Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Der streit zwischen Frankreich und (Lhina.

le Meinungsdifferenz zwischen Frankreich und der Regierung in
Peking hat noch nichts von ihrem bedrohlichen Charakter verloren.
Der Präsident Gropp und der Premierminister Ferry scheinen
einen Krieg mit China nicht zu scheuen und sollen entschlossen
sein, dessen Ansprüche, die vorzüglich auf Fortdauer des Suze-
rünetätsverhältnisfes zwischen dem Sohne des Himmels und dem Gebieter von
Arran und auf Umwandlung eines Teiles von Tonkin in eine neutrale Grenz¬
zone hinauslaufen, zurückzuweisen, während Challemel-Lacour, der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, versöhnlichem Ansichten huldigen soll. Der chine¬
sische Gesandte bei den westmächtlichen Höfen, Marquis Tseng, ist nach einer
kurzen Verhandlung mit dem letztern, bei welcher dieser sich ungewöhnlicher Höf¬
lichkeit befleißigte, nach London zurückgereist, wie er selbst erklärt hat, ohne bei
der Zusammenkunft zu definitiven Ergebnissen gelangt zu sein. Er hat in Fvlte-
stone einem Korrespondenten der Neuen Freien Presse Mitteilungen gemacht,
die durchaus nicht beruhigender Art sind. Er habe, sagte er, die Frage eines
Verzichts Chinas auf die Suzeränetät über Arran mit dem französischen Mi¬
nister garnicht besprochen, da hierbei von Nachgiebigkeit seiner Regierung nicht
die Rede sein könne. Auch von den übrigen von ihm gestellten Forderungen
könne er keine aufgeben, namentlich nicht die neutrale Zone, da man in
Peking Frankreich nicht zum Greuznachbar haben wolle. Die von letzterem be¬
absichtigte Absendung neuer Verstärkungen nach Tonkin endlich bezeichnete er
als einen sehr bedenklichen Schritt, da sie China nötigen würde, die bis jetzt be¬
obachtete Zurückhaltung aufzugeben und seine Truppen über die Grenze gehen
zu lassen. Er bemerkte in dieser Beziehung: Die Militärpartei gewinnt in


Grenzboten III. 1883. 82


Der streit zwischen Frankreich und (Lhina.

le Meinungsdifferenz zwischen Frankreich und der Regierung in
Peking hat noch nichts von ihrem bedrohlichen Charakter verloren.
Der Präsident Gropp und der Premierminister Ferry scheinen
einen Krieg mit China nicht zu scheuen und sollen entschlossen
sein, dessen Ansprüche, die vorzüglich auf Fortdauer des Suze-
rünetätsverhältnisfes zwischen dem Sohne des Himmels und dem Gebieter von
Arran und auf Umwandlung eines Teiles von Tonkin in eine neutrale Grenz¬
zone hinauslaufen, zurückzuweisen, während Challemel-Lacour, der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, versöhnlichem Ansichten huldigen soll. Der chine¬
sische Gesandte bei den westmächtlichen Höfen, Marquis Tseng, ist nach einer
kurzen Verhandlung mit dem letztern, bei welcher dieser sich ungewöhnlicher Höf¬
lichkeit befleißigte, nach London zurückgereist, wie er selbst erklärt hat, ohne bei
der Zusammenkunft zu definitiven Ergebnissen gelangt zu sein. Er hat in Fvlte-
stone einem Korrespondenten der Neuen Freien Presse Mitteilungen gemacht,
die durchaus nicht beruhigender Art sind. Er habe, sagte er, die Frage eines
Verzichts Chinas auf die Suzeränetät über Arran mit dem französischen Mi¬
nister garnicht besprochen, da hierbei von Nachgiebigkeit seiner Regierung nicht
die Rede sein könne. Auch von den übrigen von ihm gestellten Forderungen
könne er keine aufgeben, namentlich nicht die neutrale Zone, da man in
Peking Frankreich nicht zum Greuznachbar haben wolle. Die von letzterem be¬
absichtigte Absendung neuer Verstärkungen nach Tonkin endlich bezeichnete er
als einen sehr bedenklichen Schritt, da sie China nötigen würde, die bis jetzt be¬
obachtete Zurückhaltung aufzugeben und seine Truppen über die Grenze gehen
zu lassen. Er bemerkte in dieser Beziehung: Die Militärpartei gewinnt in


Grenzboten III. 1883. 82
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0657" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154104"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341837_153446/figures/grenzboten_341837_153446_154104_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Der streit zwischen Frankreich und (Lhina.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2831" next="#ID_2832"> le Meinungsdifferenz zwischen Frankreich und der Regierung in<lb/>
Peking hat noch nichts von ihrem bedrohlichen Charakter verloren.<lb/>
Der Präsident Gropp und der Premierminister Ferry scheinen<lb/>
einen Krieg mit China nicht zu scheuen und sollen entschlossen<lb/>
sein, dessen Ansprüche, die vorzüglich auf Fortdauer des Suze-<lb/>
rünetätsverhältnisfes zwischen dem Sohne des Himmels und dem Gebieter von<lb/>
Arran und auf Umwandlung eines Teiles von Tonkin in eine neutrale Grenz¬<lb/>
zone hinauslaufen, zurückzuweisen, während Challemel-Lacour, der Minister der<lb/>
auswärtigen Angelegenheiten, versöhnlichem Ansichten huldigen soll. Der chine¬<lb/>
sische Gesandte bei den westmächtlichen Höfen, Marquis Tseng, ist nach einer<lb/>
kurzen Verhandlung mit dem letztern, bei welcher dieser sich ungewöhnlicher Höf¬<lb/>
lichkeit befleißigte, nach London zurückgereist, wie er selbst erklärt hat, ohne bei<lb/>
der Zusammenkunft zu definitiven Ergebnissen gelangt zu sein. Er hat in Fvlte-<lb/>
stone einem Korrespondenten der Neuen Freien Presse Mitteilungen gemacht,<lb/>
die durchaus nicht beruhigender Art sind. Er habe, sagte er, die Frage eines<lb/>
Verzichts Chinas auf die Suzeränetät über Arran mit dem französischen Mi¬<lb/>
nister garnicht besprochen, da hierbei von Nachgiebigkeit seiner Regierung nicht<lb/>
die Rede sein könne. Auch von den übrigen von ihm gestellten Forderungen<lb/>
könne er keine aufgeben, namentlich nicht die neutrale Zone, da man in<lb/>
Peking Frankreich nicht zum Greuznachbar haben wolle. Die von letzterem be¬<lb/>
absichtigte Absendung neuer Verstärkungen nach Tonkin endlich bezeichnete er<lb/>
als einen sehr bedenklichen Schritt, da sie China nötigen würde, die bis jetzt be¬<lb/>
obachtete Zurückhaltung aufzugeben und seine Truppen über die Grenze gehen<lb/>
zu lassen. Er bemerkte in dieser Beziehung: Die Militärpartei gewinnt in</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1883. 82</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0657] [Abbildung] Der streit zwischen Frankreich und (Lhina. le Meinungsdifferenz zwischen Frankreich und der Regierung in Peking hat noch nichts von ihrem bedrohlichen Charakter verloren. Der Präsident Gropp und der Premierminister Ferry scheinen einen Krieg mit China nicht zu scheuen und sollen entschlossen sein, dessen Ansprüche, die vorzüglich auf Fortdauer des Suze- rünetätsverhältnisfes zwischen dem Sohne des Himmels und dem Gebieter von Arran und auf Umwandlung eines Teiles von Tonkin in eine neutrale Grenz¬ zone hinauslaufen, zurückzuweisen, während Challemel-Lacour, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, versöhnlichem Ansichten huldigen soll. Der chine¬ sische Gesandte bei den westmächtlichen Höfen, Marquis Tseng, ist nach einer kurzen Verhandlung mit dem letztern, bei welcher dieser sich ungewöhnlicher Höf¬ lichkeit befleißigte, nach London zurückgereist, wie er selbst erklärt hat, ohne bei der Zusammenkunft zu definitiven Ergebnissen gelangt zu sein. Er hat in Fvlte- stone einem Korrespondenten der Neuen Freien Presse Mitteilungen gemacht, die durchaus nicht beruhigender Art sind. Er habe, sagte er, die Frage eines Verzichts Chinas auf die Suzeränetät über Arran mit dem französischen Mi¬ nister garnicht besprochen, da hierbei von Nachgiebigkeit seiner Regierung nicht die Rede sein könne. Auch von den übrigen von ihm gestellten Forderungen könne er keine aufgeben, namentlich nicht die neutrale Zone, da man in Peking Frankreich nicht zum Greuznachbar haben wolle. Die von letzterem be¬ absichtigte Absendung neuer Verstärkungen nach Tonkin endlich bezeichnete er als einen sehr bedenklichen Schritt, da sie China nötigen würde, die bis jetzt be¬ obachtete Zurückhaltung aufzugeben und seine Truppen über die Grenze gehen zu lassen. Er bemerkte in dieser Beziehung: Die Militärpartei gewinnt in Grenzboten III. 1883. 82

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/657
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/657>, abgerufen am 08.09.2024.