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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Bewegungen im deutschen Luchhandel.

Programms durchgesetzt, nicht so viele, als er mit dem Beistände der alten Ver¬
bündeten verwirklicht haben würde, aber immerhin einige von Bedeutung.
Jene andern waren die Konservativen und das Zentrum. Deshalb aber zu
sagen, er sei im junkerlichen Sinne konservativ, also reaktionär, geworden, wäre
genau so ungereimt, als zu behaupten, er sei unter die Ultramontanen gegangen.
Jene beiden Parteien zeigten sich bereit, ihm gewisse Absichten durchdringen zu
helfen, und er nahm dies an. Den gemäßigten Liberalen steht nichts im Wege,
sich ihm von neuem zu unsern und wieder durch Kompromisse mit ihm weiter
zu kommen, wenn sie eine gewisse Grenze ihrer Ansprüche respektiren.

Bis jetzt haben sie dazu geringe Neigung an den Tag gelegt, und das
ist einer der Hauptgründe, weshalb der Kanzler seine ursprünglichen Absichten
dem Ultramontanismus gegenüber modifiziren mußte. Er befindet sich vor
einer stark veränderten Situation. Man unterstützt seine Politik auch in dieser
Angelegenheit nicht mehr wie früher. Ein Teil der Konservativen geht mit
dem Zentrum. Die Fortschrittspartei hat sich mit demselben ebenfalls verbunden
und fördert dessen Bestrebungen. Die Sezessiouisten thun in wesentliche!? Stücken
desgleichen. Die Nationallibcralen aber leisten nur lauen Beistand, sie schweigen
meist, und der Verdacht ist nicht abzuweisen, daß sie sich im stillen freuen,
das Zentrum zu einer gewissen Macht erwachsen zu sehen, daß die Verlegen¬
heiten, die dadurch sür die Regierung entstanden, ihnen recht waren, daß sie
eine schwache Regierung wollen, damit sie selbst stärker erscheinen. So aber
ist die natürliche Folge des Ausfalls der Liberalen aus der Rechnung des
Kanzlers, daß dessen Widerstand gegen die Ansprüche Roms schwächer wurde,
und wenn darüber geklagt wird, so ist die Klage nicht an den Fürsten Bismarck
zu adressiren, sondern an die Parteien, die ihn im Stiche ließen, und in erster
Reihe an die Liberalen.




Bewegungen im deutschen Buchhandel.

u den zweifelhaften Geschenken, mit denen die libercilisirende Ära
unser Vaterland gesegnet hat, gehört auch das Einhcitsporto. Wir
möchten behaupten, daß weder die Eisenbahn mit ihrer Außer¬
kurssetzung so vieler Werte noch das perhorreszirte Tabaksmonopol
so tief einschneidende Wirkungen gehabt haben und haben können,
als das 50 Pfeuuigpacket hervorgebracht hat und noch hervorbringen wird. Der
Maßstab für die Würdigung der Wirkungen solcher Unternehmungen scheint uns


Bewegungen im deutschen Luchhandel.

Programms durchgesetzt, nicht so viele, als er mit dem Beistände der alten Ver¬
bündeten verwirklicht haben würde, aber immerhin einige von Bedeutung.
Jene andern waren die Konservativen und das Zentrum. Deshalb aber zu
sagen, er sei im junkerlichen Sinne konservativ, also reaktionär, geworden, wäre
genau so ungereimt, als zu behaupten, er sei unter die Ultramontanen gegangen.
Jene beiden Parteien zeigten sich bereit, ihm gewisse Absichten durchdringen zu
helfen, und er nahm dies an. Den gemäßigten Liberalen steht nichts im Wege,
sich ihm von neuem zu unsern und wieder durch Kompromisse mit ihm weiter
zu kommen, wenn sie eine gewisse Grenze ihrer Ansprüche respektiren.

Bis jetzt haben sie dazu geringe Neigung an den Tag gelegt, und das
ist einer der Hauptgründe, weshalb der Kanzler seine ursprünglichen Absichten
dem Ultramontanismus gegenüber modifiziren mußte. Er befindet sich vor
einer stark veränderten Situation. Man unterstützt seine Politik auch in dieser
Angelegenheit nicht mehr wie früher. Ein Teil der Konservativen geht mit
dem Zentrum. Die Fortschrittspartei hat sich mit demselben ebenfalls verbunden
und fördert dessen Bestrebungen. Die Sezessiouisten thun in wesentliche!? Stücken
desgleichen. Die Nationallibcralen aber leisten nur lauen Beistand, sie schweigen
meist, und der Verdacht ist nicht abzuweisen, daß sie sich im stillen freuen,
das Zentrum zu einer gewissen Macht erwachsen zu sehen, daß die Verlegen¬
heiten, die dadurch sür die Regierung entstanden, ihnen recht waren, daß sie
eine schwache Regierung wollen, damit sie selbst stärker erscheinen. So aber
ist die natürliche Folge des Ausfalls der Liberalen aus der Rechnung des
Kanzlers, daß dessen Widerstand gegen die Ansprüche Roms schwächer wurde,
und wenn darüber geklagt wird, so ist die Klage nicht an den Fürsten Bismarck
zu adressiren, sondern an die Parteien, die ihn im Stiche ließen, und in erster
Reihe an die Liberalen.




Bewegungen im deutschen Buchhandel.

u den zweifelhaften Geschenken, mit denen die libercilisirende Ära
unser Vaterland gesegnet hat, gehört auch das Einhcitsporto. Wir
möchten behaupten, daß weder die Eisenbahn mit ihrer Außer¬
kurssetzung so vieler Werte noch das perhorreszirte Tabaksmonopol
so tief einschneidende Wirkungen gehabt haben und haben können,
als das 50 Pfeuuigpacket hervorgebracht hat und noch hervorbringen wird. Der
Maßstab für die Würdigung der Wirkungen solcher Unternehmungen scheint uns


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[0437] Bewegungen im deutschen Luchhandel. Programms durchgesetzt, nicht so viele, als er mit dem Beistände der alten Ver¬ bündeten verwirklicht haben würde, aber immerhin einige von Bedeutung. Jene andern waren die Konservativen und das Zentrum. Deshalb aber zu sagen, er sei im junkerlichen Sinne konservativ, also reaktionär, geworden, wäre genau so ungereimt, als zu behaupten, er sei unter die Ultramontanen gegangen. Jene beiden Parteien zeigten sich bereit, ihm gewisse Absichten durchdringen zu helfen, und er nahm dies an. Den gemäßigten Liberalen steht nichts im Wege, sich ihm von neuem zu unsern und wieder durch Kompromisse mit ihm weiter zu kommen, wenn sie eine gewisse Grenze ihrer Ansprüche respektiren. Bis jetzt haben sie dazu geringe Neigung an den Tag gelegt, und das ist einer der Hauptgründe, weshalb der Kanzler seine ursprünglichen Absichten dem Ultramontanismus gegenüber modifiziren mußte. Er befindet sich vor einer stark veränderten Situation. Man unterstützt seine Politik auch in dieser Angelegenheit nicht mehr wie früher. Ein Teil der Konservativen geht mit dem Zentrum. Die Fortschrittspartei hat sich mit demselben ebenfalls verbunden und fördert dessen Bestrebungen. Die Sezessiouisten thun in wesentliche!? Stücken desgleichen. Die Nationallibcralen aber leisten nur lauen Beistand, sie schweigen meist, und der Verdacht ist nicht abzuweisen, daß sie sich im stillen freuen, das Zentrum zu einer gewissen Macht erwachsen zu sehen, daß die Verlegen¬ heiten, die dadurch sür die Regierung entstanden, ihnen recht waren, daß sie eine schwache Regierung wollen, damit sie selbst stärker erscheinen. So aber ist die natürliche Folge des Ausfalls der Liberalen aus der Rechnung des Kanzlers, daß dessen Widerstand gegen die Ansprüche Roms schwächer wurde, und wenn darüber geklagt wird, so ist die Klage nicht an den Fürsten Bismarck zu adressiren, sondern an die Parteien, die ihn im Stiche ließen, und in erster Reihe an die Liberalen. Bewegungen im deutschen Buchhandel. u den zweifelhaften Geschenken, mit denen die libercilisirende Ära unser Vaterland gesegnet hat, gehört auch das Einhcitsporto. Wir möchten behaupten, daß weder die Eisenbahn mit ihrer Außer¬ kurssetzung so vieler Werte noch das perhorreszirte Tabaksmonopol so tief einschneidende Wirkungen gehabt haben und haben können, als das 50 Pfeuuigpacket hervorgebracht hat und noch hervorbringen wird. Der Maßstab für die Würdigung der Wirkungen solcher Unternehmungen scheint uns

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/437>, abgerufen am 29.06.2024.