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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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gute Verzinsung ihrer ägyptischen Papiere, ohne Wagnis und Kosten ihrerseits
von den Engländern so trefflich besorgt werden.

Ju seiner letzten Guildhallrede hat der leitende Minister Großbritanniens
den Franzosen auf ihre Beschwerden geantwortet. Nachdem er die Wohlthaten
der englischen Einmischung: Wiederherstellung des Friedens, Erhaltung der
Ordnung, Beseitigung der verderbten Gerichtspflege, Besserung der Finanzen
und Ermäßigung der Steuer" aufgezählt und auf die durch Emin Paschas
Besiegung gesteigerte Gefahr vom Mahdismus des Sudan hingewiesen hatte,
erklärte er: "Wir haben es unternommen, Ägypten zu stütze", bis es imstande
ist, sich selbst gegen jeden heimischen und auswärtigen Feind aufrecht zu er¬
halten." Die Notwendigkeit solcher Stützung wird verstärkt durch die Befürch¬
tung, daß ein schließlicher Sieg der religiösen Schwärmer und der Sklaven¬
händler am obern Nil in den Gebieten am untern Stromlaufe die von England
seit Jahrzehnten und neuerdings auch von uns mit diesem gemeinsam bekämpfte
Sklaverei in erschreckendem Maße ausbreiten würde. Frankreich begünstigt den
Handel mit Menschenfleisch, indem es seine Flagge Schiffen mit Negerladungen
leiht und sich der Durchsuchung solcher Schiffe widersetzt. Diesen Handel in
Jnnernfrika zu unterdrücken, ist vorläufig unmöglich. Aber die Ausfuhr über
die Grenze des Sudan läßt sich sehr wohl verhindern, wenn Ägypten von
Gegnern des schändlichen Geschäfts beaufsichtigt und verwaltet wird, und so
ist das Verbleiben der Engländer am Nil auch aus diesem Grunde zu wünschen.




Flugschriften aus Österreich

as Jubiläum der Taaffischen Ära -- es war im August zehn
Jahre, daß Graf Tcmffe von der Krone zur Leitung der innern
Angelegenheiten Cisleithanicus berufen worden ist -- hat Anlaß
zu einer Reihe von Flugschriften über die innere Lage Österreichs
und insbesondre über die der Deutschen gegeben. Wir greifen
einige davon heraus, von denen jede eine andre politische Richtung bezeichnet.
Ju die österreichischen Parteiverhnltnisfe der Gegenwart, die den Reichsdeutschen
immer noch verworren und schwer verstündlich erscheinen, führen sie besser ein,
als es eine allgemeine Schilderung vermochte. Vieles freilich wird nach wie
vor dunkel bleiben, und auch neue Befürchtungen über die Zukunft der
Deutschen in Österreich, ja über die Zukunft der Monarchie selber drängen


gute Verzinsung ihrer ägyptischen Papiere, ohne Wagnis und Kosten ihrerseits
von den Engländern so trefflich besorgt werden.

Ju seiner letzten Guildhallrede hat der leitende Minister Großbritanniens
den Franzosen auf ihre Beschwerden geantwortet. Nachdem er die Wohlthaten
der englischen Einmischung: Wiederherstellung des Friedens, Erhaltung der
Ordnung, Beseitigung der verderbten Gerichtspflege, Besserung der Finanzen
und Ermäßigung der Steuer» aufgezählt und auf die durch Emin Paschas
Besiegung gesteigerte Gefahr vom Mahdismus des Sudan hingewiesen hatte,
erklärte er: „Wir haben es unternommen, Ägypten zu stütze», bis es imstande
ist, sich selbst gegen jeden heimischen und auswärtigen Feind aufrecht zu er¬
halten." Die Notwendigkeit solcher Stützung wird verstärkt durch die Befürch¬
tung, daß ein schließlicher Sieg der religiösen Schwärmer und der Sklaven¬
händler am obern Nil in den Gebieten am untern Stromlaufe die von England
seit Jahrzehnten und neuerdings auch von uns mit diesem gemeinsam bekämpfte
Sklaverei in erschreckendem Maße ausbreiten würde. Frankreich begünstigt den
Handel mit Menschenfleisch, indem es seine Flagge Schiffen mit Negerladungen
leiht und sich der Durchsuchung solcher Schiffe widersetzt. Diesen Handel in
Jnnernfrika zu unterdrücken, ist vorläufig unmöglich. Aber die Ausfuhr über
die Grenze des Sudan läßt sich sehr wohl verhindern, wenn Ägypten von
Gegnern des schändlichen Geschäfts beaufsichtigt und verwaltet wird, und so
ist das Verbleiben der Engländer am Nil auch aus diesem Grunde zu wünschen.




Flugschriften aus Österreich

as Jubiläum der Taaffischen Ära — es war im August zehn
Jahre, daß Graf Tcmffe von der Krone zur Leitung der innern
Angelegenheiten Cisleithanicus berufen worden ist — hat Anlaß
zu einer Reihe von Flugschriften über die innere Lage Österreichs
und insbesondre über die der Deutschen gegeben. Wir greifen
einige davon heraus, von denen jede eine andre politische Richtung bezeichnet.
Ju die österreichischen Parteiverhnltnisfe der Gegenwart, die den Reichsdeutschen
immer noch verworren und schwer verstündlich erscheinen, führen sie besser ein,
als es eine allgemeine Schilderung vermochte. Vieles freilich wird nach wie
vor dunkel bleiben, und auch neue Befürchtungen über die Zukunft der
Deutschen in Österreich, ja über die Zukunft der Monarchie selber drängen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/360>, abgerufen am 23.06.2024.