Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann Roman von (Gotha). (Fortsetzung.) Einundvierzigstes Uapitel. berhardt war an dem Abend, wo er halb besinmmgslvs das Schloß Dies Ungewisse der Beleuchtung, dieses Grauen in der Natur waren seinem Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann Roman von (Gotha). (Fortsetzung.) Einundvierzigstes Uapitel. berhardt war an dem Abend, wo er halb besinmmgslvs das Schloß Dies Ungewisse der Beleuchtung, dieses Grauen in der Natur waren seinem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0371" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153818"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Grafen von Altenschwerdt.<lb/><note type="byline"> August Niemann</note> Roman von (Gotha).<lb/> (Fortsetzung.)</head><lb/> <div n="2"> <head> Einundvierzigstes Uapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_1550"> berhardt war an dem Abend, wo er halb besinmmgslvs das Schloß<lb/> verlassen hatte, nach dem Dorfe und seinem kleinen Gasthause<lb/> zurückgewandert, ohne den Weg zu sehen, den er einschlug. Er<lb/> erfüllte die Luft mit seinen Seufzern, und sein trostloser Blick<lb/> irrte von der Erde zum Himmel und vom Himmel zur Erde,<lb/> ohne anders als in einem angstvollen Traume die ihn um¬<lb/> gebende Natur zu empfinden. Erst als er das Haus erreichte, wo er so manche<lb/> glückliche und sehnsuchtstrübe Stunde verlebt hatte, und als er die bekannten<lb/> lichten Fenster vor sich sah, fand er sich selbst wieder, indem er zauderte, ein¬<lb/> zutreten und von bekannten Gesichtern begrüßt zu werden. Er schritt vorbei,<lb/> dem Meere zu, dessen Rauschen ihn anlockte. Finster und drohend ragten zu<lb/> seiner Linken die hohen Felsen empor, deren Wurzeln von den schäumenden<lb/> Wassern bespült wurden, und der von der Flut her brausende Wind, der die<lb/> Aste der Bäume ächzen machte, dazu die dunkle Nacht, welche bei mattem<lb/> Sternenschein die Formen der Klippen und Felsen nnr in undeutlichen Um¬<lb/> rissen erkennen ließ, machte diese Stelle der Küste zu einem unheimlichen Orte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551" next="#ID_1552"> Dies Ungewisse der Beleuchtung, dieses Grauen in der Natur waren seinem<lb/> Empfinden gemäß, und er wandte sich den phantastischen Gebilden zu, die aus<lb/> schwarzem Gestein und vereinzelten Bäumen geformt aus den weißlichen Wogen<lb/> hervorragten. Er schritt nahe an den Fuß der Felsen hinan, bis lenkende Wellen<lb/> >hin über die Füße hinwegspülten und die donnernde Brandung sein Ohr be¬<lb/> rauschte. salziger Schaum, vom Winde herübergetragen, flog ihm ins Gesicht<lb/> und durchnäßte sein unbedecktes Haar. Er wandte sich, begierig nach dem Tumult<lb/> der See, einem ansteigenden Pfade zu, den er früher wohl am Tage hinauf¬<lb/> geklommen war, um der weiten Aussicht zu genießen. Nur völlige Gleichgiltig-<lb/> keit gegen das eigne Leben konnte ihn vermögen, diesen schmalen steilen Weg<lb/> in solcher Nacht hinaufzuklettern, und nur ein instinktmäßiges Finden beschützte<lb/> ihn vor dem Sturz. Er erreichte die Höhe mit einem Lächeln über das Wunder,<lb/> daß er uicht zerschellt dort unten liege, wo der weiße Gischt tobte, und er blickte,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0371]
Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann Roman von (Gotha).
(Fortsetzung.)
Einundvierzigstes Uapitel.
berhardt war an dem Abend, wo er halb besinmmgslvs das Schloß
verlassen hatte, nach dem Dorfe und seinem kleinen Gasthause
zurückgewandert, ohne den Weg zu sehen, den er einschlug. Er
erfüllte die Luft mit seinen Seufzern, und sein trostloser Blick
irrte von der Erde zum Himmel und vom Himmel zur Erde,
ohne anders als in einem angstvollen Traume die ihn um¬
gebende Natur zu empfinden. Erst als er das Haus erreichte, wo er so manche
glückliche und sehnsuchtstrübe Stunde verlebt hatte, und als er die bekannten
lichten Fenster vor sich sah, fand er sich selbst wieder, indem er zauderte, ein¬
zutreten und von bekannten Gesichtern begrüßt zu werden. Er schritt vorbei,
dem Meere zu, dessen Rauschen ihn anlockte. Finster und drohend ragten zu
seiner Linken die hohen Felsen empor, deren Wurzeln von den schäumenden
Wassern bespült wurden, und der von der Flut her brausende Wind, der die
Aste der Bäume ächzen machte, dazu die dunkle Nacht, welche bei mattem
Sternenschein die Formen der Klippen und Felsen nnr in undeutlichen Um¬
rissen erkennen ließ, machte diese Stelle der Küste zu einem unheimlichen Orte.
Dies Ungewisse der Beleuchtung, dieses Grauen in der Natur waren seinem
Empfinden gemäß, und er wandte sich den phantastischen Gebilden zu, die aus
schwarzem Gestein und vereinzelten Bäumen geformt aus den weißlichen Wogen
hervorragten. Er schritt nahe an den Fuß der Felsen hinan, bis lenkende Wellen
>hin über die Füße hinwegspülten und die donnernde Brandung sein Ohr be¬
rauschte. salziger Schaum, vom Winde herübergetragen, flog ihm ins Gesicht
und durchnäßte sein unbedecktes Haar. Er wandte sich, begierig nach dem Tumult
der See, einem ansteigenden Pfade zu, den er früher wohl am Tage hinauf¬
geklommen war, um der weiten Aussicht zu genießen. Nur völlige Gleichgiltig-
keit gegen das eigne Leben konnte ihn vermögen, diesen schmalen steilen Weg
in solcher Nacht hinaufzuklettern, und nur ein instinktmäßiges Finden beschützte
ihn vor dem Sturz. Er erreichte die Höhe mit einem Lächeln über das Wunder,
daß er uicht zerschellt dort unten liege, wo der weiße Gischt tobte, und er blickte,
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