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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Literatur.

zweifeln. Darnach zweifelten wir natürlich an dem König von Gottes Gnaden,
und nun zweifeln wir endlich an der Nutorität des Familienchefs. Das mag
nun überall, wo der Familieuchef schwach ist, so hingehen, aber nicht in meinen:
Schlosse. Hier soll geschehen, was ich will, und das werde ich sowohl meiner
Tochter als dein Herrn Eschenburg beizubringen wissen.

Wenn Rechtschaffenheit und Tugend, sowie Gleichheit des Temperaments
und der Neigungen das richtige Fundament sind, so weiß ich nicht, was Sie
gegen die Verbindung Eschenburgs und Dorotheens einzuwenden haben, sagte
der General.

Aber ich bitte Eure Excellenz! rief der Baron. Ein Maler! Ein Bürger¬
licher! Ein unbekannter Mensch! Ich verstehe Sie gar nicht!

Wenn dieser bürgerliche unbekannte Maler ein rechtlicher Mann und in
guten Verhältnissen, dazu auch der Rechte ist, um Dorothea glücklich zu machen,
so müssen Sie alle andern Rücksichten beiseite setzen, selbst die auf die Ver¬
erbung der Herrschaft Eichhausen.

Das wird mir nicht einfallen! Ich will das alte Wappenschild und den
alten Stammbaum nicht entehren.

Die Verbindung mit einem edelsinnigen Manne entehrt kein Wappenschild
und keinen Stammbaum.

Wir wollen nicht weiter darüber reden, wenn es Eurer Excellenz genehm
ist, sagte der Baron mit einer Stimme, die vor Erregung zitterte. Ich werde
nur und nimmermehr, unter keiner Bedingung und unter keinen Umstünden
Dorotheens Hand einem andern geben als dem Grafen vou Alteuschwerdt.

Der General zuckte die Achseln und sah seinen Freund mit traurigem
Blicke an. Er kannte dessen Hartnäckigkeit zu gut, um noch irgend einen Ver¬
such zu machen, der die Lage der Liebenden nur Hütte verschlimmern können.

(Fortsetzung folgt.)




Literatur.

Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten. Von F. A. von Lehrer
Mit 3 Doppeltafeln in Steindruck. Stuttgart, I. G. Cotta.

Die große Bedeutung, welche die Verehrung der Maria in der mittelalter¬
lichen Kirche und überhaupt innerhalb der ganzen mittelalterlichen Kultur behauptet,
hat schon zu vielen und darunter auch manchen verdienstlichen Untersuchungen und
Darstellungen geführt. Auch für die neuern Zeiten bis auf den heutigen Tag
fehlt es nicht an literarischen Arbeiten mmmichfacher Art über den Gegenstand,
sodaß eine große Marienliteratur für die Zeit vom frühen Mittelalter bis jetzt
vorliegt. Aber für die ersten Jahrhunderte unsrer Zeitrechnung lag die Sache
noch immer ziemlich im Dunkeln, und es ist deshalb ein großes Verdienst Lehrers,
des Direktors des Museums zu Sigmaringen, dieselbe in einer mit ebenso viel
Fleiß als Gelehrsamkeit abgefaßten Schrift, die dem kunstsinnigen Fürsten Karl
Anton von Hohenzollern zugeeignet ist, aufs gründlichste behandelt zu haben. Ans
Grund einer ausgezeichneten Velesenheit in der patristischen Literatur hat der Ver-


Literatur.

zweifeln. Darnach zweifelten wir natürlich an dem König von Gottes Gnaden,
und nun zweifeln wir endlich an der Nutorität des Familienchefs. Das mag
nun überall, wo der Familieuchef schwach ist, so hingehen, aber nicht in meinen:
Schlosse. Hier soll geschehen, was ich will, und das werde ich sowohl meiner
Tochter als dein Herrn Eschenburg beizubringen wissen.

Wenn Rechtschaffenheit und Tugend, sowie Gleichheit des Temperaments
und der Neigungen das richtige Fundament sind, so weiß ich nicht, was Sie
gegen die Verbindung Eschenburgs und Dorotheens einzuwenden haben, sagte
der General.

Aber ich bitte Eure Excellenz! rief der Baron. Ein Maler! Ein Bürger¬
licher! Ein unbekannter Mensch! Ich verstehe Sie gar nicht!

Wenn dieser bürgerliche unbekannte Maler ein rechtlicher Mann und in
guten Verhältnissen, dazu auch der Rechte ist, um Dorothea glücklich zu machen,
so müssen Sie alle andern Rücksichten beiseite setzen, selbst die auf die Ver¬
erbung der Herrschaft Eichhausen.

Das wird mir nicht einfallen! Ich will das alte Wappenschild und den
alten Stammbaum nicht entehren.

Die Verbindung mit einem edelsinnigen Manne entehrt kein Wappenschild
und keinen Stammbaum.

Wir wollen nicht weiter darüber reden, wenn es Eurer Excellenz genehm
ist, sagte der Baron mit einer Stimme, die vor Erregung zitterte. Ich werde
nur und nimmermehr, unter keiner Bedingung und unter keinen Umstünden
Dorotheens Hand einem andern geben als dem Grafen vou Alteuschwerdt.

Der General zuckte die Achseln und sah seinen Freund mit traurigem
Blicke an. Er kannte dessen Hartnäckigkeit zu gut, um noch irgend einen Ver¬
such zu machen, der die Lage der Liebenden nur Hütte verschlimmern können.

(Fortsetzung folgt.)




Literatur.

Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten. Von F. A. von Lehrer
Mit 3 Doppeltafeln in Steindruck. Stuttgart, I. G. Cotta.

Die große Bedeutung, welche die Verehrung der Maria in der mittelalter¬
lichen Kirche und überhaupt innerhalb der ganzen mittelalterlichen Kultur behauptet,
hat schon zu vielen und darunter auch manchen verdienstlichen Untersuchungen und
Darstellungen geführt. Auch für die neuern Zeiten bis auf den heutigen Tag
fehlt es nicht an literarischen Arbeiten mmmichfacher Art über den Gegenstand,
sodaß eine große Marienliteratur für die Zeit vom frühen Mittelalter bis jetzt
vorliegt. Aber für die ersten Jahrhunderte unsrer Zeitrechnung lag die Sache
noch immer ziemlich im Dunkeln, und es ist deshalb ein großes Verdienst Lehrers,
des Direktors des Museums zu Sigmaringen, dieselbe in einer mit ebenso viel
Fleiß als Gelehrsamkeit abgefaßten Schrift, die dem kunstsinnigen Fürsten Karl
Anton von Hohenzollern zugeeignet ist, aufs gründlichste behandelt zu haben. Ans
Grund einer ausgezeichneten Velesenheit in der patristischen Literatur hat der Ver-


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[0431] Literatur. zweifeln. Darnach zweifelten wir natürlich an dem König von Gottes Gnaden, und nun zweifeln wir endlich an der Nutorität des Familienchefs. Das mag nun überall, wo der Familieuchef schwach ist, so hingehen, aber nicht in meinen: Schlosse. Hier soll geschehen, was ich will, und das werde ich sowohl meiner Tochter als dein Herrn Eschenburg beizubringen wissen. Wenn Rechtschaffenheit und Tugend, sowie Gleichheit des Temperaments und der Neigungen das richtige Fundament sind, so weiß ich nicht, was Sie gegen die Verbindung Eschenburgs und Dorotheens einzuwenden haben, sagte der General. Aber ich bitte Eure Excellenz! rief der Baron. Ein Maler! Ein Bürger¬ licher! Ein unbekannter Mensch! Ich verstehe Sie gar nicht! Wenn dieser bürgerliche unbekannte Maler ein rechtlicher Mann und in guten Verhältnissen, dazu auch der Rechte ist, um Dorothea glücklich zu machen, so müssen Sie alle andern Rücksichten beiseite setzen, selbst die auf die Ver¬ erbung der Herrschaft Eichhausen. Das wird mir nicht einfallen! Ich will das alte Wappenschild und den alten Stammbaum nicht entehren. Die Verbindung mit einem edelsinnigen Manne entehrt kein Wappenschild und keinen Stammbaum. Wir wollen nicht weiter darüber reden, wenn es Eurer Excellenz genehm ist, sagte der Baron mit einer Stimme, die vor Erregung zitterte. Ich werde nur und nimmermehr, unter keiner Bedingung und unter keinen Umstünden Dorotheens Hand einem andern geben als dem Grafen vou Alteuschwerdt. Der General zuckte die Achseln und sah seinen Freund mit traurigem Blicke an. Er kannte dessen Hartnäckigkeit zu gut, um noch irgend einen Ver¬ such zu machen, der die Lage der Liebenden nur Hütte verschlimmern können. (Fortsetzung folgt.) Literatur. Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten. Von F. A. von Lehrer Mit 3 Doppeltafeln in Steindruck. Stuttgart, I. G. Cotta. Die große Bedeutung, welche die Verehrung der Maria in der mittelalter¬ lichen Kirche und überhaupt innerhalb der ganzen mittelalterlichen Kultur behauptet, hat schon zu vielen und darunter auch manchen verdienstlichen Untersuchungen und Darstellungen geführt. Auch für die neuern Zeiten bis auf den heutigen Tag fehlt es nicht an literarischen Arbeiten mmmichfacher Art über den Gegenstand, sodaß eine große Marienliteratur für die Zeit vom frühen Mittelalter bis jetzt vorliegt. Aber für die ersten Jahrhunderte unsrer Zeitrechnung lag die Sache noch immer ziemlich im Dunkeln, und es ist deshalb ein großes Verdienst Lehrers, des Direktors des Museums zu Sigmaringen, dieselbe in einer mit ebenso viel Fleiß als Gelehrsamkeit abgefaßten Schrift, die dem kunstsinnigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern zugeeignet ist, aufs gründlichste behandelt zu haben. Ans Grund einer ausgezeichneten Velesenheit in der patristischen Literatur hat der Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/431>, abgerufen am 29.06.2024.