Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Literatur. den Geist des Dichters systematisch dolerite, auf deren breitem Felde unter dem Oder haben wir es wirklich nur mit einem Schülerversuch zu thun? Hatte Literatur. Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn von Fr, Liszt, In das Deutsche über¬ Franz Liszt war seinerzeit der erste Klaviervirtuose der Welt, Er hat das Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig, Verlag von F, L, Herbig in Leipzig, -- Druck von Carl Marquart in Reudnitz-Leipzig. Literatur. den Geist des Dichters systematisch dolerite, auf deren breitem Felde unter dem Oder haben wir es wirklich nur mit einem Schülerversuch zu thun? Hatte Literatur. Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn von Fr, Liszt, In das Deutsche über¬ Franz Liszt war seinerzeit der erste Klaviervirtuose der Welt, Er hat das Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig, Verlag von F, L, Herbig in Leipzig, — Druck von Carl Marquart in Reudnitz-Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155213"/> <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1366" prev="#ID_1365"> den Geist des Dichters systematisch dolerite, auf deren breitem Felde unter dem<lb/> Texte der fadeste Quartanerkohl gebaut wird! Armer Lessing!</p><lb/> <p xml:id="ID_1367"> Oder haben wir es wirklich nur mit einem Schülerversuch zu thun? Hatte<lb/> der Papa, unter dessen Namen die Anmerkungen gehen, keine Zeit und ließ die<lb/> Arbeit von seinem Söhnchen besorgen? Möchte er doch dann künftighin dem<lb/> armen Kinde weniger schwere Aufgaben stellen, als es Lessing-Jnterpretatiunen<lb/> sind. Lessing ist doch wohl mich zu gut, als daß ein Kinderverstand mit seiner<lb/> Erklärung betraut werde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_1368"> Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn von Fr, Liszt, In das Deutsche über¬<lb/> tragen von L, Nnmcinu, Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1883, 396 S,</p><lb/> <p xml:id="ID_1369"> Franz Liszt war seinerzeit der erste Klaviervirtuose der Welt, Er hat das<lb/> Klnvierspiel zu einer bis dahin ungeahnten Bedeutung erhoben. Hierdurch hat<lb/> er sich einen dauernden Platz in der Kunstgeschichte erworben. Er hat dann der<lb/> Richtung von Richard Wagner sich angeschlossen, für diesen eine Schule zu bilden<lb/> gesucht und in dessen Sinne Kompositionen, „symphonische Dichtungen," Ora¬<lb/> torien ?c, geschaffen. Sein Verdienst ans diesem Gebiete ist minder unzweifel¬<lb/> hafter Nntnr. Wir erinnern uns noch einer Äußerung von Moritz Hauptmann,<lb/> welcher, als einstmals die von Liszt für die Stadt Gran komponirte Messe in<lb/> Leipzig aufgeführt worden war, von dort einem Freunde schrieb: Die Graner Messe<lb/> scheine ihm noch schlechter ausgefallen zu sein als die letzte Leipziger. Endlich<lb/> hat Liszt auch zum Schriftstellertum sich gewendet, und das vorliegende Werk bildet<lb/> bereits den sechsten Band der von der Verlagsbuchhandlung reich ausgestatteten<lb/> „Gesammelten Schriften" Liszts, Ein Interesse für das Buch knüpft sich natur¬<lb/> gemäß schon an den Namen des Verfassers. Das Buch schildert das Leben und<lb/> Treiben eines interessanten Volksstammes, welcher vorzugsweise in Liszts Heimats-<lb/> lande seine Stätte gefunden hat. Es wird auch eine Vergleichung desselben ge¬<lb/> zogen mit einem andern bei uns eingewandert»! Volksstamme, den Juden. Von<lb/> der Musik der Zigeuner, über welche mau gerade von Liszt interessante Aufschlüsse<lb/> erwartet, ist erst im letzten Drittel des Buches die Rede. Dabei ist uns wieder<lb/> lebhaft in den Sinn gekommen, wie wenig das Wort dazu geeignet ist, das innere<lb/> Wesen der Musik zu schildern. Hätte der Verfasser seinen Darlegungen nur einige<lb/> wringe auf Noten gesetzte zigeunerische Musikstücke zu Grunde gelegt, so würde er<lb/> dadurch, mindestens für Mnsikverständige, ein weit klareres Bild von den Eigen¬<lb/> tümlichkeiten der Zigeunermusik erweckt haben, als mit all seinen Worten. Aber<lb/> vielleicht ist es dem Verfasser garnicht um die Musikverständigen zu thun gewesen,<lb/> sondern mehr um solche Leute, die ein liebenswürdiges Geplauder an sich vorüber¬<lb/> gehen lassen wollen. Von diesem Standpunkte aus hat das Buch gewiß sein Ziel<lb/> erreicht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig,<lb/> Verlag von F, L, Herbig in Leipzig, — Druck von Carl Marquart in Reudnitz-Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
Literatur.
den Geist des Dichters systematisch dolerite, auf deren breitem Felde unter dem
Texte der fadeste Quartanerkohl gebaut wird! Armer Lessing!
Oder haben wir es wirklich nur mit einem Schülerversuch zu thun? Hatte
der Papa, unter dessen Namen die Anmerkungen gehen, keine Zeit und ließ die
Arbeit von seinem Söhnchen besorgen? Möchte er doch dann künftighin dem
armen Kinde weniger schwere Aufgaben stellen, als es Lessing-Jnterpretatiunen
sind. Lessing ist doch wohl mich zu gut, als daß ein Kinderverstand mit seiner
Erklärung betraut werde.
Literatur.
Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn von Fr, Liszt, In das Deutsche über¬
tragen von L, Nnmcinu, Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1883, 396 S,
Franz Liszt war seinerzeit der erste Klaviervirtuose der Welt, Er hat das
Klnvierspiel zu einer bis dahin ungeahnten Bedeutung erhoben. Hierdurch hat
er sich einen dauernden Platz in der Kunstgeschichte erworben. Er hat dann der
Richtung von Richard Wagner sich angeschlossen, für diesen eine Schule zu bilden
gesucht und in dessen Sinne Kompositionen, „symphonische Dichtungen," Ora¬
torien ?c, geschaffen. Sein Verdienst ans diesem Gebiete ist minder unzweifel¬
hafter Nntnr. Wir erinnern uns noch einer Äußerung von Moritz Hauptmann,
welcher, als einstmals die von Liszt für die Stadt Gran komponirte Messe in
Leipzig aufgeführt worden war, von dort einem Freunde schrieb: Die Graner Messe
scheine ihm noch schlechter ausgefallen zu sein als die letzte Leipziger. Endlich
hat Liszt auch zum Schriftstellertum sich gewendet, und das vorliegende Werk bildet
bereits den sechsten Band der von der Verlagsbuchhandlung reich ausgestatteten
„Gesammelten Schriften" Liszts, Ein Interesse für das Buch knüpft sich natur¬
gemäß schon an den Namen des Verfassers. Das Buch schildert das Leben und
Treiben eines interessanten Volksstammes, welcher vorzugsweise in Liszts Heimats-
lande seine Stätte gefunden hat. Es wird auch eine Vergleichung desselben ge¬
zogen mit einem andern bei uns eingewandert»! Volksstamme, den Juden. Von
der Musik der Zigeuner, über welche mau gerade von Liszt interessante Aufschlüsse
erwartet, ist erst im letzten Drittel des Buches die Rede. Dabei ist uns wieder
lebhaft in den Sinn gekommen, wie wenig das Wort dazu geeignet ist, das innere
Wesen der Musik zu schildern. Hätte der Verfasser seinen Darlegungen nur einige
wringe auf Noten gesetzte zigeunerische Musikstücke zu Grunde gelegt, so würde er
dadurch, mindestens für Mnsikverständige, ein weit klareres Bild von den Eigen¬
tümlichkeiten der Zigeunermusik erweckt haben, als mit all seinen Worten. Aber
vielleicht ist es dem Verfasser garnicht um die Musikverständigen zu thun gewesen,
sondern mehr um solche Leute, die ein liebenswürdiges Geplauder an sich vorüber¬
gehen lassen wollen. Von diesem Standpunkte aus hat das Buch gewiß sein Ziel
erreicht.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig,
Verlag von F, L, Herbig in Leipzig, — Druck von Carl Marquart in Reudnitz-Leipzig.
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