Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Das Geschlecht Textor,
Goethes mütterlicher ötammbaum.
von H. Düntzer.

en Vorfahren Goethes von väterlicher Seite hat man sorgsam
nachgespürt, ja sie bis in die Zeiten hinauf zu verfolgen gesucht,
aus welchen uns keine Überlieferung leuchtet, hat in dem Philipp
Götze des Dorfes Heustreu bei Neustadt an der Saale, der volle
114 Jahre durchlebt hat (1449 bis 1563), den Gründer von
Goethes besonderm Zweige zu finden geglaubt, in jenem Hufschmied Haus
Christian Goethe zu Artern einen Enkel des Superintendenten Matthäus
Gothus gesehen, von dessen Söhnen zwei gekrönte Dichter, zwei Musiker und
einer zugleich Maler gewesen, die Enkel aber Bauern und Handwerker geworden
seien. Dagegen ist dem mütterlichen Stamme des großen Frankfurter Dichters
viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden. Sehr dankenswert sind freilich die
Mitteilungen des gründlichen frühern Frankfurter Stadtarchivars G. L. Kriegk im
Anhange zu der Schrift "Die Brüder Senckenbcrg" (1869), aber sie beschränken
sich fast allein auf Goethes Großvater und schließen keineswegs ab. ja Kriegk ist
den gegen den Großvater Goethes gerichteten Beschuldigungen nicht entschieden
genug entgegengetreten. Wertvoll war auch die Mitteilung des Textorischen
Stammbaums in dem verdienstlichen Werke der Frau Maria Belli: "Leben in
Frankfurt am Main" X, 145 ff., aber dieser reicht nur bis zu den Kindern und
Schwiegerkindern von Goethes Großvater, bedarf auch vieler Erläuterungen,
Ergänzungen und Berichtigungen, wenn man eine volle Einsicht in die Geschichte
des Textorischen Geschlechts gewinnen will. Und die zahlreiche Verwandtschaft,
mit der Goethe mehr oder weniger verkehrt hat, zu kennen, ist für sein Leben nicht
ohne Bedeutung. Von dem Stammbaum lag mir eine etwas abweichende Ab¬
schrift durch die Güte der Frau Dr. Maria Melder vor; noch wichtiger war
es, daß Herr C. W. Textor mir den bis zur Gegenwart fortgesetzten Stamm¬
baum des Schöffen Johann Jost Textor zur Verfügung stellte. Leider sind die


Gonizbvtm 11. 1LW. M


Das Geschlecht Textor,
Goethes mütterlicher ötammbaum.
von H. Düntzer.

en Vorfahren Goethes von väterlicher Seite hat man sorgsam
nachgespürt, ja sie bis in die Zeiten hinauf zu verfolgen gesucht,
aus welchen uns keine Überlieferung leuchtet, hat in dem Philipp
Götze des Dorfes Heustreu bei Neustadt an der Saale, der volle
114 Jahre durchlebt hat (1449 bis 1563), den Gründer von
Goethes besonderm Zweige zu finden geglaubt, in jenem Hufschmied Haus
Christian Goethe zu Artern einen Enkel des Superintendenten Matthäus
Gothus gesehen, von dessen Söhnen zwei gekrönte Dichter, zwei Musiker und
einer zugleich Maler gewesen, die Enkel aber Bauern und Handwerker geworden
seien. Dagegen ist dem mütterlichen Stamme des großen Frankfurter Dichters
viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden. Sehr dankenswert sind freilich die
Mitteilungen des gründlichen frühern Frankfurter Stadtarchivars G. L. Kriegk im
Anhange zu der Schrift „Die Brüder Senckenbcrg" (1869), aber sie beschränken
sich fast allein auf Goethes Großvater und schließen keineswegs ab. ja Kriegk ist
den gegen den Großvater Goethes gerichteten Beschuldigungen nicht entschieden
genug entgegengetreten. Wertvoll war auch die Mitteilung des Textorischen
Stammbaums in dem verdienstlichen Werke der Frau Maria Belli: „Leben in
Frankfurt am Main" X, 145 ff., aber dieser reicht nur bis zu den Kindern und
Schwiegerkindern von Goethes Großvater, bedarf auch vieler Erläuterungen,
Ergänzungen und Berichtigungen, wenn man eine volle Einsicht in die Geschichte
des Textorischen Geschlechts gewinnen will. Und die zahlreiche Verwandtschaft,
mit der Goethe mehr oder weniger verkehrt hat, zu kennen, ist für sein Leben nicht
ohne Bedeutung. Von dem Stammbaum lag mir eine etwas abweichende Ab¬
schrift durch die Güte der Frau Dr. Maria Melder vor; noch wichtiger war
es, daß Herr C. W. Textor mir den bis zur Gegenwart fortgesetzten Stamm¬
baum des Schöffen Johann Jost Textor zur Verfügung stellte. Leider sind die


Gonizbvtm 11. 1LW. M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0225" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203002"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_203002_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das Geschlecht Textor,<lb/>
Goethes mütterlicher ötammbaum.<lb/><note type="byline"> von H. Düntzer.</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_753" next="#ID_754"> en Vorfahren Goethes von väterlicher Seite hat man sorgsam<lb/>
nachgespürt, ja sie bis in die Zeiten hinauf zu verfolgen gesucht,<lb/>
aus welchen uns keine Überlieferung leuchtet, hat in dem Philipp<lb/>
Götze des Dorfes Heustreu bei Neustadt an der Saale, der volle<lb/>
114 Jahre durchlebt hat (1449 bis 1563), den Gründer von<lb/>
Goethes besonderm Zweige zu finden geglaubt, in jenem Hufschmied Haus<lb/>
Christian Goethe zu Artern einen Enkel des Superintendenten Matthäus<lb/>
Gothus gesehen, von dessen Söhnen zwei gekrönte Dichter, zwei Musiker und<lb/>
einer zugleich Maler gewesen, die Enkel aber Bauern und Handwerker geworden<lb/>
seien. Dagegen ist dem mütterlichen Stamme des großen Frankfurter Dichters<lb/>
viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden. Sehr dankenswert sind freilich die<lb/>
Mitteilungen des gründlichen frühern Frankfurter Stadtarchivars G. L. Kriegk im<lb/>
Anhange zu der Schrift &#x201E;Die Brüder Senckenbcrg" (1869), aber sie beschränken<lb/>
sich fast allein auf Goethes Großvater und schließen keineswegs ab. ja Kriegk ist<lb/>
den gegen den Großvater Goethes gerichteten Beschuldigungen nicht entschieden<lb/>
genug entgegengetreten. Wertvoll war auch die Mitteilung des Textorischen<lb/>
Stammbaums in dem verdienstlichen Werke der Frau Maria Belli: &#x201E;Leben in<lb/>
Frankfurt am Main" X, 145 ff., aber dieser reicht nur bis zu den Kindern und<lb/>
Schwiegerkindern von Goethes Großvater, bedarf auch vieler Erläuterungen,<lb/>
Ergänzungen und Berichtigungen, wenn man eine volle Einsicht in die Geschichte<lb/>
des Textorischen Geschlechts gewinnen will. Und die zahlreiche Verwandtschaft,<lb/>
mit der Goethe mehr oder weniger verkehrt hat, zu kennen, ist für sein Leben nicht<lb/>
ohne Bedeutung. Von dem Stammbaum lag mir eine etwas abweichende Ab¬<lb/>
schrift durch die Güte der Frau Dr. Maria Melder vor; noch wichtiger war<lb/>
es, daß Herr C. W. Textor mir den bis zur Gegenwart fortgesetzten Stamm¬<lb/>
baum des Schöffen Johann Jost Textor zur Verfügung stellte. Leider sind die</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Gonizbvtm 11. 1LW. M</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0225] [Abbildung] Das Geschlecht Textor, Goethes mütterlicher ötammbaum. von H. Düntzer. en Vorfahren Goethes von väterlicher Seite hat man sorgsam nachgespürt, ja sie bis in die Zeiten hinauf zu verfolgen gesucht, aus welchen uns keine Überlieferung leuchtet, hat in dem Philipp Götze des Dorfes Heustreu bei Neustadt an der Saale, der volle 114 Jahre durchlebt hat (1449 bis 1563), den Gründer von Goethes besonderm Zweige zu finden geglaubt, in jenem Hufschmied Haus Christian Goethe zu Artern einen Enkel des Superintendenten Matthäus Gothus gesehen, von dessen Söhnen zwei gekrönte Dichter, zwei Musiker und einer zugleich Maler gewesen, die Enkel aber Bauern und Handwerker geworden seien. Dagegen ist dem mütterlichen Stamme des großen Frankfurter Dichters viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden. Sehr dankenswert sind freilich die Mitteilungen des gründlichen frühern Frankfurter Stadtarchivars G. L. Kriegk im Anhange zu der Schrift „Die Brüder Senckenbcrg" (1869), aber sie beschränken sich fast allein auf Goethes Großvater und schließen keineswegs ab. ja Kriegk ist den gegen den Großvater Goethes gerichteten Beschuldigungen nicht entschieden genug entgegengetreten. Wertvoll war auch die Mitteilung des Textorischen Stammbaums in dem verdienstlichen Werke der Frau Maria Belli: „Leben in Frankfurt am Main" X, 145 ff., aber dieser reicht nur bis zu den Kindern und Schwiegerkindern von Goethes Großvater, bedarf auch vieler Erläuterungen, Ergänzungen und Berichtigungen, wenn man eine volle Einsicht in die Geschichte des Textorischen Geschlechts gewinnen will. Und die zahlreiche Verwandtschaft, mit der Goethe mehr oder weniger verkehrt hat, zu kennen, ist für sein Leben nicht ohne Bedeutung. Von dem Stammbaum lag mir eine etwas abweichende Ab¬ schrift durch die Güte der Frau Dr. Maria Melder vor; noch wichtiger war es, daß Herr C. W. Textor mir den bis zur Gegenwart fortgesetzten Stamm¬ baum des Schöffen Johann Jost Textor zur Verfügung stellte. Leider sind die Gonizbvtm 11. 1LW. M

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/225
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/225>, abgerufen am 27.07.2024.