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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann ( Roman vonGotha).
(Fortsetzung.)
Sechsundzwanzigstes Uapitel.

M^^^W
<MMUle Unruhe, welche Eberhardt von dem Augenblicke an erfüllte,
wo er wußte, daß der General die Angelegenheit seines Herzens
gegenüber dem Baron zur Sprache bringen wollte, gestattete ihm
nicht, ruhig an demselben Fleck zu bleiben und trieb ihn am
Morgen nach dem verhängnisvollen Tage aus seiner Wohnung
in dem kleinen Wirtshause und aus dem Fischerorte hinaus. Es trieb ihn auf
den Weg nach dem Schlosse hin. Eine unwiderstehliche Kraft zog ihn in die
Nähe der Geliebten und spiegelte es ihm als ein Glück vor, doch wenigstens
die düstern Mauern und schweren Thürme .des ihm verschlossenen Paradieses
von weitem zu sehen.

Die vorgerückte Jahreszeit machte sich in der Färbung der Landschaft schon
bemerklich. Das Grün der Eichen und Buchen hatte eine dunkle Schattirung,
während die Linden und Birken schon zu gelblichen und rötlichen Tönen hinüber¬
spielten und die Geschlechter der Weiden in silbergrauen zarten Lichtern spielten.
Von ferne gesehen umzogen sich die einzelnen Waldpartien mit einem bläu¬
liche" Duft. Die Luft war still und kühl, reichlicher Thau lag auf Gras und
Busch.

Eberhardt strich auf schmalem Fußpfade durch den Wald dahin, wobei er bald
gesenkten Hauptes nachdenklich die Bildung der dichten und hohen Farrnkräuter
zwischen den ragenden Stämmen betrachtete, bald zum Himmel emporblickte,
der, von einem leichten Nebelschleier umzogen, noch unschlüssig zu sein schien,
ob er die Sonne wollte durchblicken lassen. Er wanderte über die ihm wohl¬
bekannte Stelle hin, wo er seine erste Begegnung mit Dorothea gehabt hatte,
und verfolgte dann den Weg, den sie zusammen gegangen waren. Alle Gegen¬
stände, welche sich seinem Blicke boten, riefen ihm die süßeste Erinnerung zurück,




Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann ( Roman vonGotha).
(Fortsetzung.)
Sechsundzwanzigstes Uapitel.

M^^^W
<MMUle Unruhe, welche Eberhardt von dem Augenblicke an erfüllte,
wo er wußte, daß der General die Angelegenheit seines Herzens
gegenüber dem Baron zur Sprache bringen wollte, gestattete ihm
nicht, ruhig an demselben Fleck zu bleiben und trieb ihn am
Morgen nach dem verhängnisvollen Tage aus seiner Wohnung
in dem kleinen Wirtshause und aus dem Fischerorte hinaus. Es trieb ihn auf
den Weg nach dem Schlosse hin. Eine unwiderstehliche Kraft zog ihn in die
Nähe der Geliebten und spiegelte es ihm als ein Glück vor, doch wenigstens
die düstern Mauern und schweren Thürme .des ihm verschlossenen Paradieses
von weitem zu sehen.

Die vorgerückte Jahreszeit machte sich in der Färbung der Landschaft schon
bemerklich. Das Grün der Eichen und Buchen hatte eine dunkle Schattirung,
während die Linden und Birken schon zu gelblichen und rötlichen Tönen hinüber¬
spielten und die Geschlechter der Weiden in silbergrauen zarten Lichtern spielten.
Von ferne gesehen umzogen sich die einzelnen Waldpartien mit einem bläu¬
liche» Duft. Die Luft war still und kühl, reichlicher Thau lag auf Gras und
Busch.

Eberhardt strich auf schmalem Fußpfade durch den Wald dahin, wobei er bald
gesenkten Hauptes nachdenklich die Bildung der dichten und hohen Farrnkräuter
zwischen den ragenden Stämmen betrachtete, bald zum Himmel emporblickte,
der, von einem leichten Nebelschleier umzogen, noch unschlüssig zu sein schien,
ob er die Sonne wollte durchblicken lassen. Er wanderte über die ihm wohl¬
bekannte Stelle hin, wo er seine erste Begegnung mit Dorothea gehabt hatte,
und verfolgte dann den Weg, den sie zusammen gegangen waren. Alle Gegen¬
stände, welche sich seinem Blicke boten, riefen ihm die süßeste Erinnerung zurück,


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[0476] [Abbildung] Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann ( Roman vonGotha). (Fortsetzung.) Sechsundzwanzigstes Uapitel. M^^^W <MMUle Unruhe, welche Eberhardt von dem Augenblicke an erfüllte, wo er wußte, daß der General die Angelegenheit seines Herzens gegenüber dem Baron zur Sprache bringen wollte, gestattete ihm nicht, ruhig an demselben Fleck zu bleiben und trieb ihn am Morgen nach dem verhängnisvollen Tage aus seiner Wohnung in dem kleinen Wirtshause und aus dem Fischerorte hinaus. Es trieb ihn auf den Weg nach dem Schlosse hin. Eine unwiderstehliche Kraft zog ihn in die Nähe der Geliebten und spiegelte es ihm als ein Glück vor, doch wenigstens die düstern Mauern und schweren Thürme .des ihm verschlossenen Paradieses von weitem zu sehen. Die vorgerückte Jahreszeit machte sich in der Färbung der Landschaft schon bemerklich. Das Grün der Eichen und Buchen hatte eine dunkle Schattirung, während die Linden und Birken schon zu gelblichen und rötlichen Tönen hinüber¬ spielten und die Geschlechter der Weiden in silbergrauen zarten Lichtern spielten. Von ferne gesehen umzogen sich die einzelnen Waldpartien mit einem bläu¬ liche» Duft. Die Luft war still und kühl, reichlicher Thau lag auf Gras und Busch. Eberhardt strich auf schmalem Fußpfade durch den Wald dahin, wobei er bald gesenkten Hauptes nachdenklich die Bildung der dichten und hohen Farrnkräuter zwischen den ragenden Stämmen betrachtete, bald zum Himmel emporblickte, der, von einem leichten Nebelschleier umzogen, noch unschlüssig zu sein schien, ob er die Sonne wollte durchblicken lassen. Er wanderte über die ihm wohl¬ bekannte Stelle hin, wo er seine erste Begegnung mit Dorothea gehabt hatte, und verfolgte dann den Weg, den sie zusammen gegangen waren. Alle Gegen¬ stände, welche sich seinem Blicke boten, riefen ihm die süßeste Erinnerung zurück,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/476>, abgerufen am 22.07.2024.