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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. paxe. on
(Schluß.)

folgenden Jahrhunderte bis in die Neuzeit sind, wie bei den
meisten Herrschergeschlechtern in Deutschland, auch bei dem Hause
Zähringen ausgefüllt mit Familicnspaltungen, Länderteilungen,
Erbschaftsstreitigkeiten, Fehden unter sich und mit den geistlichen
oder weltlichen Nachbarn, Verträgen der verschiedensten Art u. s. w.
Alle diese verwickelten Vorgänge, die durch Familienbeziehungen und Verhält¬
nisse der mannigfachsten Art herbeigeführt wurden, im einzelnen zu verfolgen,
würde sehr weitläufig sein und könnte nur Interesse haben für einen, der bü¬
bische Spczialgeschichte studiren will, nicht aber für die Leser dieser Blätter.

Die Hauptteilnng in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach,
die allerdings zeitweilig wieder unter sich gespalten waren, trat ein im Jahre
1533. Beide Zweige des Stammes haben einige ausgezeichnete Fürsten her¬
vorgebracht; Markgraf Ludwig (Wilhelm) von Baden führte im Jahre 1683
ein Reichsheer zum Entsatze von Wien heran, das unter dem Oberfeldherrn
Karl von Lothringen glänzenden Anteil an der Befreiung Wiens hatte, und
erwarb dann in den Kriegen gegen die Türken und Franzosen als kaiserlicher
Feldherr großen Ruhm. Georg Friedrich von Baden-Durlach trat in der ersten
Zeit des dreißigjährigen Krieges als Vorkämpfer des Protestantismus auf
und erlitt von Tilly die furchtbare Niederlage bei Wimpfen am Neckar, wo,
der Überlieferung nach, das "weiße Regiment", vierhundert Bürger von Pforz¬
heim, sich für ihren Landesherrn opferten. Die Herrscher, von denen einige
auf längere Zeit aus ihrem Besitze vertrieben wurden, blieben aber ebensowenig
wie ihr Land, verschont von den Leiden, mit denen in frühern Jahrhunderten
unser ganzes Vaterland in fo reichem Maße heimgesucht wurde. Die Spuren
der Gräuel des dreißigjährigen Krieges und der Franzosenverwüstungen in den
Raubkriegen des vierzehnten Ludwig sind in dem gottgesegneten badischen
Lande so zahlreich wie nur irgendwo in Deutschland. Doch vergrößerte sich
der Landbesitz des Hauses Zähringen fortwährend, wenn auch langsam und
nicht erheblich. Früher verpfändete Besitzungen, namentlich das Stammschloß
Zähringen, wurden wieder eingelöst; die Herrschaft Lahr und Malberg, die




Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. paxe. on
(Schluß.)

folgenden Jahrhunderte bis in die Neuzeit sind, wie bei den
meisten Herrschergeschlechtern in Deutschland, auch bei dem Hause
Zähringen ausgefüllt mit Familicnspaltungen, Länderteilungen,
Erbschaftsstreitigkeiten, Fehden unter sich und mit den geistlichen
oder weltlichen Nachbarn, Verträgen der verschiedensten Art u. s. w.
Alle diese verwickelten Vorgänge, die durch Familienbeziehungen und Verhält¬
nisse der mannigfachsten Art herbeigeführt wurden, im einzelnen zu verfolgen,
würde sehr weitläufig sein und könnte nur Interesse haben für einen, der bü¬
bische Spczialgeschichte studiren will, nicht aber für die Leser dieser Blätter.

Die Hauptteilnng in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach,
die allerdings zeitweilig wieder unter sich gespalten waren, trat ein im Jahre
1533. Beide Zweige des Stammes haben einige ausgezeichnete Fürsten her¬
vorgebracht; Markgraf Ludwig (Wilhelm) von Baden führte im Jahre 1683
ein Reichsheer zum Entsatze von Wien heran, das unter dem Oberfeldherrn
Karl von Lothringen glänzenden Anteil an der Befreiung Wiens hatte, und
erwarb dann in den Kriegen gegen die Türken und Franzosen als kaiserlicher
Feldherr großen Ruhm. Georg Friedrich von Baden-Durlach trat in der ersten
Zeit des dreißigjährigen Krieges als Vorkämpfer des Protestantismus auf
und erlitt von Tilly die furchtbare Niederlage bei Wimpfen am Neckar, wo,
der Überlieferung nach, das „weiße Regiment", vierhundert Bürger von Pforz¬
heim, sich für ihren Landesherrn opferten. Die Herrscher, von denen einige
auf längere Zeit aus ihrem Besitze vertrieben wurden, blieben aber ebensowenig
wie ihr Land, verschont von den Leiden, mit denen in frühern Jahrhunderten
unser ganzes Vaterland in fo reichem Maße heimgesucht wurde. Die Spuren
der Gräuel des dreißigjährigen Krieges und der Franzosenverwüstungen in den
Raubkriegen des vierzehnten Ludwig sind in dem gottgesegneten badischen
Lande so zahlreich wie nur irgendwo in Deutschland. Doch vergrößerte sich
der Landbesitz des Hauses Zähringen fortwährend, wenn auch langsam und
nicht erheblich. Früher verpfändete Besitzungen, namentlich das Stammschloß
Zähringen, wurden wieder eingelöst; die Herrschaft Lahr und Malberg, die


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[0506] [Abbildung] Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands. v R. paxe. on (Schluß.) folgenden Jahrhunderte bis in die Neuzeit sind, wie bei den meisten Herrschergeschlechtern in Deutschland, auch bei dem Hause Zähringen ausgefüllt mit Familicnspaltungen, Länderteilungen, Erbschaftsstreitigkeiten, Fehden unter sich und mit den geistlichen oder weltlichen Nachbarn, Verträgen der verschiedensten Art u. s. w. Alle diese verwickelten Vorgänge, die durch Familienbeziehungen und Verhält¬ nisse der mannigfachsten Art herbeigeführt wurden, im einzelnen zu verfolgen, würde sehr weitläufig sein und könnte nur Interesse haben für einen, der bü¬ bische Spczialgeschichte studiren will, nicht aber für die Leser dieser Blätter. Die Hauptteilnng in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach, die allerdings zeitweilig wieder unter sich gespalten waren, trat ein im Jahre 1533. Beide Zweige des Stammes haben einige ausgezeichnete Fürsten her¬ vorgebracht; Markgraf Ludwig (Wilhelm) von Baden führte im Jahre 1683 ein Reichsheer zum Entsatze von Wien heran, das unter dem Oberfeldherrn Karl von Lothringen glänzenden Anteil an der Befreiung Wiens hatte, und erwarb dann in den Kriegen gegen die Türken und Franzosen als kaiserlicher Feldherr großen Ruhm. Georg Friedrich von Baden-Durlach trat in der ersten Zeit des dreißigjährigen Krieges als Vorkämpfer des Protestantismus auf und erlitt von Tilly die furchtbare Niederlage bei Wimpfen am Neckar, wo, der Überlieferung nach, das „weiße Regiment", vierhundert Bürger von Pforz¬ heim, sich für ihren Landesherrn opferten. Die Herrscher, von denen einige auf längere Zeit aus ihrem Besitze vertrieben wurden, blieben aber ebensowenig wie ihr Land, verschont von den Leiden, mit denen in frühern Jahrhunderten unser ganzes Vaterland in fo reichem Maße heimgesucht wurde. Die Spuren der Gräuel des dreißigjährigen Krieges und der Franzosenverwüstungen in den Raubkriegen des vierzehnten Ludwig sind in dem gottgesegneten badischen Lande so zahlreich wie nur irgendwo in Deutschland. Doch vergrößerte sich der Landbesitz des Hauses Zähringen fortwährend, wenn auch langsam und nicht erheblich. Früher verpfändete Besitzungen, namentlich das Stammschloß Zähringen, wurden wieder eingelöst; die Herrschaft Lahr und Malberg, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/506>, abgerufen am 22.07.2024.