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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Kleinere Mitteilungen.

Und noch ein französisches Wort aus diesem Jahre. Als Kaiser Friedrich
den Thron bestieg, der ja in Wahrheit nur ein Siechenlager sein sollte, erschien
in Paris in mehreren Auflagen eine Schrift von Edouard Simon, der auch
über Kaiser Wilhelm und Bismarck geschrieben hatte, 1'smxsr<zur ^löäöiio.
Darin ist auch von Friedrichs Besuch am Hofe Napoleons III. im Jahre 1856
erzählt, dabei eine briefliche Äußerung der Kaiserin Eugenie: "Der Prinz ist
ein großer, schöner Mann, fast einen Kopf größer als der Kaiser, schlank, blond,
mit strohfarbenem Vollbart, ein Germane, wie Tacitus ihn beschreibt, nicht ohne
einen hamletartigen Zug. Sein Begleiter, ein General Moltke oder ein ähn¬
licher Name, ein Herr, sparsam mit Worten, aber nichts weniger als ein
Träumer; immer aufmerksam und fesselnd, überrascht er durch die frappantesten
Bemerkungen. Das ist eine imposante Rasse, die Deutschen. Louis sagt, die
Nasse der Zukunft. Bah! So weit sind wir noch nicht!"

Friedrich! Als ich zu schreiben anfing, konnte man seiner gesunden Natur
noch ein paar Jahre Wirkens zutrauen, wie freute ich mich bei dem Friedrich
des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts auf den Schluß mit Friedrich
im neunzehnten! Und sein Programm, mit dem er, tief durchdrungen von der
hohen Würde seines deutschen Amtes, dieses antrat, bot in lange vorbereiteten
Gedankenkreise so manches, was wie aus des große" Friedrichs Geiste genommen
und ini Geiste unsrer Zeit fortgebildet klang. Im Tode wollte man Züge aus
der Totenmaske des großen Königs in der seinen finden. Eine Siegfrieds¬
gestalt sprach ihm kürzlich Du Bois-Reymond in der Berliner Akademie zu,
ganz treffend. Nun ist er zu seinen Vätern versammelt, zu den andern Friedrichen.
Aber der Name Wilhelm ist ja auch schon geweiht durch seinen Vater, er war ja
der rechte Friedrich und Siegfried für die Nation geworden, und die Weihe, geht
auf seinen Enkel über, der anch mit hohem Sinne und festem Willen aus einer
ernsten Schule an die Leitung der nationalen Geschicke kommt, wie nnr je ein
junger Fürst. Und el" junger Kaiser für das junge Reich, das ist ja auch so
gut. Also mutig und treu weiter mit ihm in das neue deutsche Leben hinein.




Kleinere Mitteilungen.
Parthenagogen.

Es wird immer besser. Kaum haben sich die Grenzboten
gegen den Ausdruck "höhere Töchterschule" ausgesprochen, so erscheint ein besonders
für Mädchenschulen bestimmtes "Poetisches Schatzkästlein" von M. Walleser (Mann¬
heim, Bensheimer), dessen Herausgeber in der Vorrede versichert, er habe sich bei
den verschiedensten "Parthenagogen" Badens, der Pfalz, des Elsaß u. s. w. über
die Auswahl der einzelnen Gedichte Rats erholt. Natürlich, "Mädchenschullehrer"


Kleinere Mitteilungen.

Und noch ein französisches Wort aus diesem Jahre. Als Kaiser Friedrich
den Thron bestieg, der ja in Wahrheit nur ein Siechenlager sein sollte, erschien
in Paris in mehreren Auflagen eine Schrift von Edouard Simon, der auch
über Kaiser Wilhelm und Bismarck geschrieben hatte, 1'smxsr<zur ^löäöiio.
Darin ist auch von Friedrichs Besuch am Hofe Napoleons III. im Jahre 1856
erzählt, dabei eine briefliche Äußerung der Kaiserin Eugenie: „Der Prinz ist
ein großer, schöner Mann, fast einen Kopf größer als der Kaiser, schlank, blond,
mit strohfarbenem Vollbart, ein Germane, wie Tacitus ihn beschreibt, nicht ohne
einen hamletartigen Zug. Sein Begleiter, ein General Moltke oder ein ähn¬
licher Name, ein Herr, sparsam mit Worten, aber nichts weniger als ein
Träumer; immer aufmerksam und fesselnd, überrascht er durch die frappantesten
Bemerkungen. Das ist eine imposante Rasse, die Deutschen. Louis sagt, die
Nasse der Zukunft. Bah! So weit sind wir noch nicht!»

Friedrich! Als ich zu schreiben anfing, konnte man seiner gesunden Natur
noch ein paar Jahre Wirkens zutrauen, wie freute ich mich bei dem Friedrich
des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts auf den Schluß mit Friedrich
im neunzehnten! Und sein Programm, mit dem er, tief durchdrungen von der
hohen Würde seines deutschen Amtes, dieses antrat, bot in lange vorbereiteten
Gedankenkreise so manches, was wie aus des große» Friedrichs Geiste genommen
und ini Geiste unsrer Zeit fortgebildet klang. Im Tode wollte man Züge aus
der Totenmaske des großen Königs in der seinen finden. Eine Siegfrieds¬
gestalt sprach ihm kürzlich Du Bois-Reymond in der Berliner Akademie zu,
ganz treffend. Nun ist er zu seinen Vätern versammelt, zu den andern Friedrichen.
Aber der Name Wilhelm ist ja auch schon geweiht durch seinen Vater, er war ja
der rechte Friedrich und Siegfried für die Nation geworden, und die Weihe, geht
auf seinen Enkel über, der anch mit hohem Sinne und festem Willen aus einer
ernsten Schule an die Leitung der nationalen Geschicke kommt, wie nnr je ein
junger Fürst. Und el» junger Kaiser für das junge Reich, das ist ja auch so
gut. Also mutig und treu weiter mit ihm in das neue deutsche Leben hinein.




Kleinere Mitteilungen.
Parthenagogen.

Es wird immer besser. Kaum haben sich die Grenzboten
gegen den Ausdruck „höhere Töchterschule" ausgesprochen, so erscheint ein besonders
für Mädchenschulen bestimmtes „Poetisches Schatzkästlein" von M. Walleser (Mann¬
heim, Bensheimer), dessen Herausgeber in der Vorrede versichert, er habe sich bei
den verschiedensten „Parthenagogen" Badens, der Pfalz, des Elsaß u. s. w. über
die Auswahl der einzelnen Gedichte Rats erholt. Natürlich, „Mädchenschullehrer"


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[0151] Kleinere Mitteilungen. Und noch ein französisches Wort aus diesem Jahre. Als Kaiser Friedrich den Thron bestieg, der ja in Wahrheit nur ein Siechenlager sein sollte, erschien in Paris in mehreren Auflagen eine Schrift von Edouard Simon, der auch über Kaiser Wilhelm und Bismarck geschrieben hatte, 1'smxsr<zur ^löäöiio. Darin ist auch von Friedrichs Besuch am Hofe Napoleons III. im Jahre 1856 erzählt, dabei eine briefliche Äußerung der Kaiserin Eugenie: „Der Prinz ist ein großer, schöner Mann, fast einen Kopf größer als der Kaiser, schlank, blond, mit strohfarbenem Vollbart, ein Germane, wie Tacitus ihn beschreibt, nicht ohne einen hamletartigen Zug. Sein Begleiter, ein General Moltke oder ein ähn¬ licher Name, ein Herr, sparsam mit Worten, aber nichts weniger als ein Träumer; immer aufmerksam und fesselnd, überrascht er durch die frappantesten Bemerkungen. Das ist eine imposante Rasse, die Deutschen. Louis sagt, die Nasse der Zukunft. Bah! So weit sind wir noch nicht!» Friedrich! Als ich zu schreiben anfing, konnte man seiner gesunden Natur noch ein paar Jahre Wirkens zutrauen, wie freute ich mich bei dem Friedrich des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts auf den Schluß mit Friedrich im neunzehnten! Und sein Programm, mit dem er, tief durchdrungen von der hohen Würde seines deutschen Amtes, dieses antrat, bot in lange vorbereiteten Gedankenkreise so manches, was wie aus des große» Friedrichs Geiste genommen und ini Geiste unsrer Zeit fortgebildet klang. Im Tode wollte man Züge aus der Totenmaske des großen Königs in der seinen finden. Eine Siegfrieds¬ gestalt sprach ihm kürzlich Du Bois-Reymond in der Berliner Akademie zu, ganz treffend. Nun ist er zu seinen Vätern versammelt, zu den andern Friedrichen. Aber der Name Wilhelm ist ja auch schon geweiht durch seinen Vater, er war ja der rechte Friedrich und Siegfried für die Nation geworden, und die Weihe, geht auf seinen Enkel über, der anch mit hohem Sinne und festem Willen aus einer ernsten Schule an die Leitung der nationalen Geschicke kommt, wie nnr je ein junger Fürst. Und el» junger Kaiser für das junge Reich, das ist ja auch so gut. Also mutig und treu weiter mit ihm in das neue deutsche Leben hinein. Kleinere Mitteilungen. Parthenagogen. Es wird immer besser. Kaum haben sich die Grenzboten gegen den Ausdruck „höhere Töchterschule" ausgesprochen, so erscheint ein besonders für Mädchenschulen bestimmtes „Poetisches Schatzkästlein" von M. Walleser (Mann¬ heim, Bensheimer), dessen Herausgeber in der Vorrede versichert, er habe sich bei den verschiedensten „Parthenagogen" Badens, der Pfalz, des Elsaß u. s. w. über die Auswahl der einzelnen Gedichte Rats erholt. Natürlich, „Mädchenschullehrer"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/151>, abgerufen am 22.07.2024.