Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Die Wohnungsnot der ärmorn Klassen in deutschen Großstädten. durfte von nun an jeder Gutsbesitzer, dem bisher die nötige Feldarbeit ohne Der auf "Obrok" entlassene Arbeiter wurde sich naturgemäß der ver¬ Die Wohnungsnot der ärmern Klassen in deutschen Großstädten. meer dem obigen Titel hat der Verein für Sozialpolitik begonnen, Die Wohnungsnot der ärmorn Klassen in deutschen Großstädten. durfte von nun an jeder Gutsbesitzer, dem bisher die nötige Feldarbeit ohne Der auf „Obrok" entlassene Arbeiter wurde sich naturgemäß der ver¬ Die Wohnungsnot der ärmern Klassen in deutschen Großstädten. meer dem obigen Titel hat der Verein für Sozialpolitik begonnen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0517" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198583"/> <fw type="header" place="top"> Die Wohnungsnot der ärmorn Klassen in deutschen Großstädten.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1474" prev="#ID_1473"> durfte von nun an jeder Gutsbesitzer, dem bisher die nötige Feldarbeit ohne<lb/> Geldentschn'diguug geleistet worden war, einer Vermehrung seines Betriebsfonds<lb/> zur Auszahlung des Arbeitslohnes. Da nun ohne Geld kein Kapital flüssig ge¬<lb/> macht werden und mich keine Arbeitskraft in Thätigkeit gesetzt werden kann, so<lb/> mußte der Geldmangel eine Verkümmerung der wirtschaftlichen Entwicklung zur<lb/> Folge haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1475"> Der auf „Obrok" entlassene Arbeiter wurde sich naturgemäß der ver¬<lb/> mehrten Nachfrage nach seiner Thätigkeit bewußt und stellte höhere Bedingungen,<lb/> die Leibherren ihrerseits steigerten ihre Anforderungen, um die Übergangsperiode,<lb/> welche ihnen noch zur freien Verfügung über das Menschenkapital gelassen war,<lb/> nach Möglichkeit auszunutzen und gewissermaßen die bevorstehenden Vermögcns-<lb/> verluste zu eskomptiren. Es wuchsen also die Kosten der Produktion, und die<lb/> Verteuerung des Lebens des Konsumenten kam dem Produzenten nicht einmal<lb/> wesentlich zu Gute. Unter solchen Verhältnissen verminderte sich natürlich der<lb/> kaum begonnene Aufschwung des Außenhandels. Die durch den Steuerzuschlag<lb/> von fünf Prozent zu den Ein- und Ausfuhrwaaren gehemmte Spekulations¬<lb/> thätigkeit stürzte sich mit erneuter Heftigkeit auf allerlei Aktienunternehmungen,<lb/> von denen doch wiederum der größere Teil einen wirklichen Gewinn erst für<lb/> die Zeit in Aussicht stellen konnte, wo die mit den bisherigen Reformen an¬<lb/> gebahnten Lebensordnungen wirklich eingetreten sein würden. Der Bahnbau<lb/> bot der Unternehmungslust den weitesten Spielraum. Dennoch blieben viele<lb/> Linien lange Zeit unrentabel, weil es an dem notwendigen Ausbau der Ver¬<lb/> kehrswege fehlte. Rußland hat diejenige Stufe des Verkehrswesens, welche bei<lb/> uns durch den Chausseebau gekennzeichnet wird, übersprungen. Die Eisenbahnen<lb/> sind dort bis heute noch lediglich Verbindungslinien volkreicher Städte, aber<lb/> nicht imstande, den Verkehr des durchschnittenen Terrains in ausgiebiger Weise<lb/> an sich zu ziehen. (Schluß fvlgr.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die Wohnungsnot der ärmern Klassen<lb/> in deutschen Großstädten.</head><lb/> <p xml:id="ID_1476" next="#ID_1477"> meer dem obigen Titel hat der Verein für Sozialpolitik begonnen,<lb/> eine Anzahl Gutachten und Berichte herauszugeben, welche das<lb/> soziale Leiden der Wohnungsnot in unsern Großstädten und die<lb/> Mittel zur Abhilfe dagegen darstellen und erörtern,^ Wir finden<lb/> in dem vorliegenden ersten Bande anschauliche Schilderungen der<lb/> Verhältnisse von Hamburg, Frankfurt a. M. und Straßburg. In einem aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0517]
Die Wohnungsnot der ärmorn Klassen in deutschen Großstädten.
durfte von nun an jeder Gutsbesitzer, dem bisher die nötige Feldarbeit ohne
Geldentschn'diguug geleistet worden war, einer Vermehrung seines Betriebsfonds
zur Auszahlung des Arbeitslohnes. Da nun ohne Geld kein Kapital flüssig ge¬
macht werden und mich keine Arbeitskraft in Thätigkeit gesetzt werden kann, so
mußte der Geldmangel eine Verkümmerung der wirtschaftlichen Entwicklung zur
Folge haben.
Der auf „Obrok" entlassene Arbeiter wurde sich naturgemäß der ver¬
mehrten Nachfrage nach seiner Thätigkeit bewußt und stellte höhere Bedingungen,
die Leibherren ihrerseits steigerten ihre Anforderungen, um die Übergangsperiode,
welche ihnen noch zur freien Verfügung über das Menschenkapital gelassen war,
nach Möglichkeit auszunutzen und gewissermaßen die bevorstehenden Vermögcns-
verluste zu eskomptiren. Es wuchsen also die Kosten der Produktion, und die
Verteuerung des Lebens des Konsumenten kam dem Produzenten nicht einmal
wesentlich zu Gute. Unter solchen Verhältnissen verminderte sich natürlich der
kaum begonnene Aufschwung des Außenhandels. Die durch den Steuerzuschlag
von fünf Prozent zu den Ein- und Ausfuhrwaaren gehemmte Spekulations¬
thätigkeit stürzte sich mit erneuter Heftigkeit auf allerlei Aktienunternehmungen,
von denen doch wiederum der größere Teil einen wirklichen Gewinn erst für
die Zeit in Aussicht stellen konnte, wo die mit den bisherigen Reformen an¬
gebahnten Lebensordnungen wirklich eingetreten sein würden. Der Bahnbau
bot der Unternehmungslust den weitesten Spielraum. Dennoch blieben viele
Linien lange Zeit unrentabel, weil es an dem notwendigen Ausbau der Ver¬
kehrswege fehlte. Rußland hat diejenige Stufe des Verkehrswesens, welche bei
uns durch den Chausseebau gekennzeichnet wird, übersprungen. Die Eisenbahnen
sind dort bis heute noch lediglich Verbindungslinien volkreicher Städte, aber
nicht imstande, den Verkehr des durchschnittenen Terrains in ausgiebiger Weise
an sich zu ziehen. (Schluß fvlgr.)
Die Wohnungsnot der ärmern Klassen
in deutschen Großstädten.
meer dem obigen Titel hat der Verein für Sozialpolitik begonnen,
eine Anzahl Gutachten und Berichte herauszugeben, welche das
soziale Leiden der Wohnungsnot in unsern Großstädten und die
Mittel zur Abhilfe dagegen darstellen und erörtern,^ Wir finden
in dem vorliegenden ersten Bande anschauliche Schilderungen der
Verhältnisse von Hamburg, Frankfurt a. M. und Straßburg. In einem aus-
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