Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.Unpolitische Briefe aus Wien. Änderung in dieser Beziehung an? Was würden die englischen Liberalen dazu Die Summe aller unsrer Mitteilungen ist, daß sich an den Ufern des Unpolitische Briefe aus Wien. ^. von der Universität. olange unsre Universität in dem alten Gemäuer neben der Je^ Unpolitische Briefe aus Wien. Änderung in dieser Beziehung an? Was würden die englischen Liberalen dazu Die Summe aller unsrer Mitteilungen ist, daß sich an den Ufern des Unpolitische Briefe aus Wien. ^. von der Universität. olange unsre Universität in dem alten Gemäuer neben der Je^ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0294" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194970"/> <fw type="header" place="top"> Unpolitische Briefe aus Wien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1039" prev="#ID_1038"> Änderung in dieser Beziehung an? Was würden die englischen Liberalen dazu<lb/> sagen, und erst die Radikalen, Gladstones Verbündete? Vorläufig hat unser<lb/> Autor einen Trost von der Mieawberschen Sorte bei der Hand. Wir brauchen<lb/> uns auf jenen Fall, meint er, auf das Hauptheer der 200 000 hinter der Vorhut<lb/> von 90 000 Russen nicht im voraus zu rüsten. „Es könnten in Rußland<lb/> Ereignisse eintreten, welche es von seinen Plänen einer Eroberung in Asien<lb/> ganz ablenkten. ... Es könnte u. a. kommen, daß Nußland, wenn wir den greif¬<lb/> baren Beweis lieferten, daß wir entschlossen sind, es jetzt zu bekämpfen, uns<lb/> niemals auf die Probe stellen würde, ob wir anch ebenso bereit sind, für 200 000<lb/> Verteidiger zu sorgen." Das Schicksal soll also in Indien für England gute<lb/> Dienste thun, und Nußland soll sich vor dessen 60 000 Notröcken und Sipoys<lb/> fürchten. Hier hofft der sonst verständige Engländer, wie gesagt, ungefähr wie<lb/> sein Landsmann, der wackere Micawber.</p><lb/> <p xml:id="ID_1040"> Die Summe aller unsrer Mitteilungen ist, daß sich an den Ufern des<lb/> Murgab und zwischen Merw und Herat weltgeschichtliche Ereignisse ankün¬<lb/> digen, die, seit vielen Jahren gesät und in stetem Wachsen, bereits deutlich<lb/> ihre Häupter am Horizont dieser Stcppenlünder zeigen und zuweilen ihre rie¬<lb/> sigen Schatten selbst bis nach Afghanistan hineinwerfen und bis nach Kalkutta<lb/> und Bombay hinab Schrecken verbreiten. Bisher geglaubte Versicherungen über¬<lb/> weiser Leute sind zerstoben, man lächelt jetzt, wo man früher als Schwarzseher<lb/> und thörichter Unglücksprophet verlacht wurde. Auch in England, sogar im<lb/> dortigen Ministerium, hat man die Augen aufgethan und die nahende Gefahr<lb/> zu erkennen angefangen, und wer noch ein Jahrzehnt vor sich hat, wird<lb/> vermutlich in Ostasien Veränderungen der Landkarte erleben, die er nicht er¬<lb/> wartet hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Unpolitische Briefe aus Wien.<lb/> ^. von der Universität. </head><lb/> <p xml:id="ID_1041" next="#ID_1042"> olange unsre Universität in dem alten Gemäuer neben der Je^<lb/> suitenkirche untergebracht war, trat sie nur äußerst selten in den<lb/> Gesichtskreis des großen Publikums. Sie lag ja ganz abseits<lb/> von den Hauptverkehrsader» der Stadt, und so gab es sehr viele<lb/> Wiener, die überhaupt nicht wußten, wo denn die „Universität"<lb/> eigentlich sei. Weil man aber keine bestimmte Vorstellung mit diesem Worte<lb/> verband, so interessirte man sich auch im allgemeinen wenig für Universitcits-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0294]
Unpolitische Briefe aus Wien.
Änderung in dieser Beziehung an? Was würden die englischen Liberalen dazu
sagen, und erst die Radikalen, Gladstones Verbündete? Vorläufig hat unser
Autor einen Trost von der Mieawberschen Sorte bei der Hand. Wir brauchen
uns auf jenen Fall, meint er, auf das Hauptheer der 200 000 hinter der Vorhut
von 90 000 Russen nicht im voraus zu rüsten. „Es könnten in Rußland
Ereignisse eintreten, welche es von seinen Plänen einer Eroberung in Asien
ganz ablenkten. ... Es könnte u. a. kommen, daß Nußland, wenn wir den greif¬
baren Beweis lieferten, daß wir entschlossen sind, es jetzt zu bekämpfen, uns
niemals auf die Probe stellen würde, ob wir anch ebenso bereit sind, für 200 000
Verteidiger zu sorgen." Das Schicksal soll also in Indien für England gute
Dienste thun, und Nußland soll sich vor dessen 60 000 Notröcken und Sipoys
fürchten. Hier hofft der sonst verständige Engländer, wie gesagt, ungefähr wie
sein Landsmann, der wackere Micawber.
Die Summe aller unsrer Mitteilungen ist, daß sich an den Ufern des
Murgab und zwischen Merw und Herat weltgeschichtliche Ereignisse ankün¬
digen, die, seit vielen Jahren gesät und in stetem Wachsen, bereits deutlich
ihre Häupter am Horizont dieser Stcppenlünder zeigen und zuweilen ihre rie¬
sigen Schatten selbst bis nach Afghanistan hineinwerfen und bis nach Kalkutta
und Bombay hinab Schrecken verbreiten. Bisher geglaubte Versicherungen über¬
weiser Leute sind zerstoben, man lächelt jetzt, wo man früher als Schwarzseher
und thörichter Unglücksprophet verlacht wurde. Auch in England, sogar im
dortigen Ministerium, hat man die Augen aufgethan und die nahende Gefahr
zu erkennen angefangen, und wer noch ein Jahrzehnt vor sich hat, wird
vermutlich in Ostasien Veränderungen der Landkarte erleben, die er nicht er¬
wartet hat.
Unpolitische Briefe aus Wien.
^. von der Universität.
olange unsre Universität in dem alten Gemäuer neben der Je^
suitenkirche untergebracht war, trat sie nur äußerst selten in den
Gesichtskreis des großen Publikums. Sie lag ja ganz abseits
von den Hauptverkehrsader» der Stadt, und so gab es sehr viele
Wiener, die überhaupt nicht wußten, wo denn die „Universität"
eigentlich sei. Weil man aber keine bestimmte Vorstellung mit diesem Worte
verband, so interessirte man sich auch im allgemeinen wenig für Universitcits-
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