Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.Neuere schwäbische Dialektdichtung. sie hat sogar Friedrich dem Großen sein Prädikat gestrichen und nur gestattet, Neuere schwäbische Dialektdichtung. li Es ist eine ihrer psychologischen Begründung nach hochinteressante, fast Neuere schwäbische Dialektdichtung. sie hat sogar Friedrich dem Großen sein Prädikat gestrichen und nur gestattet, Neuere schwäbische Dialektdichtung. li Es ist eine ihrer psychologischen Begründung nach hochinteressante, fast <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203722"/> <fw type="header" place="top"> Neuere schwäbische Dialektdichtung.</fw><lb/> <p xml:id="ID_702" prev="#ID_701"> sie hat sogar Friedrich dem Großen sein Prädikat gestrichen und nur gestattet,<lb/> daß er der „zweite" genannt werde. Das ist doch albern!" Am 14. März 1822<lb/> in den Tagen der begeisterten Parteinahme für Webers „Freischütz" gegen Rossini<lb/> schreibt Costenoble: „Sophie Schröder besuchte mich heute und teilte mir mit,<lb/> daß mein Gedicht an Weber die Zensur nicht Passire, weil ein Lorbeer darin<lb/> vorkommt und man in Wien diesen Ehrenzweig für den Tondichter des Frei¬<lb/> schütz zu hoch halte. O Jammer! Noch mehr! Ifflands Bild, nach dem<lb/> Berliner Originale kopiert, wurde hier nur ohne Adlerorden zugelassen. Arm¬<lb/> seliger Zustand!"</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Neuere schwäbische Dialektdichtung.</head><lb/> <p xml:id="ID_703"> li<lb/> e Dialektdichtung hat sowohl in Beziehung auf den Stoff als<lb/> auf die Form ihre Grenzen. Ihr Hauptgebiet ist das der Genre¬<lb/> malerei, der Idylle, nach der heitern wie nach der ernsten Seite,<lb/> das eigentliche Haus- und Familienleben, Gemüt und Herz. Nie¬<lb/> mand wird von ihr epochemachende Werke verlangen mit neuen,<lb/> großen Gedanken, die auf die Gesamtentwicklung des geistigen Lebens eines<lb/> Volles oder gar auf die Weltlitteratur von bestimmenden Einfluß würden.<lb/> Fritz Reuter ging in der Wahl seiner Stosse vielleicht bis an die äußerste<lb/> Grenze, aber er wußte wohl, daß er diese nicht durchbrechen konnte. Große<lb/> weltbewegende Ereignisse kann die Dialektdichtuug immer nur fragmentarisch,<lb/> einseitig, in ihren Reflexen auf das kleine Leben ihrer Helden darstellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_704" next="#ID_705"> Es ist eine ihrer psychologischen Begründung nach hochinteressante, fast<lb/> allgemein feststehende Annahme, alles Dialektische müsse humoristisch sein. Eigen¬<lb/> tümlicherweise ergiebt sich bei einer unsern Untersuchung wenn auch kein „muß,"<lb/> so doch die Thatsache, daß in unsrer gesamten Dialektdichtung der Humor eine<lb/> weitaus gewichtigere Rolle spielt, als in unsrer hochdeutschen Litteratur, wo<lb/> er selbst in Lustspielen oft genug die bedenklichste Zurücksetzung erfährt. Seine<lb/> Haupterklärung findet dieser Umstand eben in dem auf das privatere Leben be¬<lb/> grenzten Stoffgebiete der Dialektdichtung. Namentlich gäng und gäbe war das<lb/> erwähnte Vorurteil, wenn man so will, eine Zeitlang dem schwäbischen und<lb/> bairischen Dialekt gegenüber, gerade als ob der Sprache dieser Leute für Leid<lb/> und Ernst überhaupt kein rechter Ausdruck gegeben wäre. Was insbesondre<lb/> das Schwäbische anbelangt, so kann man oft, auch im Lande selbst, Äußerungen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0287]
Neuere schwäbische Dialektdichtung.
sie hat sogar Friedrich dem Großen sein Prädikat gestrichen und nur gestattet,
daß er der „zweite" genannt werde. Das ist doch albern!" Am 14. März 1822
in den Tagen der begeisterten Parteinahme für Webers „Freischütz" gegen Rossini
schreibt Costenoble: „Sophie Schröder besuchte mich heute und teilte mir mit,
daß mein Gedicht an Weber die Zensur nicht Passire, weil ein Lorbeer darin
vorkommt und man in Wien diesen Ehrenzweig für den Tondichter des Frei¬
schütz zu hoch halte. O Jammer! Noch mehr! Ifflands Bild, nach dem
Berliner Originale kopiert, wurde hier nur ohne Adlerorden zugelassen. Arm¬
seliger Zustand!"
Neuere schwäbische Dialektdichtung.
li
e Dialektdichtung hat sowohl in Beziehung auf den Stoff als
auf die Form ihre Grenzen. Ihr Hauptgebiet ist das der Genre¬
malerei, der Idylle, nach der heitern wie nach der ernsten Seite,
das eigentliche Haus- und Familienleben, Gemüt und Herz. Nie¬
mand wird von ihr epochemachende Werke verlangen mit neuen,
großen Gedanken, die auf die Gesamtentwicklung des geistigen Lebens eines
Volles oder gar auf die Weltlitteratur von bestimmenden Einfluß würden.
Fritz Reuter ging in der Wahl seiner Stosse vielleicht bis an die äußerste
Grenze, aber er wußte wohl, daß er diese nicht durchbrechen konnte. Große
weltbewegende Ereignisse kann die Dialektdichtuug immer nur fragmentarisch,
einseitig, in ihren Reflexen auf das kleine Leben ihrer Helden darstellen.
Es ist eine ihrer psychologischen Begründung nach hochinteressante, fast
allgemein feststehende Annahme, alles Dialektische müsse humoristisch sein. Eigen¬
tümlicherweise ergiebt sich bei einer unsern Untersuchung wenn auch kein „muß,"
so doch die Thatsache, daß in unsrer gesamten Dialektdichtung der Humor eine
weitaus gewichtigere Rolle spielt, als in unsrer hochdeutschen Litteratur, wo
er selbst in Lustspielen oft genug die bedenklichste Zurücksetzung erfährt. Seine
Haupterklärung findet dieser Umstand eben in dem auf das privatere Leben be¬
grenzten Stoffgebiete der Dialektdichtung. Namentlich gäng und gäbe war das
erwähnte Vorurteil, wenn man so will, eine Zeitlang dem schwäbischen und
bairischen Dialekt gegenüber, gerade als ob der Sprache dieser Leute für Leid
und Ernst überhaupt kein rechter Ausdruck gegeben wäre. Was insbesondre
das Schwäbische anbelangt, so kann man oft, auch im Lande selbst, Äußerungen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |