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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands.

gegen das verrohte Gesindel unsrer Tage, und wir halten es für eine schwere
Unterlassungssünde, die sich jetzt schon empfindlich rächt, daß man diesen
Zuständen so lange zugesehen hat, ohne mit den wuchtigsten Abwehrmitteln dagegen
vorzugehen. Oder ist wirklich die Rüstkammer der Strafgesetzgebung erschöpft?
Wir glauben das nicht, zum Glücke ist das neue Reich uoch nicht auf dem
Standpunkte altersschwacher und absterbender Staaten angelangt, die dem ersten
aller Staatszwecke, der Verwirklichung des Rechtsschutzes, nicht mehr genügen
können. Der deutsche Staat ist noch kräftig genug, um die Messerhelden im
Zaume zu halten, er muß nur von seiner Kraft den entsprechenden Gebrauch
machen, unbekümmert um die Vorurteile, die ihm vielleicht bei mattherziger
Menschen noch entgegenstehen, und wir meinen, daß es dazu die höchste Zeit sei.

Die Reichsgesetzgebung hat das große Werk der Sozialreform durch ihre
unermüdliche Thätigkeit soweit gefördert, daß Wohl nach Abschluß der Alters¬
und Invalidenversicherung für einige Zeit Halt gemacht werden wird. Die
Militär- und Steuergesetzgebung ist durch die in den letzten Jahren erlassenen
Gesetze gleichfalls so ausgebaut worden, daß große, die Kraft der gesetzgebenden
Gewalten ganz in Anspruch nehmende Gesetze für die nächsten Jahre kaum zu
erwarten sind; es ist deshalb für die Abänderung der Strafgesetzgebung und
die hiermit in engstem Zusammenhange stehende Regelung des Strafvollstreckungs¬
wesens Zeit genug vorhanden, und es wäre bedauerlich, wenn sie nicht benutzt
würde, um das Verbrechertum in wirksamerer Weise zu bekämpfen. Bei Ab¬
fassung des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich stand man noch vielfach
unter der Herrschaft einer Schule, die in der Festsetzung milder Strafen nicht weit
genug gehen konnte; die Erfahrungen, die man seitdem gemacht hat, lassen
hoffen, daß man den damals begangenen Fehler nicht wiederholen werde.
Möchte aber die Gesetzgebung nicht vergessen, daß auch für den Rechtsschutz
der Gesellschaft das alte Sprichwort gilt: Lif etat. <M vno äg.t.




Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. pape. on

and in Hand mit der Umgestaltung, die das ganze deutsche Reich
in jeder Beziehung hat durchmachen müssen, geht die Gebiets-
entwicklnng der Einzelstaaten, aus denen unser Vaterland zu¬
sammengesetzt ist. Erst wenn man sich von der letztern ein hin¬
reichend klares Bild gemacht hat, kann man die erstere völlig
verstehen und sich ein sicheres Urteil darüber bilden. Auf den Landerwerbungen


Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands.

gegen das verrohte Gesindel unsrer Tage, und wir halten es für eine schwere
Unterlassungssünde, die sich jetzt schon empfindlich rächt, daß man diesen
Zuständen so lange zugesehen hat, ohne mit den wuchtigsten Abwehrmitteln dagegen
vorzugehen. Oder ist wirklich die Rüstkammer der Strafgesetzgebung erschöpft?
Wir glauben das nicht, zum Glücke ist das neue Reich uoch nicht auf dem
Standpunkte altersschwacher und absterbender Staaten angelangt, die dem ersten
aller Staatszwecke, der Verwirklichung des Rechtsschutzes, nicht mehr genügen
können. Der deutsche Staat ist noch kräftig genug, um die Messerhelden im
Zaume zu halten, er muß nur von seiner Kraft den entsprechenden Gebrauch
machen, unbekümmert um die Vorurteile, die ihm vielleicht bei mattherziger
Menschen noch entgegenstehen, und wir meinen, daß es dazu die höchste Zeit sei.

Die Reichsgesetzgebung hat das große Werk der Sozialreform durch ihre
unermüdliche Thätigkeit soweit gefördert, daß Wohl nach Abschluß der Alters¬
und Invalidenversicherung für einige Zeit Halt gemacht werden wird. Die
Militär- und Steuergesetzgebung ist durch die in den letzten Jahren erlassenen
Gesetze gleichfalls so ausgebaut worden, daß große, die Kraft der gesetzgebenden
Gewalten ganz in Anspruch nehmende Gesetze für die nächsten Jahre kaum zu
erwarten sind; es ist deshalb für die Abänderung der Strafgesetzgebung und
die hiermit in engstem Zusammenhange stehende Regelung des Strafvollstreckungs¬
wesens Zeit genug vorhanden, und es wäre bedauerlich, wenn sie nicht benutzt
würde, um das Verbrechertum in wirksamerer Weise zu bekämpfen. Bei Ab¬
fassung des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich stand man noch vielfach
unter der Herrschaft einer Schule, die in der Festsetzung milder Strafen nicht weit
genug gehen konnte; die Erfahrungen, die man seitdem gemacht hat, lassen
hoffen, daß man den damals begangenen Fehler nicht wiederholen werde.
Möchte aber die Gesetzgebung nicht vergessen, daß auch für den Rechtsschutz
der Gesellschaft das alte Sprichwort gilt: Lif etat. <M vno äg.t.




Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. pape. on

and in Hand mit der Umgestaltung, die das ganze deutsche Reich
in jeder Beziehung hat durchmachen müssen, geht die Gebiets-
entwicklnng der Einzelstaaten, aus denen unser Vaterland zu¬
sammengesetzt ist. Erst wenn man sich von der letztern ein hin¬
reichend klares Bild gemacht hat, kann man die erstere völlig
verstehen und sich ein sicheres Urteil darüber bilden. Auf den Landerwerbungen


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[0023] Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands. gegen das verrohte Gesindel unsrer Tage, und wir halten es für eine schwere Unterlassungssünde, die sich jetzt schon empfindlich rächt, daß man diesen Zuständen so lange zugesehen hat, ohne mit den wuchtigsten Abwehrmitteln dagegen vorzugehen. Oder ist wirklich die Rüstkammer der Strafgesetzgebung erschöpft? Wir glauben das nicht, zum Glücke ist das neue Reich uoch nicht auf dem Standpunkte altersschwacher und absterbender Staaten angelangt, die dem ersten aller Staatszwecke, der Verwirklichung des Rechtsschutzes, nicht mehr genügen können. Der deutsche Staat ist noch kräftig genug, um die Messerhelden im Zaume zu halten, er muß nur von seiner Kraft den entsprechenden Gebrauch machen, unbekümmert um die Vorurteile, die ihm vielleicht bei mattherziger Menschen noch entgegenstehen, und wir meinen, daß es dazu die höchste Zeit sei. Die Reichsgesetzgebung hat das große Werk der Sozialreform durch ihre unermüdliche Thätigkeit soweit gefördert, daß Wohl nach Abschluß der Alters¬ und Invalidenversicherung für einige Zeit Halt gemacht werden wird. Die Militär- und Steuergesetzgebung ist durch die in den letzten Jahren erlassenen Gesetze gleichfalls so ausgebaut worden, daß große, die Kraft der gesetzgebenden Gewalten ganz in Anspruch nehmende Gesetze für die nächsten Jahre kaum zu erwarten sind; es ist deshalb für die Abänderung der Strafgesetzgebung und die hiermit in engstem Zusammenhange stehende Regelung des Strafvollstreckungs¬ wesens Zeit genug vorhanden, und es wäre bedauerlich, wenn sie nicht benutzt würde, um das Verbrechertum in wirksamerer Weise zu bekämpfen. Bei Ab¬ fassung des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich stand man noch vielfach unter der Herrschaft einer Schule, die in der Festsetzung milder Strafen nicht weit genug gehen konnte; die Erfahrungen, die man seitdem gemacht hat, lassen hoffen, daß man den damals begangenen Fehler nicht wiederholen werde. Möchte aber die Gesetzgebung nicht vergessen, daß auch für den Rechtsschutz der Gesellschaft das alte Sprichwort gilt: Lif etat. <M vno äg.t. Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands. v R. pape. on and in Hand mit der Umgestaltung, die das ganze deutsche Reich in jeder Beziehung hat durchmachen müssen, geht die Gebiets- entwicklnng der Einzelstaaten, aus denen unser Vaterland zu¬ sammengesetzt ist. Erst wenn man sich von der letztern ein hin¬ reichend klares Bild gemacht hat, kann man die erstere völlig verstehen und sich ein sicheres Urteil darüber bilden. Auf den Landerwerbungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/23>, abgerufen am 28.06.2024.