Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Zwei Vorreden. Gin Beitrag zur Musikgeschichte und zum Uaxitel von der Büchermacherei. aß auf leichtfertige Weise Bücher zusammengeschrieben werden, Zwei Vorreden. Gin Beitrag zur Musikgeschichte und zum Uaxitel von der Büchermacherei. aß auf leichtfertige Weise Bücher zusammengeschrieben werden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0277" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203054"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_203054_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zwei Vorreden.<lb/> Gin Beitrag zur Musikgeschichte und zum Uaxitel von der Büchermacherei.</head><lb/> <p xml:id="ID_903" next="#ID_904"> aß auf leichtfertige Weise Bücher zusammengeschrieben werden,<lb/> ist ein so alltägliches Ereignis, eine so allbekannte Thatsache,<lb/> daß es sich in der Regel kaum verlohnt, ein Wort darüber zu<lb/> verlieren, zumal da die Irrtümer und Dummheiten, welche sich<lb/> dank der edeln Thätigkeit der „Kompilatoren", auf gut Deutsch:<lb/> Abschreiber, durch ganze Reihen von Büchern fortpflanzen, gewöhnlich doch nur<lb/> demjenigen Teil der Leser unaufgeklärt bleiben, dem an sich an genauem Wissen<lb/> und tieferer Erkenntnis wenig gelegen ist. Die Tagesblütter und die Zeit¬<lb/> schriften, welche dem großen Publikum oder weitern Leserkreisen dienen, haben<lb/> daher mit Grund die „Berichtigungen" und „Ergänzungen," mit denen nament¬<lb/> lich die Spezies Bücherwurm unter den Gelehrten sich wahre Orgien in den<lb/> Fachblättern leistet, von ihren Spalten ausgeschlossen. Mitunter scheint aber<lb/> doch die Aufdeckung und Beseitigung solcher erbgesessenen Irrtümer nicht nur ein<lb/> Recht, sondern eine Pflicht gegen die große Leserwelt zu sein, denn während biblio¬<lb/> graphischer Kleinkram und biographischer Klatsch für das volle Verständnis einer<lb/> künstlerischen Erscheinung von geringem Belang sind, muß die genaue Über¬<lb/> lieferung aller derjenigen Thatsachen und Werke, welche im Werdegang hervor¬<lb/> ragender Menschen oder in der Geschichte der Künste und Wissenschaften eine<lb/> entscheidende Rolle spielten, als unerläßliche Forderung auch für Bücher geltend<lb/> gemacht werden, die nicht so sehr der Forschung als dem allgemeinen Lese-<lb/> nnd oft auch nur dem besondern Schreibbedürfnis dienen. Ja die Verfasser<lb/> solcher für die weitere Verbreitung bestimmten Bücher sollten sich Genauigkeit<lb/> und Klarheit zur ganz besondern Pflicht machen, denn ihre Schriften verbreiten<lb/> Irrtümer viel rascher und viel weiter und auch auf einem dafür viel empfäng¬<lb/> licherer Boden als die wissenschaftlichen Werke und bewirken so das Gegenteil<lb/> von dem, was sie anstreben und was sie allein zum Dasein berechtigt. Statt<lb/> der Aufklärung bringen sie nur Verwirrung in die Köpfe und statt der Bil¬<lb/> dung fördern sie die Halbwisserei. Wie bedenklich aber solche auch immer ist,<lb/> verächtlicher und verhängnisvoller erscheint sie nie, als wo es sich um die wich¬<lb/> tigsten Erscheinungen der Kulturgeschichte handelt, denn hier ist sie ein Undank</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0277]
[Abbildung]
Zwei Vorreden.
Gin Beitrag zur Musikgeschichte und zum Uaxitel von der Büchermacherei.
aß auf leichtfertige Weise Bücher zusammengeschrieben werden,
ist ein so alltägliches Ereignis, eine so allbekannte Thatsache,
daß es sich in der Regel kaum verlohnt, ein Wort darüber zu
verlieren, zumal da die Irrtümer und Dummheiten, welche sich
dank der edeln Thätigkeit der „Kompilatoren", auf gut Deutsch:
Abschreiber, durch ganze Reihen von Büchern fortpflanzen, gewöhnlich doch nur
demjenigen Teil der Leser unaufgeklärt bleiben, dem an sich an genauem Wissen
und tieferer Erkenntnis wenig gelegen ist. Die Tagesblütter und die Zeit¬
schriften, welche dem großen Publikum oder weitern Leserkreisen dienen, haben
daher mit Grund die „Berichtigungen" und „Ergänzungen," mit denen nament¬
lich die Spezies Bücherwurm unter den Gelehrten sich wahre Orgien in den
Fachblättern leistet, von ihren Spalten ausgeschlossen. Mitunter scheint aber
doch die Aufdeckung und Beseitigung solcher erbgesessenen Irrtümer nicht nur ein
Recht, sondern eine Pflicht gegen die große Leserwelt zu sein, denn während biblio¬
graphischer Kleinkram und biographischer Klatsch für das volle Verständnis einer
künstlerischen Erscheinung von geringem Belang sind, muß die genaue Über¬
lieferung aller derjenigen Thatsachen und Werke, welche im Werdegang hervor¬
ragender Menschen oder in der Geschichte der Künste und Wissenschaften eine
entscheidende Rolle spielten, als unerläßliche Forderung auch für Bücher geltend
gemacht werden, die nicht so sehr der Forschung als dem allgemeinen Lese-
nnd oft auch nur dem besondern Schreibbedürfnis dienen. Ja die Verfasser
solcher für die weitere Verbreitung bestimmten Bücher sollten sich Genauigkeit
und Klarheit zur ganz besondern Pflicht machen, denn ihre Schriften verbreiten
Irrtümer viel rascher und viel weiter und auch auf einem dafür viel empfäng¬
licherer Boden als die wissenschaftlichen Werke und bewirken so das Gegenteil
von dem, was sie anstreben und was sie allein zum Dasein berechtigt. Statt
der Aufklärung bringen sie nur Verwirrung in die Köpfe und statt der Bil¬
dung fördern sie die Halbwisserei. Wie bedenklich aber solche auch immer ist,
verächtlicher und verhängnisvoller erscheint sie nie, als wo es sich um die wich¬
tigsten Erscheinungen der Kulturgeschichte handelt, denn hier ist sie ein Undank
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