemälden und Reliefs
als Schuhmacher oder Tischler in der Werkstatt sitzen, Kränze winden, die
Mühle drehen u. tgi. mehr; oder sie spielen Versteckens, Blindekuh und andre
Kinderspiele; eiuer nimmt eine mächtige, schreckenerregende Maske vors Gesicht
u»d fntzt damit einem andern solche Angst ein, daß dieser entsetzt hintenüber
purzelt. Eine der anmutigsten und humorvollsten Darstellungen ist die bekannte
Szene des Erotenverkaufs, wo ein alter, schlaublickender Vogelhündler einer
vornehmen Dame einen ganzen Käfig mit solchen muntern Flügelknäbchen bringt
Und eben im Begriff ist, eines davon, das er am Flügel packt, zu besserm
^trachten herauszunehmen: ein allerliebstes Bildchen, das bekanntlich Goethe
^'laß zu seinem Gedicht „Wer kauft Liebesgötter?" gegeben hat.
Doch verlassen wir nunmehr den Kreis der Götter, um uns der Heroeu-
zuzuwenden. An und für sich könnte es freilich scheinen, als ob das
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