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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Leo HuvÄlite,

reichlichen Zinsen, wiederzubringen. Mithin ist die Bank zu den Wohlthütig-
kcitscmstalten zu rechnen. Gegen alles dies läßt sich nichts einwenden. Und
wenn in der Umgegend so viele Landhäuser in bester Lage, in schönster Ein¬
richtung, mit herrlichen Garten gezeigt werden, deren Erbauer auf das Glück,
da zu wohnen, verzichten mußten, weil sie sich in Monte Carlo ruinirt haben,
so hätten sie das Wort des alten Rothschild beherzige" sollen: "So viel Geld
habe ich nicht, um in Homburg zu spielen." Und vollends die Kranken, die
an die Riviera geschickt wurden und sich durch die Aufregung am grünen Tische
nur noch kränker machen -- verdienen die ob ihrer Unvernunft bemitleidet zu
werden?

Allein wir knüpfen an das Kapitel von den "Segnungen" der Bank an.
Diese Gegend hat sie jetzt im reichsten Maße genossen, die einstige Wüstenei ist
ein Zaubergärten geworden, es wäre an der Zeit, andre Wüsten zu kultiviren.
Deren giebt es ja noch so viele, in Jnnerafrika, im steinigen Arabien, am
Nordpol. Nicht Palmen, Wigaudien, Casuarinen u. s. w. brauchen dort ge¬
pflanzt, keine Paläste gebant zu werden; wenn die wohlthätige Bank dort be¬
scheidene Nutzwälder und Kornfelder schaffen wollte, würde sie sich noch größer"
Dank verdienen, und der echte und gerechte Spieler (und vor allem die Spielerin)
folgte ihr auch dahin ohne Murren, das steht fest.

Doch was würde dann aus Monte Carlo werden? Ein klimatischer Kur¬
ort ersten Ranges, insbesondre für Nervenleidende. Auch Baden-Baden, Wies¬
baden, Homburg glaubten einst die Spielhölle nicht entbehren zu können, und
sie blühen mehr als je.

Dergleichen Gedanken nehmen sich uuzeitgemäß aus, sind es jedoch vielleicht
nicht. Das Geschlecht Grimaldi soll keine lange Dauer mehr versprechen. Was
wird dann aus dem Ländchen? Naturgemäß gehört es, wie Nizza, zu Italien,
aber es ist Enklave Frankreichs, und die Befestigungen, welche dieses auf der
Tete de Chien angelegt hat, verdanken ihre Entstehung doch wohl der Voraus¬
sicht eines solchen Falles. Mit weittragenden Geschützen würden von der Berg¬
spitze aus wohl Stadt und Bucht bestrichen werden können, und französische
Truppen giebt es längs der ganzen italienischen Grenze zur Genüge. Frank¬
reich duldet aber keine öffentlichen Banken. Und das Kasino mit seinen riesigen
Räumen, seinen Kuppeln und Türmen? Man will wissen, daß darüber schon
verfügt sei. Der ultramontane französische Adel schickt seine Söhne gern nach
Monaco, wie der deutsche die seinen nach Einsiedeln, damit sie von Herren mit
Schaufclhüten in korrekter Gesinnung unterwiesen werden. Uniformirt wie
Marinezöglinge sieht man die künftigen Legitimisten unter Führung ihrer
schwarzen Offiziere da aufmarschiren. Und sollten einmal die Scharen Blaues
genötigt werden, das Kasino zu räumen, dann würden, heißt es, die schwarzen
Scharen des heiligen Ignaz von Loyola dort einziehen. Immer oso .juvauts!




Grenzboten II. 1383. S
Leo HuvÄlite,

reichlichen Zinsen, wiederzubringen. Mithin ist die Bank zu den Wohlthütig-
kcitscmstalten zu rechnen. Gegen alles dies läßt sich nichts einwenden. Und
wenn in der Umgegend so viele Landhäuser in bester Lage, in schönster Ein¬
richtung, mit herrlichen Garten gezeigt werden, deren Erbauer auf das Glück,
da zu wohnen, verzichten mußten, weil sie sich in Monte Carlo ruinirt haben,
so hätten sie das Wort des alten Rothschild beherzige» sollen: „So viel Geld
habe ich nicht, um in Homburg zu spielen." Und vollends die Kranken, die
an die Riviera geschickt wurden und sich durch die Aufregung am grünen Tische
nur noch kränker machen — verdienen die ob ihrer Unvernunft bemitleidet zu
werden?

Allein wir knüpfen an das Kapitel von den „Segnungen" der Bank an.
Diese Gegend hat sie jetzt im reichsten Maße genossen, die einstige Wüstenei ist
ein Zaubergärten geworden, es wäre an der Zeit, andre Wüsten zu kultiviren.
Deren giebt es ja noch so viele, in Jnnerafrika, im steinigen Arabien, am
Nordpol. Nicht Palmen, Wigaudien, Casuarinen u. s. w. brauchen dort ge¬
pflanzt, keine Paläste gebant zu werden; wenn die wohlthätige Bank dort be¬
scheidene Nutzwälder und Kornfelder schaffen wollte, würde sie sich noch größer»
Dank verdienen, und der echte und gerechte Spieler (und vor allem die Spielerin)
folgte ihr auch dahin ohne Murren, das steht fest.

Doch was würde dann aus Monte Carlo werden? Ein klimatischer Kur¬
ort ersten Ranges, insbesondre für Nervenleidende. Auch Baden-Baden, Wies¬
baden, Homburg glaubten einst die Spielhölle nicht entbehren zu können, und
sie blühen mehr als je.

Dergleichen Gedanken nehmen sich uuzeitgemäß aus, sind es jedoch vielleicht
nicht. Das Geschlecht Grimaldi soll keine lange Dauer mehr versprechen. Was
wird dann aus dem Ländchen? Naturgemäß gehört es, wie Nizza, zu Italien,
aber es ist Enklave Frankreichs, und die Befestigungen, welche dieses auf der
Tete de Chien angelegt hat, verdanken ihre Entstehung doch wohl der Voraus¬
sicht eines solchen Falles. Mit weittragenden Geschützen würden von der Berg¬
spitze aus wohl Stadt und Bucht bestrichen werden können, und französische
Truppen giebt es längs der ganzen italienischen Grenze zur Genüge. Frank¬
reich duldet aber keine öffentlichen Banken. Und das Kasino mit seinen riesigen
Räumen, seinen Kuppeln und Türmen? Man will wissen, daß darüber schon
verfügt sei. Der ultramontane französische Adel schickt seine Söhne gern nach
Monaco, wie der deutsche die seinen nach Einsiedeln, damit sie von Herren mit
Schaufclhüten in korrekter Gesinnung unterwiesen werden. Uniformirt wie
Marinezöglinge sieht man die künftigen Legitimisten unter Führung ihrer
schwarzen Offiziere da aufmarschiren. Und sollten einmal die Scharen Blaues
genötigt werden, das Kasino zu räumen, dann würden, heißt es, die schwarzen
Scharen des heiligen Ignaz von Loyola dort einziehen. Immer oso .juvauts!




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[0049] Leo HuvÄlite, reichlichen Zinsen, wiederzubringen. Mithin ist die Bank zu den Wohlthütig- kcitscmstalten zu rechnen. Gegen alles dies läßt sich nichts einwenden. Und wenn in der Umgegend so viele Landhäuser in bester Lage, in schönster Ein¬ richtung, mit herrlichen Garten gezeigt werden, deren Erbauer auf das Glück, da zu wohnen, verzichten mußten, weil sie sich in Monte Carlo ruinirt haben, so hätten sie das Wort des alten Rothschild beherzige» sollen: „So viel Geld habe ich nicht, um in Homburg zu spielen." Und vollends die Kranken, die an die Riviera geschickt wurden und sich durch die Aufregung am grünen Tische nur noch kränker machen — verdienen die ob ihrer Unvernunft bemitleidet zu werden? Allein wir knüpfen an das Kapitel von den „Segnungen" der Bank an. Diese Gegend hat sie jetzt im reichsten Maße genossen, die einstige Wüstenei ist ein Zaubergärten geworden, es wäre an der Zeit, andre Wüsten zu kultiviren. Deren giebt es ja noch so viele, in Jnnerafrika, im steinigen Arabien, am Nordpol. Nicht Palmen, Wigaudien, Casuarinen u. s. w. brauchen dort ge¬ pflanzt, keine Paläste gebant zu werden; wenn die wohlthätige Bank dort be¬ scheidene Nutzwälder und Kornfelder schaffen wollte, würde sie sich noch größer» Dank verdienen, und der echte und gerechte Spieler (und vor allem die Spielerin) folgte ihr auch dahin ohne Murren, das steht fest. Doch was würde dann aus Monte Carlo werden? Ein klimatischer Kur¬ ort ersten Ranges, insbesondre für Nervenleidende. Auch Baden-Baden, Wies¬ baden, Homburg glaubten einst die Spielhölle nicht entbehren zu können, und sie blühen mehr als je. Dergleichen Gedanken nehmen sich uuzeitgemäß aus, sind es jedoch vielleicht nicht. Das Geschlecht Grimaldi soll keine lange Dauer mehr versprechen. Was wird dann aus dem Ländchen? Naturgemäß gehört es, wie Nizza, zu Italien, aber es ist Enklave Frankreichs, und die Befestigungen, welche dieses auf der Tete de Chien angelegt hat, verdanken ihre Entstehung doch wohl der Voraus¬ sicht eines solchen Falles. Mit weittragenden Geschützen würden von der Berg¬ spitze aus wohl Stadt und Bucht bestrichen werden können, und französische Truppen giebt es längs der ganzen italienischen Grenze zur Genüge. Frank¬ reich duldet aber keine öffentlichen Banken. Und das Kasino mit seinen riesigen Räumen, seinen Kuppeln und Türmen? Man will wissen, daß darüber schon verfügt sei. Der ultramontane französische Adel schickt seine Söhne gern nach Monaco, wie der deutsche die seinen nach Einsiedeln, damit sie von Herren mit Schaufclhüten in korrekter Gesinnung unterwiesen werden. Uniformirt wie Marinezöglinge sieht man die künftigen Legitimisten unter Führung ihrer schwarzen Offiziere da aufmarschiren. Und sollten einmal die Scharen Blaues genötigt werden, das Kasino zu räumen, dann würden, heißt es, die schwarzen Scharen des heiligen Ignaz von Loyola dort einziehen. Immer oso .juvauts! Grenzboten II. 1383. S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/49>, abgerufen am 28.07.2024.