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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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(Lamoens.
R n Adolf Stern. oman vo
(Fortsetzung.)
Siebentes Aapitel.

leder schi
mmerten am warmen Sommerabend die Prunksäle und
endlosen Zimmerreihen des Schlosses von Cintra im Kerzen¬
glanz, während sich die Strahlen der untergehenden Sonne
noch in den Bogenfenstern des riesigen Baues brachen. Nie¬
mals, seit König Sebastian hier Hof hielt, ja niemals, seit er
regierte, waren die großen Feste im Palast so rasch aufeinander gefolgt, als
in diesem schwülen, gewitterreichen Sommermonate, Die Zahl der Gäste des
Königs schien mit jedem Abende zu wachsen, in ganz Cintra war kein Dach,
unter dem nicht Edelleute aus allen Teilen des portugiesischen Landes her-
bergten. Am heutigen Abend hatte Graf Vimioso, der Großkämmerer, wiederum
eine Flucht von Gemächern öffnen lassen müssen, weil die weiten Empfangssäle
dem Andrange nicht genügten. Durch alle vordern Räume flutete, rauschte,
gleißte eine Woge buntfarbiger Gewänder, leuchtenden Goldes, wallender Federn,
funkelnder Steine; alle Schätze Brasiliens und Indiens schienen zur Schau
gestellt und blendeten die Augen der wenigen, die hier des Anblickes nicht
gewohnt waren. In langen Reihen und dichtgedrängten Gruppen erfüllten die
Geladnen namentlich die beiden großen Säle und jene Zimmer, welche un¬
mittelbar an die Säle grenzten. In den weiter zurückliegenden Gemächern, die
den Hof der Trabanten umschlossen, herrschte größere Stille und im Gegensatze
zu den Haupträumen wohlthuende Kühle. Die drei mächtigen Wassersäulen,
die aus dem Brunncubecken im Hofe emporstiegen, sandten einen frischen Hauch
durch die geöffneten Fenster, und Herr Manuel Barreto, der sich halben Leibes
aus einem dieser Fenster nach dem Springbrunnen hinausbeugte, war nicht der
einzige Gast des Königs, der klüglich diese Zuflucht aufgesucht hatte. Der




(Lamoens.
R n Adolf Stern. oman vo
(Fortsetzung.)
Siebentes Aapitel.

leder schi
mmerten am warmen Sommerabend die Prunksäle und
endlosen Zimmerreihen des Schlosses von Cintra im Kerzen¬
glanz, während sich die Strahlen der untergehenden Sonne
noch in den Bogenfenstern des riesigen Baues brachen. Nie¬
mals, seit König Sebastian hier Hof hielt, ja niemals, seit er
regierte, waren die großen Feste im Palast so rasch aufeinander gefolgt, als
in diesem schwülen, gewitterreichen Sommermonate, Die Zahl der Gäste des
Königs schien mit jedem Abende zu wachsen, in ganz Cintra war kein Dach,
unter dem nicht Edelleute aus allen Teilen des portugiesischen Landes her-
bergten. Am heutigen Abend hatte Graf Vimioso, der Großkämmerer, wiederum
eine Flucht von Gemächern öffnen lassen müssen, weil die weiten Empfangssäle
dem Andrange nicht genügten. Durch alle vordern Räume flutete, rauschte,
gleißte eine Woge buntfarbiger Gewänder, leuchtenden Goldes, wallender Federn,
funkelnder Steine; alle Schätze Brasiliens und Indiens schienen zur Schau
gestellt und blendeten die Augen der wenigen, die hier des Anblickes nicht
gewohnt waren. In langen Reihen und dichtgedrängten Gruppen erfüllten die
Geladnen namentlich die beiden großen Säle und jene Zimmer, welche un¬
mittelbar an die Säle grenzten. In den weiter zurückliegenden Gemächern, die
den Hof der Trabanten umschlossen, herrschte größere Stille und im Gegensatze
zu den Haupträumen wohlthuende Kühle. Die drei mächtigen Wassersäulen,
die aus dem Brunncubecken im Hofe emporstiegen, sandten einen frischen Hauch
durch die geöffneten Fenster, und Herr Manuel Barreto, der sich halben Leibes
aus einem dieser Fenster nach dem Springbrunnen hinausbeugte, war nicht der
einzige Gast des Königs, der klüglich diese Zuflucht aufgesucht hatte. Der


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[0093] [Abbildung] (Lamoens. R n Adolf Stern. oman vo (Fortsetzung.) Siebentes Aapitel. leder schi mmerten am warmen Sommerabend die Prunksäle und endlosen Zimmerreihen des Schlosses von Cintra im Kerzen¬ glanz, während sich die Strahlen der untergehenden Sonne noch in den Bogenfenstern des riesigen Baues brachen. Nie¬ mals, seit König Sebastian hier Hof hielt, ja niemals, seit er regierte, waren die großen Feste im Palast so rasch aufeinander gefolgt, als in diesem schwülen, gewitterreichen Sommermonate, Die Zahl der Gäste des Königs schien mit jedem Abende zu wachsen, in ganz Cintra war kein Dach, unter dem nicht Edelleute aus allen Teilen des portugiesischen Landes her- bergten. Am heutigen Abend hatte Graf Vimioso, der Großkämmerer, wiederum eine Flucht von Gemächern öffnen lassen müssen, weil die weiten Empfangssäle dem Andrange nicht genügten. Durch alle vordern Räume flutete, rauschte, gleißte eine Woge buntfarbiger Gewänder, leuchtenden Goldes, wallender Federn, funkelnder Steine; alle Schätze Brasiliens und Indiens schienen zur Schau gestellt und blendeten die Augen der wenigen, die hier des Anblickes nicht gewohnt waren. In langen Reihen und dichtgedrängten Gruppen erfüllten die Geladnen namentlich die beiden großen Säle und jene Zimmer, welche un¬ mittelbar an die Säle grenzten. In den weiter zurückliegenden Gemächern, die den Hof der Trabanten umschlossen, herrschte größere Stille und im Gegensatze zu den Haupträumen wohlthuende Kühle. Die drei mächtigen Wassersäulen, die aus dem Brunncubecken im Hofe emporstiegen, sandten einen frischen Hauch durch die geöffneten Fenster, und Herr Manuel Barreto, der sich halben Leibes aus einem dieser Fenster nach dem Springbrunnen hinausbeugte, war nicht der einzige Gast des Königs, der klüglich diese Zuflucht aufgesucht hatte. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/93>, abgerufen am 27.06.2024.