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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Österreich und der deutsch-französische Krieg.
2.

ir wiederholen heute zunächst in einigen Zeilen die Darstellung,
welche Beust und ihm gegenüber Gramont von der Haltung giebt,
die Österreich zu dem Streite zwischen Deutschland und Frank¬
reich im Jahre 1870 angenommen hatte. Beust behauptet und
versucht mit einer Weisung an Metternich, den damaligen öster¬
reichischen Botschafter am Pariser Hofe, datirt vom 11. Juli 1870. zu be¬
weisen, daß Frankreich kein Recht gehabt habe, auf bewaffneten Beistand Öster¬
reichs zu rechnen. Österreich habe nur die Verpflichtung gehabt, sich nicht mit
einer dritten Macht gegen Frankreich zu verständigen, und diese sei gewissenhaft
beobachtet worden. Der Kriegsfall sei zwar besprochen, aber nichts darüber
ausgemacht und versprochen worden. Man habe sich dabei nur über Ma߬
regeln zur Erhaltung des Friedens, nicht zur Teilnahme an einem von Frank¬
reich ohne vorherige Zustimmung Österreichs unternommenen Kriege verständigt,
und auch das sei nur Entwurf geblieben. Österreich habe bei der Kandidatur
des Prinzen von Hohenzollern dem Kaiser Napoleon nur diplomatischen Bei¬
stand leisten wollen, militärischen dagegen nicht leisten können, und es habe
dies in Paris am 11. Juli erklären lassen, sich dabei mißbilligend über das
überstürzte Vorgehen Frankreichs gegen Preußen geäußert und davon abgeraten.
Gramont verweist auf Verhandlungen von 1868, 1869 und 1870 und bezeichnet
die von 1869 als Grundlagen eines Vertrages über die Mitwirkung Öster¬
reichs am Kriege, über die Ende Juli 1870 verhandelt worden sei. Nie habe
eben, als er Botschafter in Wien gewesen sei, Beust gesagt, daß Österreich, wenn
dle Regierung des Kaisers Napoleon sich in einen Krieg verwickle, ihr nicht


Grenzboten II. 188L. gg


Österreich und der deutsch-französische Krieg.
2.

ir wiederholen heute zunächst in einigen Zeilen die Darstellung,
welche Beust und ihm gegenüber Gramont von der Haltung giebt,
die Österreich zu dem Streite zwischen Deutschland und Frank¬
reich im Jahre 1870 angenommen hatte. Beust behauptet und
versucht mit einer Weisung an Metternich, den damaligen öster¬
reichischen Botschafter am Pariser Hofe, datirt vom 11. Juli 1870. zu be¬
weisen, daß Frankreich kein Recht gehabt habe, auf bewaffneten Beistand Öster¬
reichs zu rechnen. Österreich habe nur die Verpflichtung gehabt, sich nicht mit
einer dritten Macht gegen Frankreich zu verständigen, und diese sei gewissenhaft
beobachtet worden. Der Kriegsfall sei zwar besprochen, aber nichts darüber
ausgemacht und versprochen worden. Man habe sich dabei nur über Ma߬
regeln zur Erhaltung des Friedens, nicht zur Teilnahme an einem von Frank¬
reich ohne vorherige Zustimmung Österreichs unternommenen Kriege verständigt,
und auch das sei nur Entwurf geblieben. Österreich habe bei der Kandidatur
des Prinzen von Hohenzollern dem Kaiser Napoleon nur diplomatischen Bei¬
stand leisten wollen, militärischen dagegen nicht leisten können, und es habe
dies in Paris am 11. Juli erklären lassen, sich dabei mißbilligend über das
überstürzte Vorgehen Frankreichs gegen Preußen geäußert und davon abgeraten.
Gramont verweist auf Verhandlungen von 1868, 1869 und 1870 und bezeichnet
die von 1869 als Grundlagen eines Vertrages über die Mitwirkung Öster¬
reichs am Kriege, über die Ende Juli 1870 verhandelt worden sei. Nie habe
eben, als er Botschafter in Wien gewesen sei, Beust gesagt, daß Österreich, wenn
dle Regierung des Kaisers Napoleon sich in einen Krieg verwickle, ihr nicht


Grenzboten II. 188L. gg
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[0401] [Abbildung] Österreich und der deutsch-französische Krieg. 2. ir wiederholen heute zunächst in einigen Zeilen die Darstellung, welche Beust und ihm gegenüber Gramont von der Haltung giebt, die Österreich zu dem Streite zwischen Deutschland und Frank¬ reich im Jahre 1870 angenommen hatte. Beust behauptet und versucht mit einer Weisung an Metternich, den damaligen öster¬ reichischen Botschafter am Pariser Hofe, datirt vom 11. Juli 1870. zu be¬ weisen, daß Frankreich kein Recht gehabt habe, auf bewaffneten Beistand Öster¬ reichs zu rechnen. Österreich habe nur die Verpflichtung gehabt, sich nicht mit einer dritten Macht gegen Frankreich zu verständigen, und diese sei gewissenhaft beobachtet worden. Der Kriegsfall sei zwar besprochen, aber nichts darüber ausgemacht und versprochen worden. Man habe sich dabei nur über Ma߬ regeln zur Erhaltung des Friedens, nicht zur Teilnahme an einem von Frank¬ reich ohne vorherige Zustimmung Österreichs unternommenen Kriege verständigt, und auch das sei nur Entwurf geblieben. Österreich habe bei der Kandidatur des Prinzen von Hohenzollern dem Kaiser Napoleon nur diplomatischen Bei¬ stand leisten wollen, militärischen dagegen nicht leisten können, und es habe dies in Paris am 11. Juli erklären lassen, sich dabei mißbilligend über das überstürzte Vorgehen Frankreichs gegen Preußen geäußert und davon abgeraten. Gramont verweist auf Verhandlungen von 1868, 1869 und 1870 und bezeichnet die von 1869 als Grundlagen eines Vertrages über die Mitwirkung Öster¬ reichs am Kriege, über die Ende Juli 1870 verhandelt worden sei. Nie habe eben, als er Botschafter in Wien gewesen sei, Beust gesagt, daß Österreich, wenn dle Regierung des Kaisers Napoleon sich in einen Krieg verwickle, ihr nicht Grenzboten II. 188L. gg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/401>, abgerufen am 13.11.2024.