Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Aus der Chronik derer von Riffelshausen. Er lachte. Du scheinst eine gute Vorstellung von mir zu haben, liebe Ach nein, erwiederte sie, nun ebenfalls lächelnd, aber ich weiß wohl, was Georg schüttelte den Kopf. Mit der Unruhe ist Leben nach Siebenhofen Er brach ab. Sie blickte zu ihm auf. Was soll ich thun? fragte sie Nichts thun, sondern etwas unterlassen, nämlich solche Menschen um Geduld Siebentes Aapitel. Der Schuee war die ganze Nacht in feinen weißen Flocken gefallen, und Unterdessen stand Cäcilie bereits in dem kalten Hausflur mit der Boten¬ El, ist der Mensch denn ganz verrückt! sagte das Fräulein ärgerlich. Der pflichttreue Mentor langte indessen am Wallgraben an, wo sich im Die liebe Jugend hatte die Tragbarkeit des gefrorenen Grabens unter¬ Aus der Chronik derer von Riffelshausen. Er lachte. Du scheinst eine gute Vorstellung von mir zu haben, liebe Ach nein, erwiederte sie, nun ebenfalls lächelnd, aber ich weiß wohl, was Georg schüttelte den Kopf. Mit der Unruhe ist Leben nach Siebenhofen Er brach ab. Sie blickte zu ihm auf. Was soll ich thun? fragte sie Nichts thun, sondern etwas unterlassen, nämlich solche Menschen um Geduld Siebentes Aapitel. Der Schuee war die ganze Nacht in feinen weißen Flocken gefallen, und Unterdessen stand Cäcilie bereits in dem kalten Hausflur mit der Boten¬ El, ist der Mensch denn ganz verrückt! sagte das Fräulein ärgerlich. Der pflichttreue Mentor langte indessen am Wallgraben an, wo sich im Die liebe Jugend hatte die Tragbarkeit des gefrorenen Grabens unter¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0387" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199107"/> <fw type="header" place="top"> Aus der Chronik derer von Riffelshausen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1163"> Er lachte. Du scheinst eine gute Vorstellung von mir zu haben, liebe<lb/> Schwägerin. Du meintest wohl einen ganz verknöcherten, menschenfeindlichen<lb/> Sonderling zu finden?</p><lb/> <p xml:id="ID_1164"> Ach nein, erwiederte sie, nun ebenfalls lächelnd, aber ich weiß wohl, was<lb/> für Unruhe unsre lärmende Kinderschaar in euer stilles und geregeltes Haus¬<lb/> wesen gebracht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Georg schüttelte den Kopf. Mit der Unruhe ist Leben nach Siebenhofen<lb/> gekommen, neue Interessen, neue Lust. Glaube mir, wir sind euch Dank schuldig,<lb/> Cäcilie und ich! Du aber solltest —</p><lb/> <p xml:id="ID_1166"> Er brach ab. Sie blickte zu ihm auf. Was soll ich thun? fragte sie<lb/> demütig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1167"> Nichts thun, sondern etwas unterlassen, nämlich solche Menschen um Geduld<lb/> und Nachsicht zu bitten, die eben nichts thun können, als von dir lernen!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> Siebentes Aapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_1168"> Der Schuee war die ganze Nacht in feinen weißen Flocken gefallen, und<lb/> am Morgen hatte der Schmidt vor dem Hause in einigen Parkwegcn Bahn<lb/> geschaufelt. Noch vor dem Frühstück stürmten Valer, Mathilde und Julie in<lb/> den Garten hinaus, natürlich ohne Jacken und Mützen, da Mademoiselle Adeline,<lb/> die solche in Verwahrung hatte, ihren Schlaf um keinen Preis so früh aufgeben<lb/> konnte. Das ganze Haus lag noch in friedlicher Ruhe. Bis an die Knöchel<lb/> wateten die drei jungen Helden im weichen Schnee und ergingen sich dabei in<lb/> solchen Jubeltönen, daß der Hofmarschall seinen Kammerdiener Heinrich zu Herrn<lb/> Trakclberg sandte, um von diesem die Ursache des Getöses zu erfahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1169"> Unterdessen stand Cäcilie bereits in dem kalten Hausflur mit der Boten¬<lb/> frau, der Weindcln, welche zweimal wöchentlich nach Erfurt, der nächsten größern<lb/> Stadt, pilgerte, aber gewöhnlich alle Aufträge verkehrt besorgte. Diese Damen<lb/> gewahrten plötzlich zu ihrem lebhaften Erstannen den langen Trakclberg durch<lb/> den Flur stürmen, und ehe Cäcilie Zeit hatte, zu fragen, wo es brenne, war<lb/> die Erscheinung bereits durch die Thüre verschwunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1170"> El, ist der Mensch denn ganz verrückt! sagte das Fräulein ärgerlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1171"> Der pflichttreue Mentor langte indessen am Wallgraben an, wo sich im<lb/> Augenblicke seines Erscheinens ein Zetergeschrei erhob.</p><lb/> <p xml:id="ID_1172" next="#ID_1173"> Die liebe Jugend hatte die Tragbarkeit des gefrorenen Grabens unter¬<lb/> suchen wollen, und Mathildchen hatte als die Leichteste den ersten Versuch machen<lb/> müssen. Dabei war sie mit einem Fuße durch die dünne Eisdecke gebrochen,<lb/> und als sie diesen herausziehen wollte, war sie nur tiefer eingesunken. Die<lb/> Geschwister thaten ihr möglichstes, um die Schwester aus dieser peinlichen Lage<lb/> zu befreien. Valer unternahm es sogar, ihr zu Hilfe zu kommen; aber sowie<lb/> er den ersten Fuß auf die Eisdecke setzte, brach diese unter ihm ein. Nun redete</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0387]
Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
Er lachte. Du scheinst eine gute Vorstellung von mir zu haben, liebe
Schwägerin. Du meintest wohl einen ganz verknöcherten, menschenfeindlichen
Sonderling zu finden?
Ach nein, erwiederte sie, nun ebenfalls lächelnd, aber ich weiß wohl, was
für Unruhe unsre lärmende Kinderschaar in euer stilles und geregeltes Haus¬
wesen gebracht hat.
Georg schüttelte den Kopf. Mit der Unruhe ist Leben nach Siebenhofen
gekommen, neue Interessen, neue Lust. Glaube mir, wir sind euch Dank schuldig,
Cäcilie und ich! Du aber solltest —
Er brach ab. Sie blickte zu ihm auf. Was soll ich thun? fragte sie
demütig.
Nichts thun, sondern etwas unterlassen, nämlich solche Menschen um Geduld
und Nachsicht zu bitten, die eben nichts thun können, als von dir lernen!
Siebentes Aapitel.
Der Schuee war die ganze Nacht in feinen weißen Flocken gefallen, und
am Morgen hatte der Schmidt vor dem Hause in einigen Parkwegcn Bahn
geschaufelt. Noch vor dem Frühstück stürmten Valer, Mathilde und Julie in
den Garten hinaus, natürlich ohne Jacken und Mützen, da Mademoiselle Adeline,
die solche in Verwahrung hatte, ihren Schlaf um keinen Preis so früh aufgeben
konnte. Das ganze Haus lag noch in friedlicher Ruhe. Bis an die Knöchel
wateten die drei jungen Helden im weichen Schnee und ergingen sich dabei in
solchen Jubeltönen, daß der Hofmarschall seinen Kammerdiener Heinrich zu Herrn
Trakclberg sandte, um von diesem die Ursache des Getöses zu erfahren.
Unterdessen stand Cäcilie bereits in dem kalten Hausflur mit der Boten¬
frau, der Weindcln, welche zweimal wöchentlich nach Erfurt, der nächsten größern
Stadt, pilgerte, aber gewöhnlich alle Aufträge verkehrt besorgte. Diese Damen
gewahrten plötzlich zu ihrem lebhaften Erstannen den langen Trakclberg durch
den Flur stürmen, und ehe Cäcilie Zeit hatte, zu fragen, wo es brenne, war
die Erscheinung bereits durch die Thüre verschwunden.
El, ist der Mensch denn ganz verrückt! sagte das Fräulein ärgerlich.
Der pflichttreue Mentor langte indessen am Wallgraben an, wo sich im
Augenblicke seines Erscheinens ein Zetergeschrei erhob.
Die liebe Jugend hatte die Tragbarkeit des gefrorenen Grabens unter¬
suchen wollen, und Mathildchen hatte als die Leichteste den ersten Versuch machen
müssen. Dabei war sie mit einem Fuße durch die dünne Eisdecke gebrochen,
und als sie diesen herausziehen wollte, war sie nur tiefer eingesunken. Die
Geschwister thaten ihr möglichstes, um die Schwester aus dieser peinlichen Lage
zu befreien. Valer unternahm es sogar, ihr zu Hilfe zu kommen; aber sowie
er den ersten Fuß auf die Eisdecke setzte, brach diese unter ihm ein. Nun redete
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