Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann ( Roman von Gotha). (Fortsetzung.) le Luftbewegung wurde jetzt so stark, daß die theoretische Er¬ Eberhardt sah die Schwierigkeit, mit welcher das Boot zu kämpfen hatte, Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann ( Roman von Gotha). (Fortsetzung.) le Luftbewegung wurde jetzt so stark, daß die theoretische Er¬ Eberhardt sah die Schwierigkeit, mit welcher das Boot zu kämpfen hatte, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153549"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Grafen von Altenschwerdt.<lb/><note type="byline"> August Niemann (</note> Roman von Gotha).<lb/> (Fortsetzung.)</head><lb/> <p xml:id="ID_375"> le Luftbewegung wurde jetzt so stark, daß die theoretische Er¬<lb/> wägung ihrer Natur vor den praktischen Maßregeln zu ihrer Be¬<lb/> kämpfung völlig zurücktrat. Die Schaluppe war im Begriff, die<lb/> Ribbesdorfer Ecke zu umfahren, und es schien, als habe der Sturm<lb/> nur auf diesen Augenblick gewartet, um mit ungehemmter Kraft<lb/> loszubrechen. Eine lang aufschwellende Woge von gewaltiger<lb/> Breite kam von Norden herangewälzt, und über ihr zog eine gleichsam auf<lb/> dem Wasser lastende Wolke, welche mit ihrem Drucke die Flut vor sich her trieb.<lb/> Ein dumpfes Sausen scholl aus jener Richtung und übertönte die einzelnen<lb/> Windstöße und das Rauschen der nahen Wellen. Beim Nahen jener langen<lb/> Woge sprang der junge Schiffer auf einen Wink seines Vaters an das Segel,<lb/> ließ es mit Andrews Hilfe herunter und rollte es auf. Es war die höchste<lb/> Zeit gewesen, denn jetzt, gerade beim Wenden um die nach Norden vorspringende<lb/> Ecke, packte der heranrascnde Sturm das kleine Schiff und fuhr mit Gewalt<lb/> um den nackten Mast und die pfeifenden Taue. Mühsam erklomm der Kiel<lb/> die hohe Woge, die sich vor ihm aufthürmte, und dann fuhr die Schaluppe jäh<lb/> hinab in ein tiefes Thal, um von neuem wieder emporzusteigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_376" next="#ID_377"> Eberhardt sah die Schwierigkeit, mit welcher das Boot zu kämpfen hatte,<lb/> um das Einschlagen der Wellen zu vermeiden und nicht nach der Küste geworfen<lb/> zu werden, während das Fehlen des Segels die Lenkung erschwerte. Er löste<lb/> den Schiffer am Steuer ab, und dann griffen seine drei Begleiter zu den Ru¬<lb/> dern. Der Strand war an der Ribbesdorfer Ecke auf eine Strecke von einer<lb/> halben Meile hin mit Felsblöcken bedeckt, welche durcheinander und übereinander<lb/> gethürmt dalagen, als wären beim Ansturm des Meeres in frühern Zeiten die<lb/> schützenden Felsenmauern des Landes zusammengebrochen und die Wogen hätten<lb/> mit ihren Trümmern gespielt. Diese Blöcke lagen an einzelnen Stellen weit<lb/> vorgeschoben von der Küste im Wasser, ihre Ecken und Kanten ragten schwarz<lb/> hervor aus dem weißen Gischt der Brandung, und es konnte verderblich für das<lb/> Boot werden, wenn es dem Nordwind gelang, es auf diese Klippen zu werfen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann ( Roman von Gotha).
(Fortsetzung.)
le Luftbewegung wurde jetzt so stark, daß die theoretische Er¬
wägung ihrer Natur vor den praktischen Maßregeln zu ihrer Be¬
kämpfung völlig zurücktrat. Die Schaluppe war im Begriff, die
Ribbesdorfer Ecke zu umfahren, und es schien, als habe der Sturm
nur auf diesen Augenblick gewartet, um mit ungehemmter Kraft
loszubrechen. Eine lang aufschwellende Woge von gewaltiger
Breite kam von Norden herangewälzt, und über ihr zog eine gleichsam auf
dem Wasser lastende Wolke, welche mit ihrem Drucke die Flut vor sich her trieb.
Ein dumpfes Sausen scholl aus jener Richtung und übertönte die einzelnen
Windstöße und das Rauschen der nahen Wellen. Beim Nahen jener langen
Woge sprang der junge Schiffer auf einen Wink seines Vaters an das Segel,
ließ es mit Andrews Hilfe herunter und rollte es auf. Es war die höchste
Zeit gewesen, denn jetzt, gerade beim Wenden um die nach Norden vorspringende
Ecke, packte der heranrascnde Sturm das kleine Schiff und fuhr mit Gewalt
um den nackten Mast und die pfeifenden Taue. Mühsam erklomm der Kiel
die hohe Woge, die sich vor ihm aufthürmte, und dann fuhr die Schaluppe jäh
hinab in ein tiefes Thal, um von neuem wieder emporzusteigen.
Eberhardt sah die Schwierigkeit, mit welcher das Boot zu kämpfen hatte,
um das Einschlagen der Wellen zu vermeiden und nicht nach der Küste geworfen
zu werden, während das Fehlen des Segels die Lenkung erschwerte. Er löste
den Schiffer am Steuer ab, und dann griffen seine drei Begleiter zu den Ru¬
dern. Der Strand war an der Ribbesdorfer Ecke auf eine Strecke von einer
halben Meile hin mit Felsblöcken bedeckt, welche durcheinander und übereinander
gethürmt dalagen, als wären beim Ansturm des Meeres in frühern Zeiten die
schützenden Felsenmauern des Landes zusammengebrochen und die Wogen hätten
mit ihren Trümmern gespielt. Diese Blöcke lagen an einzelnen Stellen weit
vorgeschoben von der Küste im Wasser, ihre Ecken und Kanten ragten schwarz
hervor aus dem weißen Gischt der Brandung, und es konnte verderblich für das
Boot werden, wenn es dem Nordwind gelang, es auf diese Klippen zu werfen.
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