Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.Deutsch-böhmische Briefe, 6. le deutschböhmische Frage wurde brennend, als das Ministerium Grenzboten II. 1887. 7
Deutsch-böhmische Briefe, 6. le deutschböhmische Frage wurde brennend, als das Ministerium Grenzboten II. 1887. 7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/288510"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341845_288451/figures/grenzboten_341845_288451_288510_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Deutsch-böhmische Briefe,<lb/> 6. </head><lb/> <p xml:id="ID_154" next="#ID_155"> le deutschböhmische Frage wurde brennend, als das Ministerium<lb/> Taaffe in feierlicher Form (in der Thronrede vom 17. Mai 1379)<lb/> die tschechischen Deklarcmten einlud, „unbeschadet ihrer Rechts¬<lb/> überzeugung" den Boden gemeinsamer Beratung zu betreten, d. h.<lb/> im Reichsrate zu erscheinen, und die Sprachenverordnung Taaffes<lb/> und Stremahrs vom 19. April 1880 wirkte auf den damit entzündeten Stoff<lb/> wie ein Guß Petroleum. Jene Rechtsüberzeugung war in den „Fundamental¬<lb/> artikeln" vom 10. Oktober 1871 ausgesprochen, die der böhmische Landtag<lb/> — d. h. dessen tschechische Mitglieder; denn die deutschen waren damals wie jetzt<lb/> ausgeschieden — einstimmig beschloß, und deren neunter lautete: „Alle das<lb/> Königreich Böhmen betreffenden Angelegenheiten, welche nicht als allen König¬<lb/> reichen und Ländern der Monarchie gemeinsam erklärt sind, gehören grundsätz¬<lb/> lich der Gesetzgebung des böhmischen Landtages, beziehungsweise der Verwaltung<lb/> der böhmische» Landesregierung an." Gemeinsam sollten hiernach nur die aus¬<lb/> wärtigen Angelegenheiten, das Kriegswesen und in geringem Maße die Finanzen<lb/> sein. Tschechien — ein solches war beabsichtigt — sollte in Zukunft ein<lb/> Staat wie Ungarn sein. In einunddemselben Atemzuge beschlossen die in Prag<lb/> lagerten tschechischen Herren ein Nationalitätengesctz. Dasselbe trug an der<lb/> Stirn die schöne Devise: „Gleiches Recht auf Achtung, Wahrung und Pflege<lb/> des nationalen Eigenwesens und insbesondre der Sprache," hatte aber, näher<lb/> betrachtet, mit den Gesetzen von 1413 und 1615 ungefähr so vieles gemein als<lb/> die Hussiten im Frack mit ihren Vorfahren und Vorbildern. Zum Zwecke der<lb/> Verwaltung, der Justizpflege und der Wahl der Vertretungskörper sollte das</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1887. 7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
[Abbildung]
Deutsch-böhmische Briefe,
6.
le deutschböhmische Frage wurde brennend, als das Ministerium
Taaffe in feierlicher Form (in der Thronrede vom 17. Mai 1379)
die tschechischen Deklarcmten einlud, „unbeschadet ihrer Rechts¬
überzeugung" den Boden gemeinsamer Beratung zu betreten, d. h.
im Reichsrate zu erscheinen, und die Sprachenverordnung Taaffes
und Stremahrs vom 19. April 1880 wirkte auf den damit entzündeten Stoff
wie ein Guß Petroleum. Jene Rechtsüberzeugung war in den „Fundamental¬
artikeln" vom 10. Oktober 1871 ausgesprochen, die der böhmische Landtag
— d. h. dessen tschechische Mitglieder; denn die deutschen waren damals wie jetzt
ausgeschieden — einstimmig beschloß, und deren neunter lautete: „Alle das
Königreich Böhmen betreffenden Angelegenheiten, welche nicht als allen König¬
reichen und Ländern der Monarchie gemeinsam erklärt sind, gehören grundsätz¬
lich der Gesetzgebung des böhmischen Landtages, beziehungsweise der Verwaltung
der böhmische» Landesregierung an." Gemeinsam sollten hiernach nur die aus¬
wärtigen Angelegenheiten, das Kriegswesen und in geringem Maße die Finanzen
sein. Tschechien — ein solches war beabsichtigt — sollte in Zukunft ein
Staat wie Ungarn sein. In einunddemselben Atemzuge beschlossen die in Prag
lagerten tschechischen Herren ein Nationalitätengesctz. Dasselbe trug an der
Stirn die schöne Devise: „Gleiches Recht auf Achtung, Wahrung und Pflege
des nationalen Eigenwesens und insbesondre der Sprache," hatte aber, näher
betrachtet, mit den Gesetzen von 1413 und 1615 ungefähr so vieles gemein als
die Hussiten im Frack mit ihren Vorfahren und Vorbildern. Zum Zwecke der
Verwaltung, der Justizpflege und der Wahl der Vertretungskörper sollte das
Grenzboten II. 1887. 7
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |