Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Kriegsmacht des Lriedensbundes und die seiner Gegner.

ärgern lassen von denen, deren angelegentlichstes Geschäft es immer gewesen ist,
an dem Sturze des großen Mannes zu arbeiten. Jetzt war er für uns raus,
<M vobis ouilotiZ-naiv rsstituit rein.




Die Kriegsmacht des Friedensbundes und die seiner
Gegner,
i.

le diplomatische Kunst des Fürsten Bismarck hat es länger als
anderthalb Jahrzehnte zu verhüten verstanden, daß der Krieg
um den Bestand des 1871 aufgerichteten neuen deutschen Reiches,
der immer eine Möglichkeit, oft eine Wahrscheinlichkeit war und
zuweilen schon im Osten oder im Westen am Gesichtskreise auf¬
steigen wollte, zum Ausbruche kam, und wir hoffen jetzt mehr als je zuvor, daß
diese Kunst den Krieg noch lange fern zu halten imstande sein wird. Dennoch ver¬
läßt uns niemals die Empfindung, daß unsre Hoffnung auch täuschen kann- denn
diese Kunst bleibt, so weitblickend und so erfindungsreich sie auch ist, doch immer
eine menschliche Kunst, die weder allwissend noch allmächtig ist. Nur eins
wissen wir mit voller Sicherheit, daß wir es nicht sein werden, wenn der
Friede einmal gestört wird; denn wir haben jetzt reichlich, was wir brauchen
und mit Recht beanspruchen konnten, und wir sind kein Volk, das mehr will,
als es bedarf, und kein Volk, das um des bloßen Ruhmes willen zu den Waffen
zu greifen gewohnt ist. Wir haben in entscheidender Zeit viel Glück gehabt,
vor allem das Glück einer genialen Führung, der große Dinge mit rechter Ver¬
wendung der tüchtigen Eigenschaften der Nation gelungen sind, und doch blieb
unsern Führern, sowie der verständigen Mehrzahl der Geführten die Hybris,
die Überhebung fremd, welche die ärgste Feindin der Glückskinder, der Sieg¬
reichen, der aus Armut zu Reichtum, aus Erniedrigung zu hoher Stellung und
Macht gelangten ist. Wir dürfen uns rühmen, den Neid der Götter nicht
erweckt zu haben. Aber den Neid der Menschen hat unsre Bescheidenheit und
Genügsamkeit nach den uns gewordenen Erfolgen nicht zu beschwichtigen ver¬
mocht, und zu dem Neide böser Nachbarn gesellt sich bitterer Haß, weil unsre
neue Größe und Stärke ihnen als Damm gegen ihr Streben nach Vergrößerung
ihres Besitzes und Einflusses, als mächtiges Hindernis für die weitere Ver¬
wirklichung von Wünschen erscheint, die ihnen zur zweiten Natur geworden
sind. Wir mußten uns die Vogesengrenze und Metz mit Umgebung erobern,


Die Kriegsmacht des Lriedensbundes und die seiner Gegner.

ärgern lassen von denen, deren angelegentlichstes Geschäft es immer gewesen ist,
an dem Sturze des großen Mannes zu arbeiten. Jetzt war er für uns raus,
<M vobis ouilotiZ-naiv rsstituit rein.




Die Kriegsmacht des Friedensbundes und die seiner
Gegner,
i.

le diplomatische Kunst des Fürsten Bismarck hat es länger als
anderthalb Jahrzehnte zu verhüten verstanden, daß der Krieg
um den Bestand des 1871 aufgerichteten neuen deutschen Reiches,
der immer eine Möglichkeit, oft eine Wahrscheinlichkeit war und
zuweilen schon im Osten oder im Westen am Gesichtskreise auf¬
steigen wollte, zum Ausbruche kam, und wir hoffen jetzt mehr als je zuvor, daß
diese Kunst den Krieg noch lange fern zu halten imstande sein wird. Dennoch ver¬
läßt uns niemals die Empfindung, daß unsre Hoffnung auch täuschen kann- denn
diese Kunst bleibt, so weitblickend und so erfindungsreich sie auch ist, doch immer
eine menschliche Kunst, die weder allwissend noch allmächtig ist. Nur eins
wissen wir mit voller Sicherheit, daß wir es nicht sein werden, wenn der
Friede einmal gestört wird; denn wir haben jetzt reichlich, was wir brauchen
und mit Recht beanspruchen konnten, und wir sind kein Volk, das mehr will,
als es bedarf, und kein Volk, das um des bloßen Ruhmes willen zu den Waffen
zu greifen gewohnt ist. Wir haben in entscheidender Zeit viel Glück gehabt,
vor allem das Glück einer genialen Führung, der große Dinge mit rechter Ver¬
wendung der tüchtigen Eigenschaften der Nation gelungen sind, und doch blieb
unsern Führern, sowie der verständigen Mehrzahl der Geführten die Hybris,
die Überhebung fremd, welche die ärgste Feindin der Glückskinder, der Sieg¬
reichen, der aus Armut zu Reichtum, aus Erniedrigung zu hoher Stellung und
Macht gelangten ist. Wir dürfen uns rühmen, den Neid der Götter nicht
erweckt zu haben. Aber den Neid der Menschen hat unsre Bescheidenheit und
Genügsamkeit nach den uns gewordenen Erfolgen nicht zu beschwichtigen ver¬
mocht, und zu dem Neide böser Nachbarn gesellt sich bitterer Haß, weil unsre
neue Größe und Stärke ihnen als Damm gegen ihr Streben nach Vergrößerung
ihres Besitzes und Einflusses, als mächtiges Hindernis für die weitere Ver¬
wirklichung von Wünschen erscheint, die ihnen zur zweiten Natur geworden
sind. Wir mußten uns die Vogesengrenze und Metz mit Umgebung erobern,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0119" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289242"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Kriegsmacht des Lriedensbundes und die seiner Gegner.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_422" prev="#ID_421"> ärgern lassen von denen, deren angelegentlichstes Geschäft es immer gewesen ist,<lb/>
an dem Sturze des großen Mannes zu arbeiten. Jetzt war er für uns raus,<lb/>
&lt;M vobis ouilotiZ-naiv rsstituit rein.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Kriegsmacht des Friedensbundes und die seiner<lb/>
Gegner,<lb/>
i.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_423" next="#ID_424"> le diplomatische Kunst des Fürsten Bismarck hat es länger als<lb/>
anderthalb Jahrzehnte zu verhüten verstanden, daß der Krieg<lb/>
um den Bestand des 1871 aufgerichteten neuen deutschen Reiches,<lb/>
der immer eine Möglichkeit, oft eine Wahrscheinlichkeit war und<lb/>
zuweilen schon im Osten oder im Westen am Gesichtskreise auf¬<lb/>
steigen wollte, zum Ausbruche kam, und wir hoffen jetzt mehr als je zuvor, daß<lb/>
diese Kunst den Krieg noch lange fern zu halten imstande sein wird. Dennoch ver¬<lb/>
läßt uns niemals die Empfindung, daß unsre Hoffnung auch täuschen kann- denn<lb/>
diese Kunst bleibt, so weitblickend und so erfindungsreich sie auch ist, doch immer<lb/>
eine menschliche Kunst, die weder allwissend noch allmächtig ist. Nur eins<lb/>
wissen wir mit voller Sicherheit, daß wir es nicht sein werden, wenn der<lb/>
Friede einmal gestört wird; denn wir haben jetzt reichlich, was wir brauchen<lb/>
und mit Recht beanspruchen konnten, und wir sind kein Volk, das mehr will,<lb/>
als es bedarf, und kein Volk, das um des bloßen Ruhmes willen zu den Waffen<lb/>
zu greifen gewohnt ist. Wir haben in entscheidender Zeit viel Glück gehabt,<lb/>
vor allem das Glück einer genialen Führung, der große Dinge mit rechter Ver¬<lb/>
wendung der tüchtigen Eigenschaften der Nation gelungen sind, und doch blieb<lb/>
unsern Führern, sowie der verständigen Mehrzahl der Geführten die Hybris,<lb/>
die Überhebung fremd, welche die ärgste Feindin der Glückskinder, der Sieg¬<lb/>
reichen, der aus Armut zu Reichtum, aus Erniedrigung zu hoher Stellung und<lb/>
Macht gelangten ist. Wir dürfen uns rühmen, den Neid der Götter nicht<lb/>
erweckt zu haben. Aber den Neid der Menschen hat unsre Bescheidenheit und<lb/>
Genügsamkeit nach den uns gewordenen Erfolgen nicht zu beschwichtigen ver¬<lb/>
mocht, und zu dem Neide böser Nachbarn gesellt sich bitterer Haß, weil unsre<lb/>
neue Größe und Stärke ihnen als Damm gegen ihr Streben nach Vergrößerung<lb/>
ihres Besitzes und Einflusses, als mächtiges Hindernis für die weitere Ver¬<lb/>
wirklichung von Wünschen erscheint, die ihnen zur zweiten Natur geworden<lb/>
sind. Wir mußten uns die Vogesengrenze und Metz mit Umgebung erobern,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0119] Die Kriegsmacht des Lriedensbundes und die seiner Gegner. ärgern lassen von denen, deren angelegentlichstes Geschäft es immer gewesen ist, an dem Sturze des großen Mannes zu arbeiten. Jetzt war er für uns raus, <M vobis ouilotiZ-naiv rsstituit rein. Die Kriegsmacht des Friedensbundes und die seiner Gegner, i. le diplomatische Kunst des Fürsten Bismarck hat es länger als anderthalb Jahrzehnte zu verhüten verstanden, daß der Krieg um den Bestand des 1871 aufgerichteten neuen deutschen Reiches, der immer eine Möglichkeit, oft eine Wahrscheinlichkeit war und zuweilen schon im Osten oder im Westen am Gesichtskreise auf¬ steigen wollte, zum Ausbruche kam, und wir hoffen jetzt mehr als je zuvor, daß diese Kunst den Krieg noch lange fern zu halten imstande sein wird. Dennoch ver¬ läßt uns niemals die Empfindung, daß unsre Hoffnung auch täuschen kann- denn diese Kunst bleibt, so weitblickend und so erfindungsreich sie auch ist, doch immer eine menschliche Kunst, die weder allwissend noch allmächtig ist. Nur eins wissen wir mit voller Sicherheit, daß wir es nicht sein werden, wenn der Friede einmal gestört wird; denn wir haben jetzt reichlich, was wir brauchen und mit Recht beanspruchen konnten, und wir sind kein Volk, das mehr will, als es bedarf, und kein Volk, das um des bloßen Ruhmes willen zu den Waffen zu greifen gewohnt ist. Wir haben in entscheidender Zeit viel Glück gehabt, vor allem das Glück einer genialen Führung, der große Dinge mit rechter Ver¬ wendung der tüchtigen Eigenschaften der Nation gelungen sind, und doch blieb unsern Führern, sowie der verständigen Mehrzahl der Geführten die Hybris, die Überhebung fremd, welche die ärgste Feindin der Glückskinder, der Sieg¬ reichen, der aus Armut zu Reichtum, aus Erniedrigung zu hoher Stellung und Macht gelangten ist. Wir dürfen uns rühmen, den Neid der Götter nicht erweckt zu haben. Aber den Neid der Menschen hat unsre Bescheidenheit und Genügsamkeit nach den uns gewordenen Erfolgen nicht zu beschwichtigen ver¬ mocht, und zu dem Neide böser Nachbarn gesellt sich bitterer Haß, weil unsre neue Größe und Stärke ihnen als Damm gegen ihr Streben nach Vergrößerung ihres Besitzes und Einflusses, als mächtiges Hindernis für die weitere Ver¬ wirklichung von Wünschen erscheint, die ihnen zur zweiten Natur geworden sind. Wir mußten uns die Vogesengrenze und Metz mit Umgebung erobern,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/119
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/119>, abgerufen am 22.07.2024.