Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen
Redakteurs
von Glee> Gerland

eun uni>i auch heute nicht mehr rin dein absterbenden Mittel-
alter die Buchdruckerkunst eine schwarze, höllische nennen wird,
so kann man doch nicht leugnen, daß sie gerade dnrch die so
""endlich wertvolle Erleichterung der Gedankenverbreitnng eines
Einzelnen a"es die Möglichkeit der Mitteilung verbrecherischer
Gedanken wesentlich erleichtert hat. Man sah schon bald nach der Erfindung
der Buchdruckerkunst ein, das; man gegen die Presse, von deren späterer ge¬
waltiger Entwicklung man noch leine Ahnung habe!, konnte, besondrer Schutz¬
mittel bedürfe. Während deshalb schon 1480 Kurfürst Berthold von Mainz
für seine Erzdiözese, dann die Päpste zunächst nur für Deutschland, bald darauf
aber für die janze Christenheit das Verbot erließen, Bücher ohne vorherige
Erlaubnis der Kirchenbehvrde zu drucken, wandte sich in Deutschland auch bald
die weltliche Obrigkeit der Angelegenheit zu. Die Reichsgesetzgebung verlangte
15W bereits Angabe des Samens und des Wohnorts des Druckers, 1548 auch
die des Verfassers, 1529 und 1550 wurde die Zensur der erscheinende" Schriften
angeordnet; Kaiser Rudolf II. setzte IttOL zur Beaufsichtigung der Durchführung
der Reichsgesetze eine Bücherkommissivn zu Frankfurt um Main ein. Die einzelnen
Landesherren wandten jedoch die Reichsgesetze in ihren Ländern verschieden an.
Insbesondre wurde in Braiwenburg-Preußen erst durch Reskript vom 11. Mai
14-54 eine ständige Zensur für theologische Bücher eingeführt, die das Edikt vom
11. Mai 174!) ans alle Bücher ausdehnte und das Zensuredikt vom 19. Dezember
1788 verschärfte. Diese Zensur war zwar sein ausgedacht, aber sie war doch
nicht durchführbar, sie wurde daher während der Aufklürungsveriode in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts in viele" Ländern aufgehoben, und wenn anch
das Buudespreßgesetz vom 20. September 1819 sie für alle Zeitungen und
für alle Bücher, die über zwanzig Bogen stark waren, für das Gebiet
des deutschen Bundes wieder einführte, so konnte sie doch die Stürme des
Jahres 1848 nicht überdauern, sondern wurde, und damit wohl für immer,
aufgehoben. Infolge der Reaktion gegen die Ausschreitungen des Jahres 1848
wurden dann verschiedenartige Beschränkungen eingeführt, bis die Zuständigkeit




Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen
Redakteurs
von Glee> Gerland

eun uni>i auch heute nicht mehr rin dein absterbenden Mittel-
alter die Buchdruckerkunst eine schwarze, höllische nennen wird,
so kann man doch nicht leugnen, daß sie gerade dnrch die so
»»endlich wertvolle Erleichterung der Gedankenverbreitnng eines
Einzelnen a»es die Möglichkeit der Mitteilung verbrecherischer
Gedanken wesentlich erleichtert hat. Man sah schon bald nach der Erfindung
der Buchdruckerkunst ein, das; man gegen die Presse, von deren späterer ge¬
waltiger Entwicklung man noch leine Ahnung habe!, konnte, besondrer Schutz¬
mittel bedürfe. Während deshalb schon 1480 Kurfürst Berthold von Mainz
für seine Erzdiözese, dann die Päpste zunächst nur für Deutschland, bald darauf
aber für die janze Christenheit das Verbot erließen, Bücher ohne vorherige
Erlaubnis der Kirchenbehvrde zu drucken, wandte sich in Deutschland auch bald
die weltliche Obrigkeit der Angelegenheit zu. Die Reichsgesetzgebung verlangte
15W bereits Angabe des Samens und des Wohnorts des Druckers, 1548 auch
die des Verfassers, 1529 und 1550 wurde die Zensur der erscheinende» Schriften
angeordnet; Kaiser Rudolf II. setzte IttOL zur Beaufsichtigung der Durchführung
der Reichsgesetze eine Bücherkommissivn zu Frankfurt um Main ein. Die einzelnen
Landesherren wandten jedoch die Reichsgesetze in ihren Ländern verschieden an.
Insbesondre wurde in Braiwenburg-Preußen erst durch Reskript vom 11. Mai
14-54 eine ständige Zensur für theologische Bücher eingeführt, die das Edikt vom
11. Mai 174!) ans alle Bücher ausdehnte und das Zensuredikt vom 19. Dezember
1788 verschärfte. Diese Zensur war zwar sein ausgedacht, aber sie war doch
nicht durchführbar, sie wurde daher während der Aufklürungsveriode in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts in viele» Ländern aufgehoben, und wenn anch
das Buudespreßgesetz vom 20. September 1819 sie für alle Zeitungen und
für alle Bücher, die über zwanzig Bogen stark waren, für das Gebiet
des deutschen Bundes wieder einführte, so konnte sie doch die Stürme des
Jahres 1848 nicht überdauern, sondern wurde, und damit wohl für immer,
aufgehoben. Infolge der Reaktion gegen die Ausschreitungen des Jahres 1848
wurden dann verschiedenartige Beschränkungen eingeführt, bis die Zuständigkeit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206163"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341849_205998/figures/grenzboten_341849_205998_206163_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen<lb/>
Redakteurs<lb/><note type="byline"> von Glee&gt; Gerland</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_619" next="#ID_620"> eun uni&gt;i auch heute nicht mehr rin dein absterbenden Mittel-<lb/>
alter die Buchdruckerkunst eine schwarze, höllische nennen wird,<lb/>
so kann man doch nicht leugnen, daß sie gerade dnrch die so<lb/>
»»endlich wertvolle Erleichterung der Gedankenverbreitnng eines<lb/>
Einzelnen a»es die Möglichkeit der Mitteilung verbrecherischer<lb/>
Gedanken wesentlich erleichtert hat. Man sah schon bald nach der Erfindung<lb/>
der Buchdruckerkunst ein, das; man gegen die Presse, von deren späterer ge¬<lb/>
waltiger Entwicklung man noch leine Ahnung habe!, konnte, besondrer Schutz¬<lb/>
mittel bedürfe. Während deshalb schon 1480 Kurfürst Berthold von Mainz<lb/>
für seine Erzdiözese, dann die Päpste zunächst nur für Deutschland, bald darauf<lb/>
aber für die janze Christenheit das Verbot erließen, Bücher ohne vorherige<lb/>
Erlaubnis der Kirchenbehvrde zu drucken, wandte sich in Deutschland auch bald<lb/>
die weltliche Obrigkeit der Angelegenheit zu. Die Reichsgesetzgebung verlangte<lb/>
15W bereits Angabe des Samens und des Wohnorts des Druckers, 1548 auch<lb/>
die des Verfassers, 1529 und 1550 wurde die Zensur der erscheinende» Schriften<lb/>
angeordnet; Kaiser Rudolf II. setzte IttOL zur Beaufsichtigung der Durchführung<lb/>
der Reichsgesetze eine Bücherkommissivn zu Frankfurt um Main ein. Die einzelnen<lb/>
Landesherren wandten jedoch die Reichsgesetze in ihren Ländern verschieden an.<lb/>
Insbesondre wurde in Braiwenburg-Preußen erst durch Reskript vom 11. Mai<lb/>
14-54 eine ständige Zensur für theologische Bücher eingeführt, die das Edikt vom<lb/>
11. Mai 174!) ans alle Bücher ausdehnte und das Zensuredikt vom 19. Dezember<lb/>
1788 verschärfte. Diese Zensur war zwar sein ausgedacht, aber sie war doch<lb/>
nicht durchführbar, sie wurde daher während der Aufklürungsveriode in der zweiten<lb/>
Hälfte des vorigen Jahrhunderts in viele» Ländern aufgehoben, und wenn anch<lb/>
das Buudespreßgesetz vom 20. September 1819 sie für alle Zeitungen und<lb/>
für alle Bücher, die über zwanzig Bogen stark waren, für das Gebiet<lb/>
des deutschen Bundes wieder einführte, so konnte sie doch die Stürme des<lb/>
Jahres 1848 nicht überdauern, sondern wurde, und damit wohl für immer,<lb/>
aufgehoben. Infolge der Reaktion gegen die Ausschreitungen des Jahres 1848<lb/>
wurden dann verschiedenartige Beschränkungen eingeführt, bis die Zuständigkeit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0164] [Abbildung] Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs von Glee> Gerland eun uni>i auch heute nicht mehr rin dein absterbenden Mittel- alter die Buchdruckerkunst eine schwarze, höllische nennen wird, so kann man doch nicht leugnen, daß sie gerade dnrch die so »»endlich wertvolle Erleichterung der Gedankenverbreitnng eines Einzelnen a»es die Möglichkeit der Mitteilung verbrecherischer Gedanken wesentlich erleichtert hat. Man sah schon bald nach der Erfindung der Buchdruckerkunst ein, das; man gegen die Presse, von deren späterer ge¬ waltiger Entwicklung man noch leine Ahnung habe!, konnte, besondrer Schutz¬ mittel bedürfe. Während deshalb schon 1480 Kurfürst Berthold von Mainz für seine Erzdiözese, dann die Päpste zunächst nur für Deutschland, bald darauf aber für die janze Christenheit das Verbot erließen, Bücher ohne vorherige Erlaubnis der Kirchenbehvrde zu drucken, wandte sich in Deutschland auch bald die weltliche Obrigkeit der Angelegenheit zu. Die Reichsgesetzgebung verlangte 15W bereits Angabe des Samens und des Wohnorts des Druckers, 1548 auch die des Verfassers, 1529 und 1550 wurde die Zensur der erscheinende» Schriften angeordnet; Kaiser Rudolf II. setzte IttOL zur Beaufsichtigung der Durchführung der Reichsgesetze eine Bücherkommissivn zu Frankfurt um Main ein. Die einzelnen Landesherren wandten jedoch die Reichsgesetze in ihren Ländern verschieden an. Insbesondre wurde in Braiwenburg-Preußen erst durch Reskript vom 11. Mai 14-54 eine ständige Zensur für theologische Bücher eingeführt, die das Edikt vom 11. Mai 174!) ans alle Bücher ausdehnte und das Zensuredikt vom 19. Dezember 1788 verschärfte. Diese Zensur war zwar sein ausgedacht, aber sie war doch nicht durchführbar, sie wurde daher während der Aufklürungsveriode in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in viele» Ländern aufgehoben, und wenn anch das Buudespreßgesetz vom 20. September 1819 sie für alle Zeitungen und für alle Bücher, die über zwanzig Bogen stark waren, für das Gebiet des deutschen Bundes wieder einführte, so konnte sie doch die Stürme des Jahres 1848 nicht überdauern, sondern wurde, und damit wohl für immer, aufgehoben. Infolge der Reaktion gegen die Ausschreitungen des Jahres 1848 wurden dann verschiedenartige Beschränkungen eingeführt, bis die Zuständigkeit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/164
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/164>, abgerufen am 23.06.2024.