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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Das Gute vom Liede im Tudan.

er den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen, und der
Spott wird berechtigt sein, wo der Schade verdient ist. Das
Ende vom Liede im Sudan ist eine ungeheure Blamage Eng¬
lands, wie sein Anfang und seine Fortsetzung eine Reihenfolge
von unerhörten Mißgriffen, Ungeschicklichkeiten, falschen Berech¬
nungen, halben oder zu spät kommenden Maßregeln war. Der materielle Ver¬
lust ist groß, aber ersetzbar, der moralische größer und vielleicht niemals,
Wenigstens nicht bald zu ersetzen. England hat bei seinen Unternehmungen am
obern Nil und am Roten Meere viel Blut und viel Geld, noch mehr aber
Ausehen verloren. Es erfreut sich eines großen und vollen Beutels, und so
wird es das Geld verschmerzen. Es tan" die Lücken, welche die drei Feldzüge
in die Reihen seiner Armee gerissen haben, durch neue Mietsvldaten ausfüllen.
Die Einbuße aber, die es an seinem Ansehen als Weltmacht und namentlich
als Macht über muhammedanische Völker erleidet, wenn es sich jetzt unver-
nchteter Sache aus dem Sudan zurückzieht, erscheint fast unwiderbringlich.

Hin ist mit diesem jetzt großenteils vollendeten Rückzüge die reichliche
Hälfte dessen, was durch das Bombardement Alexandriens und durch den Sieg
bei Tel El Kebir gewonnen wurde, hin der ganze Eindruck, den die Erfolge
machten, welche die Truppen Wolseleys und Grahcims mit ihrer besser" Be¬
waffnung über die halbwilden Speerträger des Mahdi erfochten. Die Nieder¬
lage Arabis ist durch den Propheten von Kordofan gerächt und ausgeglichen
worden. Allah war mit seinem Gesandten, und die Krieger des Islam
triumphirten über die fränkischen Kasus und ihre Verbündeten, die ägyptischen
Türken, die nicht besser sind als sie. Weder mit Güte noch mit Gewalt ver¬
mochten die Feinde des Glaubens etwas auszurichten. Chartum fiel, bevor sie


GrenzbvtenII. 1835. 69


Das Gute vom Liede im Tudan.

er den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen, und der
Spott wird berechtigt sein, wo der Schade verdient ist. Das
Ende vom Liede im Sudan ist eine ungeheure Blamage Eng¬
lands, wie sein Anfang und seine Fortsetzung eine Reihenfolge
von unerhörten Mißgriffen, Ungeschicklichkeiten, falschen Berech¬
nungen, halben oder zu spät kommenden Maßregeln war. Der materielle Ver¬
lust ist groß, aber ersetzbar, der moralische größer und vielleicht niemals,
Wenigstens nicht bald zu ersetzen. England hat bei seinen Unternehmungen am
obern Nil und am Roten Meere viel Blut und viel Geld, noch mehr aber
Ausehen verloren. Es erfreut sich eines großen und vollen Beutels, und so
wird es das Geld verschmerzen. Es tan» die Lücken, welche die drei Feldzüge
in die Reihen seiner Armee gerissen haben, durch neue Mietsvldaten ausfüllen.
Die Einbuße aber, die es an seinem Ansehen als Weltmacht und namentlich
als Macht über muhammedanische Völker erleidet, wenn es sich jetzt unver-
nchteter Sache aus dem Sudan zurückzieht, erscheint fast unwiderbringlich.

Hin ist mit diesem jetzt großenteils vollendeten Rückzüge die reichliche
Hälfte dessen, was durch das Bombardement Alexandriens und durch den Sieg
bei Tel El Kebir gewonnen wurde, hin der ganze Eindruck, den die Erfolge
machten, welche die Truppen Wolseleys und Grahcims mit ihrer besser» Be¬
waffnung über die halbwilden Speerträger des Mahdi erfochten. Die Nieder¬
lage Arabis ist durch den Propheten von Kordofan gerächt und ausgeglichen
worden. Allah war mit seinem Gesandten, und die Krieger des Islam
triumphirten über die fränkischen Kasus und ihre Verbündeten, die ägyptischen
Türken, die nicht besser sind als sie. Weder mit Güte noch mit Gewalt ver¬
mochten die Feinde des Glaubens etwas auszurichten. Chartum fiel, bevor sie


GrenzbvtenII. 1835. 69
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[0550] [Abbildung] Das Gute vom Liede im Tudan. er den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen, und der Spott wird berechtigt sein, wo der Schade verdient ist. Das Ende vom Liede im Sudan ist eine ungeheure Blamage Eng¬ lands, wie sein Anfang und seine Fortsetzung eine Reihenfolge von unerhörten Mißgriffen, Ungeschicklichkeiten, falschen Berech¬ nungen, halben oder zu spät kommenden Maßregeln war. Der materielle Ver¬ lust ist groß, aber ersetzbar, der moralische größer und vielleicht niemals, Wenigstens nicht bald zu ersetzen. England hat bei seinen Unternehmungen am obern Nil und am Roten Meere viel Blut und viel Geld, noch mehr aber Ausehen verloren. Es erfreut sich eines großen und vollen Beutels, und so wird es das Geld verschmerzen. Es tan» die Lücken, welche die drei Feldzüge in die Reihen seiner Armee gerissen haben, durch neue Mietsvldaten ausfüllen. Die Einbuße aber, die es an seinem Ansehen als Weltmacht und namentlich als Macht über muhammedanische Völker erleidet, wenn es sich jetzt unver- nchteter Sache aus dem Sudan zurückzieht, erscheint fast unwiderbringlich. Hin ist mit diesem jetzt großenteils vollendeten Rückzüge die reichliche Hälfte dessen, was durch das Bombardement Alexandriens und durch den Sieg bei Tel El Kebir gewonnen wurde, hin der ganze Eindruck, den die Erfolge machten, welche die Truppen Wolseleys und Grahcims mit ihrer besser» Be¬ waffnung über die halbwilden Speerträger des Mahdi erfochten. Die Nieder¬ lage Arabis ist durch den Propheten von Kordofan gerächt und ausgeglichen worden. Allah war mit seinem Gesandten, und die Krieger des Islam triumphirten über die fränkischen Kasus und ihre Verbündeten, die ägyptischen Türken, die nicht besser sind als sie. Weder mit Güte noch mit Gewalt ver¬ mochten die Feinde des Glaubens etwas auszurichten. Chartum fiel, bevor sie GrenzbvtenII. 1835. 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/550>, abgerufen am 22.07.2024.