Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Camoens. mußte, Catarina gegen die drängende Leidenschaft des Königs beizustehen! Wie er laugsam und noch mehr als einmal nach dem Bostel zurücklauschend, Neuntes Aapitel. Drei Tage nach der feierlichen Bestattung Dom Antonio Pacheeos, des Camoens. mußte, Catarina gegen die drängende Leidenschaft des Königs beizustehen! Wie er laugsam und noch mehr als einmal nach dem Bostel zurücklauschend, Neuntes Aapitel. Drei Tage nach der feierlichen Bestattung Dom Antonio Pacheeos, des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0495" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198561"/> <fw type="header" place="top"> Camoens.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1414" prev="#ID_1413"> mußte, Catarina gegen die drängende Leidenschaft des Königs beizustehen!<lb/> Wild und unklar wogten Bilder dessen, was geschehen solle und könne, in<lb/> Camoens' Seele; gewiß war, daß er dem Könige so rasch als möglich sein<lb/> Gedicht zu Füßen legen und in dem Gedicht zu ihm sprechen müsse, wie ihm<lb/> jetzt, nur wie ihm jetzt ums Herz war. Die letzte Stunde hatte ihn gestählt,<lb/> wenn es sein mußte, sogar zum Kampfe mit Barreto.</p><lb/> <p xml:id="ID_1415"> Wie er laugsam und noch mehr als einmal nach dem Bostel zurücklauschend,<lb/> ans dem er herkam, sich der Mauer und den an ihr stehenden Bäumen näherte,<lb/> ergriff ihn noch einmal die Stimmung, welche ihn bei seinen Eintritt hier er¬<lb/> faßt hatte. Das Bild der verklärten Catarina trat neben das der lebendigen,<lb/> ihm war es, als befehle ihm zu dieser Stunde Catarina Atayde ihr Kind und<lb/> rufe ihn auf, um ihretwillen alles sonst in der Welt zu vergessen und zu opfern!<lb/> Er beugte sein Haupt wie vor einer sichtbaren Gestalt, vor einem wirklich ge¬<lb/> hörten unwiderstehlichen Gebot, und mit festerem Entschluß, aber auch mit<lb/> schwereren Herzen, als er gekommen war, verließ er die Königsgärten ans dem<lb/> gleichen Wege.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Neuntes Aapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_1416"> Drei Tage nach der feierlichen Bestattung Dom Antonio Pacheeos, des<lb/> Ordensmarschalls, saß am Spätnachmittage Camoens im Hofe von Almocegema<lb/> in der Nähe des prachtvollen Brunnens, der nächst der Platane des Königs<lb/> Diniz als die größte Merkwürdigkeit des alten Maureuschlosses galt. Die zier¬<lb/> lichen spitzbogigen Arkaden, die im Viereck den Hof umschlossen, von schlanken<lb/> Säulen getragen, von üppigem Grün umrankt, öffneten sich überall nach dem<lb/> großen Brnnnenbecken, aus dem eine silbern glänzende Wassersäule emporstieg;<lb/> ans den Mäulern vou zwölf Delphinen rauschten starke Wasserstrahlen scheinbar<lb/> auf das Marmorpslaster des Hofes herab und verschwanden im Boden, um<lb/> den Brunnen wieder neu zu speisen, alles atmete Kühle und friedliche Ab¬<lb/> geschlossenheit. Camoens, der sich mit seiner Handschrift und allerhand Schreib¬<lb/> gerät in der Halle westlich vom Brunnen niedergelassen hatte, aus der er mit<lb/> wenigen Schritten zu seinen eignen Gemächern gelangen konnte, hätte hier in<lb/> Farben und Düften schwelgen können. Jenseits der rauschenden, sprühenden Wasser<lb/> erhob sich eine Gruppe von schlanken, dichtverwachsenen Büschen, an der zu<lb/> allen Jahreszeiten Blüten prangten. Doch obschon er seit einer Stunde nach<lb/> den Strahlen und den scharlachroten Kelchen der Granatbüsche hinblickte, welche<lb/> dort aus dem Grün leuchteten, so war seine Seele doch weit von dem Brunnen<lb/> und den Büschen; ein harter, innerer Kampf, quälende Unschlüssigkeit malte<lb/> sich in den Zügen des Mannes, seit er vorhin die eifrig und dennoch umsonst<lb/> gehandhabte Feder hatte sinken lassen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0495]
Camoens.
mußte, Catarina gegen die drängende Leidenschaft des Königs beizustehen!
Wild und unklar wogten Bilder dessen, was geschehen solle und könne, in
Camoens' Seele; gewiß war, daß er dem Könige so rasch als möglich sein
Gedicht zu Füßen legen und in dem Gedicht zu ihm sprechen müsse, wie ihm
jetzt, nur wie ihm jetzt ums Herz war. Die letzte Stunde hatte ihn gestählt,
wenn es sein mußte, sogar zum Kampfe mit Barreto.
Wie er laugsam und noch mehr als einmal nach dem Bostel zurücklauschend,
ans dem er herkam, sich der Mauer und den an ihr stehenden Bäumen näherte,
ergriff ihn noch einmal die Stimmung, welche ihn bei seinen Eintritt hier er¬
faßt hatte. Das Bild der verklärten Catarina trat neben das der lebendigen,
ihm war es, als befehle ihm zu dieser Stunde Catarina Atayde ihr Kind und
rufe ihn auf, um ihretwillen alles sonst in der Welt zu vergessen und zu opfern!
Er beugte sein Haupt wie vor einer sichtbaren Gestalt, vor einem wirklich ge¬
hörten unwiderstehlichen Gebot, und mit festerem Entschluß, aber auch mit
schwereren Herzen, als er gekommen war, verließ er die Königsgärten ans dem
gleichen Wege.
Neuntes Aapitel.
Drei Tage nach der feierlichen Bestattung Dom Antonio Pacheeos, des
Ordensmarschalls, saß am Spätnachmittage Camoens im Hofe von Almocegema
in der Nähe des prachtvollen Brunnens, der nächst der Platane des Königs
Diniz als die größte Merkwürdigkeit des alten Maureuschlosses galt. Die zier¬
lichen spitzbogigen Arkaden, die im Viereck den Hof umschlossen, von schlanken
Säulen getragen, von üppigem Grün umrankt, öffneten sich überall nach dem
großen Brnnnenbecken, aus dem eine silbern glänzende Wassersäule emporstieg;
ans den Mäulern vou zwölf Delphinen rauschten starke Wasserstrahlen scheinbar
auf das Marmorpslaster des Hofes herab und verschwanden im Boden, um
den Brunnen wieder neu zu speisen, alles atmete Kühle und friedliche Ab¬
geschlossenheit. Camoens, der sich mit seiner Handschrift und allerhand Schreib¬
gerät in der Halle westlich vom Brunnen niedergelassen hatte, aus der er mit
wenigen Schritten zu seinen eignen Gemächern gelangen konnte, hätte hier in
Farben und Düften schwelgen können. Jenseits der rauschenden, sprühenden Wasser
erhob sich eine Gruppe von schlanken, dichtverwachsenen Büschen, an der zu
allen Jahreszeiten Blüten prangten. Doch obschon er seit einer Stunde nach
den Strahlen und den scharlachroten Kelchen der Granatbüsche hinblickte, welche
dort aus dem Grün leuchteten, so war seine Seele doch weit von dem Brunnen
und den Büschen; ein harter, innerer Kampf, quälende Unschlüssigkeit malte
sich in den Zügen des Mannes, seit er vorhin die eifrig und dennoch umsonst
gehandhabte Feder hatte sinken lassen.
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