Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Publikum.

bekannt. So wird das einzige bis jetzt bekannte Exemplar von den "Zehn Ge¬
boten," dein "Totentanz" und der "Fabel vom kranken Löwen" in der Uni¬
versitätsbibliothek zu Heidelberg, von dem "Buch der Könige" in der Hof¬
bibliothek zu Wien, von dem "Zcitglöcklein des Lebens Jesu" in Bamberg, vom
"Apostolischen Glaubensbekenntnis" in München, vom "Hcilsspiegel" im Haag
bewahrt. Wieder andre sind nur in einem verstümmelten Exemplare vorhanden.
So befand sich ein Bogen der Geschichte vom heiligen Kreuz in der Weigclschen
Sammlung, während vom Planetarium ein unvollständiges Exemplar im Bri¬
tischen Museum vorhanden ist.

(Schluß folgt.)




Vas Publikum.
<Lin Nachklang aus Baireuth.
von Hans Marbach.

is ich im Jahre 1884 zum erstenmale den geweihten Boden von
Baireuth betreten hatte, um die berühmten "Bühnenweihfestsvicle"
nach besten Kräften mitfeiern zu helfe", drängte sich mir ein
Gedanke auf, der sich zwar unter den vielen großen und merk¬
würdigen Gedanken, die in und um Baireuth von und über

Wagner gedacht worden sind und -- was die über Wagner betnfft -- zur
nämlichen Zeit jedenfalls noch gedacht wurden und noch später werden gedacht
werden, sehr unbedeutend aufnahm, mir aber doch in jenem Momente als die
Quintessenz dessen erschien, was durch die mannichfach mir sich bietenden Ein¬
drücke in mir an- und aufgeregt wurde. Es war, in Worte gefaßt, der ein-
fache Satz: Wie schlecht paßt doch manchmal die Theorie zur Praxis!

Was hatte Wagner mit dem ganzen großen und kostspieligen Apparat
bezweckt, der als Plan teils angestaunt, teils bespöttelt worden, im Stadium
der Vorbereitung ein angst- und mühevolles Hasten, Ringen und Kämpfen ge¬
wesen war und als endlich fertiges Werk den Beifall und die Bewunderung
fast der gauzen gebildete" Welt Wirklich?) erregt hatte? Der "Meister" hat
auf diese Frage selbst oft genug und ausführlich Antwort gegeben. Er wollte
ein erwähltes Publikum, das ausschließlich oder wenigstens hauptsächlich sich
für seiue Musik interessirte, a" einem Orte versammeln, der gewissermaßen nur
diesem einen Interesse Raum gewährte; er wollte die Begeisterten oder Be-
-


Grmzbvteul. 188S, ,8
Das Publikum.

bekannt. So wird das einzige bis jetzt bekannte Exemplar von den „Zehn Ge¬
boten," dein „Totentanz" und der „Fabel vom kranken Löwen" in der Uni¬
versitätsbibliothek zu Heidelberg, von dem „Buch der Könige" in der Hof¬
bibliothek zu Wien, von dem „Zcitglöcklein des Lebens Jesu" in Bamberg, vom
„Apostolischen Glaubensbekenntnis" in München, vom „Hcilsspiegel" im Haag
bewahrt. Wieder andre sind nur in einem verstümmelten Exemplare vorhanden.
So befand sich ein Bogen der Geschichte vom heiligen Kreuz in der Weigclschen
Sammlung, während vom Planetarium ein unvollständiges Exemplar im Bri¬
tischen Museum vorhanden ist.

(Schluß folgt.)




Vas Publikum.
<Lin Nachklang aus Baireuth.
von Hans Marbach.

is ich im Jahre 1884 zum erstenmale den geweihten Boden von
Baireuth betreten hatte, um die berühmten „Bühnenweihfestsvicle"
nach besten Kräften mitfeiern zu helfe», drängte sich mir ein
Gedanke auf, der sich zwar unter den vielen großen und merk¬
würdigen Gedanken, die in und um Baireuth von und über

Wagner gedacht worden sind und — was die über Wagner betnfft — zur
nämlichen Zeit jedenfalls noch gedacht wurden und noch später werden gedacht
werden, sehr unbedeutend aufnahm, mir aber doch in jenem Momente als die
Quintessenz dessen erschien, was durch die mannichfach mir sich bietenden Ein¬
drücke in mir an- und aufgeregt wurde. Es war, in Worte gefaßt, der ein-
fache Satz: Wie schlecht paßt doch manchmal die Theorie zur Praxis!

Was hatte Wagner mit dem ganzen großen und kostspieligen Apparat
bezweckt, der als Plan teils angestaunt, teils bespöttelt worden, im Stadium
der Vorbereitung ein angst- und mühevolles Hasten, Ringen und Kämpfen ge¬
wesen war und als endlich fertiges Werk den Beifall und die Bewunderung
fast der gauzen gebildete» Welt Wirklich?) erregt hatte? Der „Meister" hat
auf diese Frage selbst oft genug und ausführlich Antwort gegeben. Er wollte
ein erwähltes Publikum, das ausschließlich oder wenigstens hauptsächlich sich
für seiue Musik interessirte, a» einem Orte versammeln, der gewissermaßen nur
diesem einen Interesse Raum gewährte; er wollte die Begeisterten oder Be-
-


Grmzbvteul. 188S, ,8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194825"/>
          <fw type="header" place="top"> Das Publikum.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_453" prev="#ID_452"> bekannt. So wird das einzige bis jetzt bekannte Exemplar von den &#x201E;Zehn Ge¬<lb/>
boten," dein &#x201E;Totentanz" und der &#x201E;Fabel vom kranken Löwen" in der Uni¬<lb/>
versitätsbibliothek zu Heidelberg, von dem &#x201E;Buch der Könige" in der Hof¬<lb/>
bibliothek zu Wien, von dem &#x201E;Zcitglöcklein des Lebens Jesu" in Bamberg, vom<lb/>
&#x201E;Apostolischen Glaubensbekenntnis" in München, vom &#x201E;Hcilsspiegel" im Haag<lb/>
bewahrt. Wieder andre sind nur in einem verstümmelten Exemplare vorhanden.<lb/>
So befand sich ein Bogen der Geschichte vom heiligen Kreuz in der Weigclschen<lb/>
Sammlung, während vom Planetarium ein unvollständiges Exemplar im Bri¬<lb/>
tischen Museum vorhanden ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_454"> (Schluß folgt.)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Vas Publikum.<lb/>
&lt;Lin Nachklang aus Baireuth.<lb/><note type="byline"> von Hans Marbach.</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_455"> is ich im Jahre 1884 zum erstenmale den geweihten Boden von<lb/>
Baireuth betreten hatte, um die berühmten &#x201E;Bühnenweihfestsvicle"<lb/>
nach besten Kräften mitfeiern zu helfe», drängte sich mir ein<lb/>
Gedanke auf, der sich zwar unter den vielen großen und merk¬<lb/>
würdigen Gedanken, die in und um Baireuth von und über</p><lb/>
          <p xml:id="ID_456"> Wagner gedacht worden sind und &#x2014; was die über Wagner betnfft &#x2014; zur<lb/>
nämlichen Zeit jedenfalls noch gedacht wurden und noch später werden gedacht<lb/>
werden, sehr unbedeutend aufnahm, mir aber doch in jenem Momente als die<lb/>
Quintessenz dessen erschien, was durch die mannichfach mir sich bietenden Ein¬<lb/>
drücke in mir an- und aufgeregt wurde. Es war, in Worte gefaßt, der ein-<lb/>
fache Satz: Wie schlecht paßt doch manchmal die Theorie zur Praxis!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_457" next="#ID_458"> Was hatte Wagner mit dem ganzen großen und kostspieligen Apparat<lb/>
bezweckt, der als Plan teils angestaunt, teils bespöttelt worden, im Stadium<lb/>
der Vorbereitung ein angst- und mühevolles Hasten, Ringen und Kämpfen ge¬<lb/>
wesen war und als endlich fertiges Werk den Beifall und die Bewunderung<lb/>
fast der gauzen gebildete» Welt Wirklich?) erregt hatte? Der &#x201E;Meister" hat<lb/>
auf diese Frage selbst oft genug und ausführlich Antwort gegeben. Er wollte<lb/>
ein erwähltes Publikum, das ausschließlich oder wenigstens hauptsächlich sich<lb/>
für seiue Musik interessirte, a» einem Orte versammeln, der gewissermaßen nur<lb/>
diesem einen Interesse Raum gewährte; er wollte die Begeisterten oder Be-<lb/>
-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grmzbvteul. 188S, ,8</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0149] Das Publikum. bekannt. So wird das einzige bis jetzt bekannte Exemplar von den „Zehn Ge¬ boten," dein „Totentanz" und der „Fabel vom kranken Löwen" in der Uni¬ versitätsbibliothek zu Heidelberg, von dem „Buch der Könige" in der Hof¬ bibliothek zu Wien, von dem „Zcitglöcklein des Lebens Jesu" in Bamberg, vom „Apostolischen Glaubensbekenntnis" in München, vom „Hcilsspiegel" im Haag bewahrt. Wieder andre sind nur in einem verstümmelten Exemplare vorhanden. So befand sich ein Bogen der Geschichte vom heiligen Kreuz in der Weigclschen Sammlung, während vom Planetarium ein unvollständiges Exemplar im Bri¬ tischen Museum vorhanden ist. (Schluß folgt.) Vas Publikum. <Lin Nachklang aus Baireuth. von Hans Marbach. is ich im Jahre 1884 zum erstenmale den geweihten Boden von Baireuth betreten hatte, um die berühmten „Bühnenweihfestsvicle" nach besten Kräften mitfeiern zu helfe», drängte sich mir ein Gedanke auf, der sich zwar unter den vielen großen und merk¬ würdigen Gedanken, die in und um Baireuth von und über Wagner gedacht worden sind und — was die über Wagner betnfft — zur nämlichen Zeit jedenfalls noch gedacht wurden und noch später werden gedacht werden, sehr unbedeutend aufnahm, mir aber doch in jenem Momente als die Quintessenz dessen erschien, was durch die mannichfach mir sich bietenden Ein¬ drücke in mir an- und aufgeregt wurde. Es war, in Worte gefaßt, der ein- fache Satz: Wie schlecht paßt doch manchmal die Theorie zur Praxis! Was hatte Wagner mit dem ganzen großen und kostspieligen Apparat bezweckt, der als Plan teils angestaunt, teils bespöttelt worden, im Stadium der Vorbereitung ein angst- und mühevolles Hasten, Ringen und Kämpfen ge¬ wesen war und als endlich fertiges Werk den Beifall und die Bewunderung fast der gauzen gebildete» Welt Wirklich?) erregt hatte? Der „Meister" hat auf diese Frage selbst oft genug und ausführlich Antwort gegeben. Er wollte ein erwähltes Publikum, das ausschließlich oder wenigstens hauptsächlich sich für seiue Musik interessirte, a» einem Orte versammeln, der gewissermaßen nur diesem einen Interesse Raum gewährte; er wollte die Begeisterten oder Be- - Grmzbvteul. 188S, ,8

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/149
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/149>, abgerufen am 12.11.2024.