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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Überproduktion.

nützen. Nicht ans Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine
Macht. . . . Preußen muß seine Kraft zusammenhalten für den günstigen Augen¬
blick, der schon einige male ser spielte auf 1849 und 1869 anj verpaßt worden
ist. Preußens Grenzen sind zu einem gesunden Staatskörper nicht günstig.
Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit
entschieden, . - . sondern dnrch Eisen nud Blut."

Das klang doch wahrlich nicht wie Abwendung von der " großen aktiven
Politik." Abgewendet von dieser hatten sich nur die Fvrtschrittsleute, die sie
von den liberalen Ministern der "neuen Ära" dringend verlangt hatten, sie aber
jetzt, wo der "reaktionäre Junker" sie angekündigt hatte, schmählich aufgaben
und mit allen Mitteln zu hindern suchten.

In einem zweiten und letzten Artikel werden wir nach dem, was seit 1870
bekannt geworden ist, weiter zeigen, was der Bismarck, der im September 1862
die oberste Leitung der Geschäfte Preußens übernahm, in politischer Beziehung
wirtlich war und wollte, und dann einen Blick auf die Anfänge und das Ende
seines fast vierjährigen Kampfes mit der Fortschrittspartei werfen.




Überproduktion.
(Schluß.)

on vielen Seiten ist darauf hingewiesen worden, daß die Be¬
schränkung der Produktion das einzige Mittel sei, der Über¬
produktion entgegen zu wirken. Es wäre wahrlich traurig, wen"
es uur dieses und kein andres Mittel gäbe. Denn was wäre
dem Menschengeschlecht mit der Vervollkommnung der Technik,
durch welche eine unbegrenzte Produktion ermöglicht worden ist, gedient, wenn
es sich herausstellte, daß man sich freiwillig wieder Schranken auflegen müßte,
um den Übelftcinden zu entgehen, welche die erweiterte Produktion mit sich
führt? Hoffentlich werden sich bessere und wirksamere Mittel auffinden lassen.
Es haben ja in der That Verabredungen zwischen Fabrikanten stattgefunden,
um die Produktion zu beschränken; unsers Wissens sind sie aber nicht lange in
Wirksamkeit geblieben. Einesteils pflegt die Rentabilität der Unternehmungen
von der Große derselben abzuhängen: eine Beschränkung der Produktion ver¬
teuert die Waaren, weil die allgemeinen Kosten über eine geringe Menge der¬
selben zu verteilen sind. Audernteils führt die Einschränkung der Produktion


Überproduktion.

nützen. Nicht ans Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine
Macht. . . . Preußen muß seine Kraft zusammenhalten für den günstigen Augen¬
blick, der schon einige male ser spielte auf 1849 und 1869 anj verpaßt worden
ist. Preußens Grenzen sind zu einem gesunden Staatskörper nicht günstig.
Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit
entschieden, . - . sondern dnrch Eisen nud Blut."

Das klang doch wahrlich nicht wie Abwendung von der „ großen aktiven
Politik." Abgewendet von dieser hatten sich nur die Fvrtschrittsleute, die sie
von den liberalen Ministern der „neuen Ära" dringend verlangt hatten, sie aber
jetzt, wo der „reaktionäre Junker" sie angekündigt hatte, schmählich aufgaben
und mit allen Mitteln zu hindern suchten.

In einem zweiten und letzten Artikel werden wir nach dem, was seit 1870
bekannt geworden ist, weiter zeigen, was der Bismarck, der im September 1862
die oberste Leitung der Geschäfte Preußens übernahm, in politischer Beziehung
wirtlich war und wollte, und dann einen Blick auf die Anfänge und das Ende
seines fast vierjährigen Kampfes mit der Fortschrittspartei werfen.




Überproduktion.
(Schluß.)

on vielen Seiten ist darauf hingewiesen worden, daß die Be¬
schränkung der Produktion das einzige Mittel sei, der Über¬
produktion entgegen zu wirken. Es wäre wahrlich traurig, wen»
es uur dieses und kein andres Mittel gäbe. Denn was wäre
dem Menschengeschlecht mit der Vervollkommnung der Technik,
durch welche eine unbegrenzte Produktion ermöglicht worden ist, gedient, wenn
es sich herausstellte, daß man sich freiwillig wieder Schranken auflegen müßte,
um den Übelftcinden zu entgehen, welche die erweiterte Produktion mit sich
führt? Hoffentlich werden sich bessere und wirksamere Mittel auffinden lassen.
Es haben ja in der That Verabredungen zwischen Fabrikanten stattgefunden,
um die Produktion zu beschränken; unsers Wissens sind sie aber nicht lange in
Wirksamkeit geblieben. Einesteils pflegt die Rentabilität der Unternehmungen
von der Große derselben abzuhängen: eine Beschränkung der Produktion ver¬
teuert die Waaren, weil die allgemeinen Kosten über eine geringe Menge der¬
selben zu verteilen sind. Audernteils führt die Einschränkung der Produktion


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[0075] Überproduktion. nützen. Nicht ans Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine Macht. . . . Preußen muß seine Kraft zusammenhalten für den günstigen Augen¬ blick, der schon einige male ser spielte auf 1849 und 1869 anj verpaßt worden ist. Preußens Grenzen sind zu einem gesunden Staatskörper nicht günstig. Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, . - . sondern dnrch Eisen nud Blut." Das klang doch wahrlich nicht wie Abwendung von der „ großen aktiven Politik." Abgewendet von dieser hatten sich nur die Fvrtschrittsleute, die sie von den liberalen Ministern der „neuen Ära" dringend verlangt hatten, sie aber jetzt, wo der „reaktionäre Junker" sie angekündigt hatte, schmählich aufgaben und mit allen Mitteln zu hindern suchten. In einem zweiten und letzten Artikel werden wir nach dem, was seit 1870 bekannt geworden ist, weiter zeigen, was der Bismarck, der im September 1862 die oberste Leitung der Geschäfte Preußens übernahm, in politischer Beziehung wirtlich war und wollte, und dann einen Blick auf die Anfänge und das Ende seines fast vierjährigen Kampfes mit der Fortschrittspartei werfen. Überproduktion. (Schluß.) on vielen Seiten ist darauf hingewiesen worden, daß die Be¬ schränkung der Produktion das einzige Mittel sei, der Über¬ produktion entgegen zu wirken. Es wäre wahrlich traurig, wen» es uur dieses und kein andres Mittel gäbe. Denn was wäre dem Menschengeschlecht mit der Vervollkommnung der Technik, durch welche eine unbegrenzte Produktion ermöglicht worden ist, gedient, wenn es sich herausstellte, daß man sich freiwillig wieder Schranken auflegen müßte, um den Übelftcinden zu entgehen, welche die erweiterte Produktion mit sich führt? Hoffentlich werden sich bessere und wirksamere Mittel auffinden lassen. Es haben ja in der That Verabredungen zwischen Fabrikanten stattgefunden, um die Produktion zu beschränken; unsers Wissens sind sie aber nicht lange in Wirksamkeit geblieben. Einesteils pflegt die Rentabilität der Unternehmungen von der Große derselben abzuhängen: eine Beschränkung der Produktion ver¬ teuert die Waaren, weil die allgemeinen Kosten über eine geringe Menge der¬ selben zu verteilen sind. Audernteils führt die Einschränkung der Produktion

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/75>, abgerufen am 22.07.2024.