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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Militärisch-politische Blicke nach Osten

cum wir im Folgenden die Augen vorzüglich sans die Möglich¬
keiten und Wahrscheinlichkeiten richten, nach denen sich die Zu"
kunst Europas von Rußland her gestalten kann, so stellen wir
uns dabei zunächst auf den Standpunkt eines Österreichers, der
zugleich Politiker und Soldat ist, und gehen von der An¬
nahme aus, daß die russische Politik nach wie vor die Eroberung Konstanti¬
nopels, sei es ans dem Wege über Wien, sei es, weil hier seit dem Bündnisse
von 1879 die Aussichten auf Erfolg sich stark vermindert haben, dnrch ein
Vordringen über Kleinasien, im Sinne hat und dabei nach menschlichem Er¬
messen verharren wird

Blicken wir auf den Gang der Ereignisse, welche dieses Streben hervor¬
gerufen hat.*) Diese waren lange Zeit so erfolgreich für Nußland, daß man
sich nicht wundern darf, wenn es in allen Schichten des Moskowitervolkes
von einem Glauben und einer Hoffnung getragen wird, die nur mit dem
nmmksst ässtin^ zu vergleichen sind, nach welchem die Nordamerikaner zuver¬
sichtlich erwarten, über kurz oder lang das von ihnen noch nicht eroberte Mexiko,
dann die südlicher gelegenen Republiken und zuletzt alle Staaten des westlichen
^vtMs^mit ihrer Union vereinigen zu können. Seit fast zweihundert Jahren



") Wir benutzen dabei vorzüglich drei im Helwingschen Verlage zu Hannover vor kurzem
ttschieuene Schriften: 1. Gedanken über Österreich-Ungarns militär-politische Lage
°n K. L. 2. Konstantinopel, die dritte Hauptstadt Rußlands? von X. 3. Das
^"egstheater an der Weichsel von S. C-, von denen sich namentlich die beiden letzten
" s inhaltreich und gut geschrieben empfehlen, während die erste an etwas ungelenker Sprache
und noch mehr an Weitschweifigkeit leidet.
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renzboten 1 1889 60


Militärisch-politische Blicke nach Osten

cum wir im Folgenden die Augen vorzüglich sans die Möglich¬
keiten und Wahrscheinlichkeiten richten, nach denen sich die Zu«
kunst Europas von Rußland her gestalten kann, so stellen wir
uns dabei zunächst auf den Standpunkt eines Österreichers, der
zugleich Politiker und Soldat ist, und gehen von der An¬
nahme aus, daß die russische Politik nach wie vor die Eroberung Konstanti¬
nopels, sei es ans dem Wege über Wien, sei es, weil hier seit dem Bündnisse
von 1879 die Aussichten auf Erfolg sich stark vermindert haben, dnrch ein
Vordringen über Kleinasien, im Sinne hat und dabei nach menschlichem Er¬
messen verharren wird

Blicken wir auf den Gang der Ereignisse, welche dieses Streben hervor¬
gerufen hat.*) Diese waren lange Zeit so erfolgreich für Nußland, daß man
sich nicht wundern darf, wenn es in allen Schichten des Moskowitervolkes
von einem Glauben und einer Hoffnung getragen wird, die nur mit dem
nmmksst ässtin^ zu vergleichen sind, nach welchem die Nordamerikaner zuver¬
sichtlich erwarten, über kurz oder lang das von ihnen noch nicht eroberte Mexiko,
dann die südlicher gelegenen Republiken und zuletzt alle Staaten des westlichen
^vtMs^mit ihrer Union vereinigen zu können. Seit fast zweihundert Jahren



") Wir benutzen dabei vorzüglich drei im Helwingschen Verlage zu Hannover vor kurzem
ttschieuene Schriften: 1. Gedanken über Österreich-Ungarns militär-politische Lage
°n K. L. 2. Konstantinopel, die dritte Hauptstadt Rußlands? von X. 3. Das
^"egstheater an der Weichsel von S. C-, von denen sich namentlich die beiden letzten
" s inhaltreich und gut geschrieben empfehlen, während die erste an etwas ungelenker Sprache
und noch mehr an Weitschweifigkeit leidet.
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renzboten 1 1889 60
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[0401] [Abbildung] Militärisch-politische Blicke nach Osten cum wir im Folgenden die Augen vorzüglich sans die Möglich¬ keiten und Wahrscheinlichkeiten richten, nach denen sich die Zu« kunst Europas von Rußland her gestalten kann, so stellen wir uns dabei zunächst auf den Standpunkt eines Österreichers, der zugleich Politiker und Soldat ist, und gehen von der An¬ nahme aus, daß die russische Politik nach wie vor die Eroberung Konstanti¬ nopels, sei es ans dem Wege über Wien, sei es, weil hier seit dem Bündnisse von 1879 die Aussichten auf Erfolg sich stark vermindert haben, dnrch ein Vordringen über Kleinasien, im Sinne hat und dabei nach menschlichem Er¬ messen verharren wird Blicken wir auf den Gang der Ereignisse, welche dieses Streben hervor¬ gerufen hat.*) Diese waren lange Zeit so erfolgreich für Nußland, daß man sich nicht wundern darf, wenn es in allen Schichten des Moskowitervolkes von einem Glauben und einer Hoffnung getragen wird, die nur mit dem nmmksst ässtin^ zu vergleichen sind, nach welchem die Nordamerikaner zuver¬ sichtlich erwarten, über kurz oder lang das von ihnen noch nicht eroberte Mexiko, dann die südlicher gelegenen Republiken und zuletzt alle Staaten des westlichen ^vtMs^mit ihrer Union vereinigen zu können. Seit fast zweihundert Jahren ") Wir benutzen dabei vorzüglich drei im Helwingschen Verlage zu Hannover vor kurzem ttschieuene Schriften: 1. Gedanken über Österreich-Ungarns militär-politische Lage °n K. L. 2. Konstantinopel, die dritte Hauptstadt Rußlands? von X. 3. Das ^"egstheater an der Weichsel von S. C-, von denen sich namentlich die beiden letzten " s inhaltreich und gut geschrieben empfehlen, während die erste an etwas ungelenker Sprache und noch mehr an Weitschweifigkeit leidet. G renzboten 1 1889 60

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/401>, abgerufen am 24.08.2024.