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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Junge Liebe
Henrik pontoppidan Idyll von
Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann
(Fortsetzung)
10

artha hatte ihren Entschluß gefaßt, und von dein Augenblick an
war eine wunderbare Ruhe über sie gekommen. Jesper war
noch eine Stunde lang bei ihr geblieben, und sie hatten ruhig
und vernünftig über die Vorbereitungen zur Hochzeit gesprochen,
über die Einrichtung des Mühlenhauses, über das Ausgebot, das
beim Prediger bestellt werden müsse, und über mancherlei andres.

Noch draußen in der Thür hatte Martha aufs neue gelobt, das; sie sich
ändern und ihm treu bleiben wolle, ebenso wie er seinerseits das feierliche
Versprechen gegeben hatte, wieder fleißig und ordentlich zu werden, sodaß sie
glücklich mit einander leben könnten. Als sie aber die Hausthür geschlossen
hatte und in ihre Kammer kam, sank sie vor einem Stuhl in leisem Schluchzen
nieder.

Das also war das Ende vom Liede! Dahin sollte es schließlich doch
mit ihr kommen!

Sie wußte, daß es so am besten war; daß sie wie dnrch ein Wunder vor
dem verhängnisvollen Schritt, vor dein sie sich stets so gefürchtet hatte, be¬
wahrt worden war. Und doch konnte sie ihre Thränen nicht zurückhalten.
All das geheime Sehnen, alle Träume ihrer Jugend mußte sie ausweinen;
sie fühlte, daß dies der letzte Stachel war, der letzte Kampf, der ihr jetzt bevor¬
stand. Wenn erst die Nacht vergangen war und sie ihn fort von hier wußte,
würde ihr Herz für immer den Frieden finden, nach dein jetzt ihr einziges
Sehnen stand.

Aber diese endlos lange Nacht!

Sie wußte, er würde kommen und sie rufe", er würde draußen stehen
und auf sie warten, spähend, ihrem Schritte lauschend, ungeduldig, sehnsuchts¬
voll! Aber sie fühlte, daß sie jetzt stark war, daß nichts mehr sie in ihrem




Junge Liebe
Henrik pontoppidan Idyll von
Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann
(Fortsetzung)
10

artha hatte ihren Entschluß gefaßt, und von dein Augenblick an
war eine wunderbare Ruhe über sie gekommen. Jesper war
noch eine Stunde lang bei ihr geblieben, und sie hatten ruhig
und vernünftig über die Vorbereitungen zur Hochzeit gesprochen,
über die Einrichtung des Mühlenhauses, über das Ausgebot, das
beim Prediger bestellt werden müsse, und über mancherlei andres.

Noch draußen in der Thür hatte Martha aufs neue gelobt, das; sie sich
ändern und ihm treu bleiben wolle, ebenso wie er seinerseits das feierliche
Versprechen gegeben hatte, wieder fleißig und ordentlich zu werden, sodaß sie
glücklich mit einander leben könnten. Als sie aber die Hausthür geschlossen
hatte und in ihre Kammer kam, sank sie vor einem Stuhl in leisem Schluchzen
nieder.

Das also war das Ende vom Liede! Dahin sollte es schließlich doch
mit ihr kommen!

Sie wußte, daß es so am besten war; daß sie wie dnrch ein Wunder vor
dem verhängnisvollen Schritt, vor dein sie sich stets so gefürchtet hatte, be¬
wahrt worden war. Und doch konnte sie ihre Thränen nicht zurückhalten.
All das geheime Sehnen, alle Träume ihrer Jugend mußte sie ausweinen;
sie fühlte, daß dies der letzte Stachel war, der letzte Kampf, der ihr jetzt bevor¬
stand. Wenn erst die Nacht vergangen war und sie ihn fort von hier wußte,
würde ihr Herz für immer den Frieden finden, nach dein jetzt ihr einziges
Sehnen stand.

Aber diese endlos lange Nacht!

Sie wußte, er würde kommen und sie rufe», er würde draußen stehen
und auf sie warten, spähend, ihrem Schritte lauschend, ungeduldig, sehnsuchts¬
voll! Aber sie fühlte, daß sie jetzt stark war, daß nichts mehr sie in ihrem


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[0388] [Abbildung] Junge Liebe Henrik pontoppidan Idyll von Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann (Fortsetzung) 10 artha hatte ihren Entschluß gefaßt, und von dein Augenblick an war eine wunderbare Ruhe über sie gekommen. Jesper war noch eine Stunde lang bei ihr geblieben, und sie hatten ruhig und vernünftig über die Vorbereitungen zur Hochzeit gesprochen, über die Einrichtung des Mühlenhauses, über das Ausgebot, das beim Prediger bestellt werden müsse, und über mancherlei andres. Noch draußen in der Thür hatte Martha aufs neue gelobt, das; sie sich ändern und ihm treu bleiben wolle, ebenso wie er seinerseits das feierliche Versprechen gegeben hatte, wieder fleißig und ordentlich zu werden, sodaß sie glücklich mit einander leben könnten. Als sie aber die Hausthür geschlossen hatte und in ihre Kammer kam, sank sie vor einem Stuhl in leisem Schluchzen nieder. Das also war das Ende vom Liede! Dahin sollte es schließlich doch mit ihr kommen! Sie wußte, daß es so am besten war; daß sie wie dnrch ein Wunder vor dem verhängnisvollen Schritt, vor dein sie sich stets so gefürchtet hatte, be¬ wahrt worden war. Und doch konnte sie ihre Thränen nicht zurückhalten. All das geheime Sehnen, alle Träume ihrer Jugend mußte sie ausweinen; sie fühlte, daß dies der letzte Stachel war, der letzte Kampf, der ihr jetzt bevor¬ stand. Wenn erst die Nacht vergangen war und sie ihn fort von hier wußte, würde ihr Herz für immer den Frieden finden, nach dein jetzt ihr einziges Sehnen stand. Aber diese endlos lange Nacht! Sie wußte, er würde kommen und sie rufe», er würde draußen stehen und auf sie warten, spähend, ihrem Schritte lauschend, ungeduldig, sehnsuchts¬ voll! Aber sie fühlte, daß sie jetzt stark war, daß nichts mehr sie in ihrem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/388>, abgerufen am 21.12.2024.