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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Sie niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

haben nie so gute Geschäfte gemacht wie im vergangenen Sommer und sind
für die Einrichtung der Quarantäne aufrichtig dankbar.

Eine energische Regierung würde die Grenzjäger anders im Zaume halten,
als es jetzt geschieht. Aber dieselbe Erscheinung wiederholt sich überall bei ähn¬
lichen Beamtenkategorien und tritt nirgends stärker hervor als in Rom und
seiner Umgebung. Daß der Bahnhofsvorsteher in Albano das Wartezimmer
erster Klasse ausschließt, ist ein seltenes Ereignis in seinem thätigen Leben. Auf
der Eisenbahn von Marino nach Rom war ich Zeuge, wie ein Herr in dem
Koupee neben uns krampfhaft nach dem Schaffner rief, der während eines fünf¬
minutenlangen Aufenthaltes in Ciampino durch keine Stimmgewalt zu erlangen
war. Die Thür zwischen unserm Koupee und dem des verzweifelnden Reisenden
war, wie alles auf dieser Linie möglichst erbärmlich ist, so verklommen, daß sie
niemand zu öffnen vermochte, und der Unglückliche mußte richtig eine halbe
Stunde länger im Zuge bleiben und dann zusehen, wie er zu Fuße zurückkam;
ein Zug ging nicht mehr, da der letzte Tageszug gerade an diesem Tage -- na¬
türlich ohne die Sache in Rom bekannt zu machen -- eingestellt worden war.

Derartige Beispiele könnte man, wenn es nicht zu langweilig wäre, in
großer Zahl anführen; unwillkürlich denkt man dabei, ob nicht der König das
Wort, welches er an den Ministerpräsidenten in Neapel richtete, manchmal auch
sonst äußern könnte. Als dieser ihm nämlich Vorstellungen darüber machte,
daß er durch den Besuch der Cholerakranken sein Leben aussetze, und dabei die
Frage aufwarf, wie das Ministerium dies vor dem Parlamente verantworten
solle, erwiederte der König: "Sie haben eine sehr einfache Antwort zu erteilen,
Herr Depretis. Sagen Sie: der König hat es gewollt!"


F. Lyssenhardt.


Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.
von Adolf Rosenberg.

Der alte Brueghel. -- Jan Brueghel der ältere. -- Paul Bril und Rotten-
Hammer. -- Die Kabinetsinalerei.

0ehrere Monate sind verflossen, seitdem ich den dritten der unter
obigem Titel zusammengefaßten Artikel an dieser Stelle ver¬
öffentlicht habe. Derselbe beschäftigte sich in seiner zweiten Hälfte
mit Pieter Brueghel dem älteren, dem Haupte jener Künstler-
familie, deren Glieder in den südlichen Niederlanden für verschiedneAM
As
Zweige der Malerei, für das Genre, die Landschaft und das Blumenstück, habn-


Sie niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

haben nie so gute Geschäfte gemacht wie im vergangenen Sommer und sind
für die Einrichtung der Quarantäne aufrichtig dankbar.

Eine energische Regierung würde die Grenzjäger anders im Zaume halten,
als es jetzt geschieht. Aber dieselbe Erscheinung wiederholt sich überall bei ähn¬
lichen Beamtenkategorien und tritt nirgends stärker hervor als in Rom und
seiner Umgebung. Daß der Bahnhofsvorsteher in Albano das Wartezimmer
erster Klasse ausschließt, ist ein seltenes Ereignis in seinem thätigen Leben. Auf
der Eisenbahn von Marino nach Rom war ich Zeuge, wie ein Herr in dem
Koupee neben uns krampfhaft nach dem Schaffner rief, der während eines fünf¬
minutenlangen Aufenthaltes in Ciampino durch keine Stimmgewalt zu erlangen
war. Die Thür zwischen unserm Koupee und dem des verzweifelnden Reisenden
war, wie alles auf dieser Linie möglichst erbärmlich ist, so verklommen, daß sie
niemand zu öffnen vermochte, und der Unglückliche mußte richtig eine halbe
Stunde länger im Zuge bleiben und dann zusehen, wie er zu Fuße zurückkam;
ein Zug ging nicht mehr, da der letzte Tageszug gerade an diesem Tage — na¬
türlich ohne die Sache in Rom bekannt zu machen — eingestellt worden war.

Derartige Beispiele könnte man, wenn es nicht zu langweilig wäre, in
großer Zahl anführen; unwillkürlich denkt man dabei, ob nicht der König das
Wort, welches er an den Ministerpräsidenten in Neapel richtete, manchmal auch
sonst äußern könnte. Als dieser ihm nämlich Vorstellungen darüber machte,
daß er durch den Besuch der Cholerakranken sein Leben aussetze, und dabei die
Frage aufwarf, wie das Ministerium dies vor dem Parlamente verantworten
solle, erwiederte der König: „Sie haben eine sehr einfache Antwort zu erteilen,
Herr Depretis. Sagen Sie: der König hat es gewollt!"


F. Lyssenhardt.


Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.
von Adolf Rosenberg.

Der alte Brueghel. — Jan Brueghel der ältere. — Paul Bril und Rotten-
Hammer. — Die Kabinetsinalerei.

0ehrere Monate sind verflossen, seitdem ich den dritten der unter
obigem Titel zusammengefaßten Artikel an dieser Stelle ver¬
öffentlicht habe. Derselbe beschäftigte sich in seiner zweiten Hälfte
mit Pieter Brueghel dem älteren, dem Haupte jener Künstler-
familie, deren Glieder in den südlichen Niederlanden für verschiedneAM
As
Zweige der Malerei, für das Genre, die Landschaft und das Blumenstück, habn-


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[0418] Sie niederländische Genre- und Landschaftsmalerei. haben nie so gute Geschäfte gemacht wie im vergangenen Sommer und sind für die Einrichtung der Quarantäne aufrichtig dankbar. Eine energische Regierung würde die Grenzjäger anders im Zaume halten, als es jetzt geschieht. Aber dieselbe Erscheinung wiederholt sich überall bei ähn¬ lichen Beamtenkategorien und tritt nirgends stärker hervor als in Rom und seiner Umgebung. Daß der Bahnhofsvorsteher in Albano das Wartezimmer erster Klasse ausschließt, ist ein seltenes Ereignis in seinem thätigen Leben. Auf der Eisenbahn von Marino nach Rom war ich Zeuge, wie ein Herr in dem Koupee neben uns krampfhaft nach dem Schaffner rief, der während eines fünf¬ minutenlangen Aufenthaltes in Ciampino durch keine Stimmgewalt zu erlangen war. Die Thür zwischen unserm Koupee und dem des verzweifelnden Reisenden war, wie alles auf dieser Linie möglichst erbärmlich ist, so verklommen, daß sie niemand zu öffnen vermochte, und der Unglückliche mußte richtig eine halbe Stunde länger im Zuge bleiben und dann zusehen, wie er zu Fuße zurückkam; ein Zug ging nicht mehr, da der letzte Tageszug gerade an diesem Tage — na¬ türlich ohne die Sache in Rom bekannt zu machen — eingestellt worden war. Derartige Beispiele könnte man, wenn es nicht zu langweilig wäre, in großer Zahl anführen; unwillkürlich denkt man dabei, ob nicht der König das Wort, welches er an den Ministerpräsidenten in Neapel richtete, manchmal auch sonst äußern könnte. Als dieser ihm nämlich Vorstellungen darüber machte, daß er durch den Besuch der Cholerakranken sein Leben aussetze, und dabei die Frage aufwarf, wie das Ministerium dies vor dem Parlamente verantworten solle, erwiederte der König: „Sie haben eine sehr einfache Antwort zu erteilen, Herr Depretis. Sagen Sie: der König hat es gewollt!" F. Lyssenhardt. Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei. von Adolf Rosenberg. Der alte Brueghel. — Jan Brueghel der ältere. — Paul Bril und Rotten- Hammer. — Die Kabinetsinalerei. 0ehrere Monate sind verflossen, seitdem ich den dritten der unter obigem Titel zusammengefaßten Artikel an dieser Stelle ver¬ öffentlicht habe. Derselbe beschäftigte sich in seiner zweiten Hälfte mit Pieter Brueghel dem älteren, dem Haupte jener Künstler- familie, deren Glieder in den südlichen Niederlanden für verschiedneAM As Zweige der Malerei, für das Genre, die Landschaft und das Blumenstück, habn-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/418>, abgerufen am 27.12.2024.