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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die neuesten Darstellungen der deutschen Kunstgeschichte.

mittelbarer Beziehung zu einem großartigen System, er mußte darin, wie
befremdlich ihm dies auch scheinen mochte, die "gegenseitige Belehrung" an¬
erkennen. Was Schopenhauer von Goethe entlehnt hat, ist deutlich erkennbar
und von Schopenhauer selbst in seinen Werken als entlehnt bezeichnet. Es ist,
wie Harpf (in der oben angeführten Abhandlung) es sehr gut entwickelt hat,
vor allem die Methode der zusammenhängenden unmittelbaren Anschauung, die
schon in der Verbindung der zweifellosen Phänomene oder Experimente das hin¬
reichende Wissen, man könnte sagen den "zureichenden Grund" setzt, dann die
hohe Bedeutung der Idee oder des Typus der organischen Wesen für die Natur¬
forschung. Ebenso interessant ist es aber auch, wie bei Goethe die Gedanken
Schopenhauers nachklingen und bald mehr, bald weniger deutlich zu Tage treten.
Eine kleine Blumenlese solcher Anklänge darf in dem Jahre, wo die litterarische
Welt den hundertsten Geburtstag Schopenhauers gefeiert hat, seinem Andenken
nicht fehlen und wird auch der Goethegemeinde nicht unwillkommen sein.

(Schluß folgt.)




Die neuesten Darstellungen der deutschen Kunstgeschichte.

em Versuche, drei neue zusammenfassende Darstellungen der deut¬
schen Kunstgeschichte bei dem Leserkreise dieser Blätter einzuführen,
müssen wir einige Worte vorausschicken, die uns in den Stand
setzen sollen, einen gerechten Maßstab an die drei schon äußerlich
ungleichartigen Arbeiten zu legen.

Die auch ihrem Erscheinen nach zuerst zu nennende Geschichte der deut¬
schen Kunst, die im Verlage von Grote in Berlin erscheint, und die wir daher
schlechtweg die "Grotische" Kunstgeschichte nennen wollen, behandelt die Entwick¬
lung der einzelnen bildenden Künste in Deutschland getrennt, und zwar ist für
jede einzelne Abteilung ein bewährter Fachmann gewonnen worden. Die Ge¬
schichte der deutschen Baukunst von R. Dohme und die der Plastik von
Wilhelm Bode liegen bereits in abgeschlossenen Bänden vor, während die der
Malerei von Hubert Janitschek, sowie die Darstellungen des Kunstgewerbes
und des Kunstdruckes noch ihrer Vollendung harren. Eine Verzögerung der
beiden letztgenannten Abteilungen hat das Zurücktreten Julius Lessings und
Friedrich Lippmanns von dem Unternehmen hervorgerufen. An ihre Stelle
werden aber Jakob von Falke und Karl von Lützow treten, so daß die
Fortsetzung des Werkes auch auf diesen Gebieten gesichert ist. Unsre Besprechung
kann sich natürlich nur an die bisher erschienenen Lieferungen halten, da jeder


Grenzboten IV. 1883. 17
Die neuesten Darstellungen der deutschen Kunstgeschichte.

mittelbarer Beziehung zu einem großartigen System, er mußte darin, wie
befremdlich ihm dies auch scheinen mochte, die „gegenseitige Belehrung" an¬
erkennen. Was Schopenhauer von Goethe entlehnt hat, ist deutlich erkennbar
und von Schopenhauer selbst in seinen Werken als entlehnt bezeichnet. Es ist,
wie Harpf (in der oben angeführten Abhandlung) es sehr gut entwickelt hat,
vor allem die Methode der zusammenhängenden unmittelbaren Anschauung, die
schon in der Verbindung der zweifellosen Phänomene oder Experimente das hin¬
reichende Wissen, man könnte sagen den „zureichenden Grund" setzt, dann die
hohe Bedeutung der Idee oder des Typus der organischen Wesen für die Natur¬
forschung. Ebenso interessant ist es aber auch, wie bei Goethe die Gedanken
Schopenhauers nachklingen und bald mehr, bald weniger deutlich zu Tage treten.
Eine kleine Blumenlese solcher Anklänge darf in dem Jahre, wo die litterarische
Welt den hundertsten Geburtstag Schopenhauers gefeiert hat, seinem Andenken
nicht fehlen und wird auch der Goethegemeinde nicht unwillkommen sein.

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em Versuche, drei neue zusammenfassende Darstellungen der deut¬
schen Kunstgeschichte bei dem Leserkreise dieser Blätter einzuführen,
müssen wir einige Worte vorausschicken, die uns in den Stand
setzen sollen, einen gerechten Maßstab an die drei schon äußerlich
ungleichartigen Arbeiten zu legen.

Die auch ihrem Erscheinen nach zuerst zu nennende Geschichte der deut¬
schen Kunst, die im Verlage von Grote in Berlin erscheint, und die wir daher
schlechtweg die „Grotische" Kunstgeschichte nennen wollen, behandelt die Entwick¬
lung der einzelnen bildenden Künste in Deutschland getrennt, und zwar ist für
jede einzelne Abteilung ein bewährter Fachmann gewonnen worden. Die Ge¬
schichte der deutschen Baukunst von R. Dohme und die der Plastik von
Wilhelm Bode liegen bereits in abgeschlossenen Bänden vor, während die der
Malerei von Hubert Janitschek, sowie die Darstellungen des Kunstgewerbes
und des Kunstdruckes noch ihrer Vollendung harren. Eine Verzögerung der
beiden letztgenannten Abteilungen hat das Zurücktreten Julius Lessings und
Friedrich Lippmanns von dem Unternehmen hervorgerufen. An ihre Stelle
werden aber Jakob von Falke und Karl von Lützow treten, so daß die
Fortsetzung des Werkes auch auf diesen Gebieten gesichert ist. Unsre Besprechung
kann sich natürlich nur an die bisher erschienenen Lieferungen halten, da jeder


Grenzboten IV. 1883. 17
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[0137] Die neuesten Darstellungen der deutschen Kunstgeschichte. mittelbarer Beziehung zu einem großartigen System, er mußte darin, wie befremdlich ihm dies auch scheinen mochte, die „gegenseitige Belehrung" an¬ erkennen. Was Schopenhauer von Goethe entlehnt hat, ist deutlich erkennbar und von Schopenhauer selbst in seinen Werken als entlehnt bezeichnet. Es ist, wie Harpf (in der oben angeführten Abhandlung) es sehr gut entwickelt hat, vor allem die Methode der zusammenhängenden unmittelbaren Anschauung, die schon in der Verbindung der zweifellosen Phänomene oder Experimente das hin¬ reichende Wissen, man könnte sagen den „zureichenden Grund" setzt, dann die hohe Bedeutung der Idee oder des Typus der organischen Wesen für die Natur¬ forschung. Ebenso interessant ist es aber auch, wie bei Goethe die Gedanken Schopenhauers nachklingen und bald mehr, bald weniger deutlich zu Tage treten. Eine kleine Blumenlese solcher Anklänge darf in dem Jahre, wo die litterarische Welt den hundertsten Geburtstag Schopenhauers gefeiert hat, seinem Andenken nicht fehlen und wird auch der Goethegemeinde nicht unwillkommen sein. (Schluß folgt.) Die neuesten Darstellungen der deutschen Kunstgeschichte. em Versuche, drei neue zusammenfassende Darstellungen der deut¬ schen Kunstgeschichte bei dem Leserkreise dieser Blätter einzuführen, müssen wir einige Worte vorausschicken, die uns in den Stand setzen sollen, einen gerechten Maßstab an die drei schon äußerlich ungleichartigen Arbeiten zu legen. Die auch ihrem Erscheinen nach zuerst zu nennende Geschichte der deut¬ schen Kunst, die im Verlage von Grote in Berlin erscheint, und die wir daher schlechtweg die „Grotische" Kunstgeschichte nennen wollen, behandelt die Entwick¬ lung der einzelnen bildenden Künste in Deutschland getrennt, und zwar ist für jede einzelne Abteilung ein bewährter Fachmann gewonnen worden. Die Ge¬ schichte der deutschen Baukunst von R. Dohme und die der Plastik von Wilhelm Bode liegen bereits in abgeschlossenen Bänden vor, während die der Malerei von Hubert Janitschek, sowie die Darstellungen des Kunstgewerbes und des Kunstdruckes noch ihrer Vollendung harren. Eine Verzögerung der beiden letztgenannten Abteilungen hat das Zurücktreten Julius Lessings und Friedrich Lippmanns von dem Unternehmen hervorgerufen. An ihre Stelle werden aber Jakob von Falke und Karl von Lützow treten, so daß die Fortsetzung des Werkes auch auf diesen Gebieten gesichert ist. Unsre Besprechung kann sich natürlich nur an die bisher erschienenen Lieferungen halten, da jeder Grenzboten IV. 1883. 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/137>, abgerufen am 28.06.2024.