Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Ricks Lyhne/) Z. p, Jacobsen. Roman von Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. Erstes Aapitel. le hatte die schwarzen, strahlenden Augen der Bliders mit den So waren die Bliders nicht; ihre Farben bestanden aus Rosa und Bronze, *) Mit dem hier beginnenden Roman bringen wir die Übersetzung eines sehr eigen¬
tümlichen Werkes des vor drei Jahren, kurz nach Vollendung seines achtunddreißigsten Lebens¬ jahres, verstorbenen hochbegabten dänischen Schriftstellers Jens Peter Jacobsen. Wenn auch die Grenzboten nicht leicht in die Gefahr kommen werden, von jungen Mädchen gelesen zu werden, so möchten wir doch die Hausväter im voraus darauf aufmerksam machen, daß "Ricks Lyhne" nicht für junge Mädchen geschrieben ist. Wir möchten auch vorausschicken, daß "Ricks Lyhne" kein völlig ausgereiftes, klares und rundes Werk ist, daß es nur aus lose an einander gereihten Szenen besteht und deshalb formell keinen recht befriedigenden Eindruck hinterlassen wird; endlich auch das, daß es die Menschen und ihr Seelenleben mit einer oft wchthucnden Schärfe und Nacktheit zeichnet. Trotzdem glauben wir das Werk wegen der außerordentlichen Kraft der Darstellung und der großen Schönheit vieler Einzelheiten unsern Lesern vermitteln zu sollen. "Ricks Lyhne" ist kein Roman für den großen Haufen; für den ernsten Leser aber und den Freund der schönen Litteratur wird das Werk trotz seiner Mängel und Herbheiten eine bemerkenswerte Erscheinung sein. Ricks Lyhne/) Z. p, Jacobsen. Roman von Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. Erstes Aapitel. le hatte die schwarzen, strahlenden Augen der Bliders mit den So waren die Bliders nicht; ihre Farben bestanden aus Rosa und Bronze, *) Mit dem hier beginnenden Roman bringen wir die Übersetzung eines sehr eigen¬
tümlichen Werkes des vor drei Jahren, kurz nach Vollendung seines achtunddreißigsten Lebens¬ jahres, verstorbenen hochbegabten dänischen Schriftstellers Jens Peter Jacobsen. Wenn auch die Grenzboten nicht leicht in die Gefahr kommen werden, von jungen Mädchen gelesen zu werden, so möchten wir doch die Hausväter im voraus darauf aufmerksam machen, daß „Ricks Lyhne" nicht für junge Mädchen geschrieben ist. Wir möchten auch vorausschicken, daß „Ricks Lyhne" kein völlig ausgereiftes, klares und rundes Werk ist, daß es nur aus lose an einander gereihten Szenen besteht und deshalb formell keinen recht befriedigenden Eindruck hinterlassen wird; endlich auch das, daß es die Menschen und ihr Seelenleben mit einer oft wchthucnden Schärfe und Nacktheit zeichnet. Trotzdem glauben wir das Werk wegen der außerordentlichen Kraft der Darstellung und der großen Schönheit vieler Einzelheiten unsern Lesern vermitteln zu sollen. „Ricks Lyhne" ist kein Roman für den großen Haufen; für den ernsten Leser aber und den Freund der schönen Litteratur wird das Werk trotz seiner Mängel und Herbheiten eine bemerkenswerte Erscheinung sein. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202827"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_202827_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ricks Lyhne/)<lb/><note type="byline"> Z. p, Jacobsen.</note> Roman von<lb/> Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. </head><lb/> <div n="2"> <head> Erstes Aapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_126"> le hatte die schwarzen, strahlenden Augen der Bliders mit den<lb/> feinen, schnurgeraden Brauen, sie hatte deren stark ausgebildete<lb/> Nase, ihr kräftiges Kinn, ihre üppigen Lippen. Den eigentümlich<lb/> schmerzlich sinnlichen Zug um die Mundwinkel und die unruhigen<lb/> Bewegungen mit dem Kopfe hatte sie auch geerbt, aber ihre<lb/> Wangen waren bleich, und ihr seidenweiches Haar schloß sich sanft und glatt<lb/> den Formen des Kopfes an.</p><lb/> <p xml:id="ID_127"> So waren die Bliders nicht; ihre Farben bestanden aus Rosa und Bronze,<lb/> das Haar war dick und kraus, dicht wie eine Mahne, und dann hatten sie<lb/> volle, tiefe, biegsame Stimmen, die in wunderbar gutem Einklang standen mit<lb/> den Familiensagen von den lärmenden Jagdfahrten der Väter, von ihren feier¬<lb/> lichen Morgenandachten und ihren tausenderlei Liebesabenteuern. Ihre Stimme<lb/> aber war matt und klanglos.</p><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> *) Mit dem hier beginnenden Roman bringen wir die Übersetzung eines sehr eigen¬<lb/> tümlichen Werkes des vor drei Jahren, kurz nach Vollendung seines achtunddreißigsten Lebens¬<lb/> jahres, verstorbenen hochbegabten dänischen Schriftstellers Jens Peter Jacobsen. Wenn auch<lb/> die Grenzboten nicht leicht in die Gefahr kommen werden, von jungen Mädchen gelesen zu<lb/> werden, so möchten wir doch die Hausväter im voraus darauf aufmerksam machen, daß<lb/> „Ricks Lyhne" nicht für junge Mädchen geschrieben ist. Wir möchten auch vorausschicken, daß<lb/> „Ricks Lyhne" kein völlig ausgereiftes, klares und rundes Werk ist, daß es nur aus lose an<lb/> einander gereihten Szenen besteht und deshalb formell keinen recht befriedigenden Eindruck<lb/> hinterlassen wird; endlich auch das, daß es die Menschen und ihr Seelenleben mit einer oft<lb/> wchthucnden Schärfe und Nacktheit zeichnet. Trotzdem glauben wir das Werk wegen der<lb/> außerordentlichen Kraft der Darstellung und der großen Schönheit vieler Einzelheiten unsern<lb/> Lesern vermitteln zu sollen. „Ricks Lyhne" ist kein Roman für den großen Haufen; für den<lb/> ernsten Leser aber und den Freund der schönen Litteratur wird das Werk trotz seiner Mängel<lb/> und Herbheiten eine bemerkenswerte Erscheinung sein.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
[Abbildung]
Ricks Lyhne/)
Z. p, Jacobsen. Roman von
Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann.
Erstes Aapitel.
le hatte die schwarzen, strahlenden Augen der Bliders mit den
feinen, schnurgeraden Brauen, sie hatte deren stark ausgebildete
Nase, ihr kräftiges Kinn, ihre üppigen Lippen. Den eigentümlich
schmerzlich sinnlichen Zug um die Mundwinkel und die unruhigen
Bewegungen mit dem Kopfe hatte sie auch geerbt, aber ihre
Wangen waren bleich, und ihr seidenweiches Haar schloß sich sanft und glatt
den Formen des Kopfes an.
So waren die Bliders nicht; ihre Farben bestanden aus Rosa und Bronze,
das Haar war dick und kraus, dicht wie eine Mahne, und dann hatten sie
volle, tiefe, biegsame Stimmen, die in wunderbar gutem Einklang standen mit
den Familiensagen von den lärmenden Jagdfahrten der Väter, von ihren feier¬
lichen Morgenandachten und ihren tausenderlei Liebesabenteuern. Ihre Stimme
aber war matt und klanglos.
*) Mit dem hier beginnenden Roman bringen wir die Übersetzung eines sehr eigen¬
tümlichen Werkes des vor drei Jahren, kurz nach Vollendung seines achtunddreißigsten Lebens¬
jahres, verstorbenen hochbegabten dänischen Schriftstellers Jens Peter Jacobsen. Wenn auch
die Grenzboten nicht leicht in die Gefahr kommen werden, von jungen Mädchen gelesen zu
werden, so möchten wir doch die Hausväter im voraus darauf aufmerksam machen, daß
„Ricks Lyhne" nicht für junge Mädchen geschrieben ist. Wir möchten auch vorausschicken, daß
„Ricks Lyhne" kein völlig ausgereiftes, klares und rundes Werk ist, daß es nur aus lose an
einander gereihten Szenen besteht und deshalb formell keinen recht befriedigenden Eindruck
hinterlassen wird; endlich auch das, daß es die Menschen und ihr Seelenleben mit einer oft
wchthucnden Schärfe und Nacktheit zeichnet. Trotzdem glauben wir das Werk wegen der
außerordentlichen Kraft der Darstellung und der großen Schönheit vieler Einzelheiten unsern
Lesern vermitteln zu sollen. „Ricks Lyhne" ist kein Roman für den großen Haufen; für den
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