Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.Unsre Handelskammerberichte. n frühern Zeiten waren in allen volkswirtschaftlichen Fragen die Die Handelskammern, zusammengesetzt aus Personen, die vorzugsweise ihren Uns liegt heute im Auszuge die von dem deutschen Handelstage aus den Unsre Handelskammerberichte. n frühern Zeiten waren in allen volkswirtschaftlichen Fragen die Die Handelskammern, zusammengesetzt aus Personen, die vorzugsweise ihren Uns liegt heute im Auszuge die von dem deutschen Handelstage aus den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152955"/> </div> <div n="1"> <head> Unsre Handelskammerberichte.</head><lb/> <p xml:id="ID_826"> n frühern Zeiten waren in allen volkswirtschaftlichen Fragen die<lb/> Berichte der Handelskammern für die Regierung fast ausschließlich<lb/> maßgeblich. Wenn dies heute nicht mehr in solchem Maße der<lb/> Fall ist, so können die deutschen Produzenten dafür dem Reichs¬<lb/> kanzler aus vollstem Herzen danken, denn er hat wiederholt Ge¬<lb/> legenheit genommen, die Berichte einzelner Handelskammern daraufhin zu prüfen,<lb/> wieweit sie das hündlerische Interesse und wieweit sie das volkswirtschaftliche<lb/> Wohl im Auge hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_827"> Die Handelskammern, zusammengesetzt aus Personen, die vorzugsweise ihren<lb/> Erwerb im Handel und durch deu Handel suchen, werden über die Lage des<lb/> internationalen Marktes im eignen Interesse gut orientirt sein und daher in<lb/> volkswirtschaftlichen Export- und Jmportfragen wertvolles Material abzugeben<lb/> imstande sein. Ihr Urteil wird aber oftmals beeinflußt werden durch kvlli-<lb/> direude Interessen, sobald nämlich der inländische Produktcnmartt ins Spiel<lb/> kommt, weil bei letzterm der Handel sich vielfach ohne Mittelspersonen zwischen<lb/> Produzenten und Konsumenten vollzieht, also mit Umgehung des Händlers,<lb/> während der internationale Markt fast ausschließlich durch Mittelspersonen er¬<lb/> möglicht wird. Geht also schon dem Händler für den inländischen Prodnktcn-<lb/> markt, soweit er sich zwischen Produzenten und Konsumenten direkt bewegt, die<lb/> eingehendere Beurteilung ab, so ist es andrerseits naturgemäß, daß der Händler<lb/> für diejenigen Produkte, die der Konsument nur durch seine Hand kaufen kann,<lb/> ein wärmeres Interesse hegen wird, als für jene Produkte, die sich mehr oder weniger<lb/> seiner Vermittlung beim Verkauf entziehen, und da die Handelskammern sich bis<lb/> jetzt fast ausschließlich aus.Personen des Handelsstandes rckrutiren, so ist es wohl<lb/> nicht ungerechtfertigt, wenn der deutsche Produzent in die Objektivität der<lb/> Handelslammerberichte nicht jene Zuversicht setzt, die sie beanspruchen. Wer<lb/> auf dem internationalen Markte handelt, wird eben deshalb für Produkte seines<lb/> Heimatlandes selten nationale Gefühle hegen, oder wenigstens nnr soweit, als<lb/> er dabei verdienen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_828" next="#ID_829"> Uns liegt heute im Auszuge die von dem deutschen Handelstage aus den<lb/> Berichten der einzelnen Handelskammern verfaßte Zusammenstellung D as Wirt¬<lb/> schaftsjahr 1881 vor, mit dem Artikel: Das Vorkommen von Stein- und Braun¬<lb/> kohlen in Deutschland. Diese Arbeit ist, soweit sie geognostische Fragen betrifft,<lb/> rührend, und soweit sie sich mit der deutsche» Braunkohle befaßt, vernichtend<lb/> für dieselbe gehalten. Wenn der Verfasser mit apodiktischer Sicherheit über<lb/> deutsche Braunkohle dahin urteilt, dieselbe sei so schlecht und erdig, daß vielfach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
Unsre Handelskammerberichte.
n frühern Zeiten waren in allen volkswirtschaftlichen Fragen die
Berichte der Handelskammern für die Regierung fast ausschließlich
maßgeblich. Wenn dies heute nicht mehr in solchem Maße der
Fall ist, so können die deutschen Produzenten dafür dem Reichs¬
kanzler aus vollstem Herzen danken, denn er hat wiederholt Ge¬
legenheit genommen, die Berichte einzelner Handelskammern daraufhin zu prüfen,
wieweit sie das hündlerische Interesse und wieweit sie das volkswirtschaftliche
Wohl im Auge hatten.
Die Handelskammern, zusammengesetzt aus Personen, die vorzugsweise ihren
Erwerb im Handel und durch deu Handel suchen, werden über die Lage des
internationalen Marktes im eignen Interesse gut orientirt sein und daher in
volkswirtschaftlichen Export- und Jmportfragen wertvolles Material abzugeben
imstande sein. Ihr Urteil wird aber oftmals beeinflußt werden durch kvlli-
direude Interessen, sobald nämlich der inländische Produktcnmartt ins Spiel
kommt, weil bei letzterm der Handel sich vielfach ohne Mittelspersonen zwischen
Produzenten und Konsumenten vollzieht, also mit Umgehung des Händlers,
während der internationale Markt fast ausschließlich durch Mittelspersonen er¬
möglicht wird. Geht also schon dem Händler für den inländischen Prodnktcn-
markt, soweit er sich zwischen Produzenten und Konsumenten direkt bewegt, die
eingehendere Beurteilung ab, so ist es andrerseits naturgemäß, daß der Händler
für diejenigen Produkte, die der Konsument nur durch seine Hand kaufen kann,
ein wärmeres Interesse hegen wird, als für jene Produkte, die sich mehr oder weniger
seiner Vermittlung beim Verkauf entziehen, und da die Handelskammern sich bis
jetzt fast ausschließlich aus.Personen des Handelsstandes rckrutiren, so ist es wohl
nicht ungerechtfertigt, wenn der deutsche Produzent in die Objektivität der
Handelslammerberichte nicht jene Zuversicht setzt, die sie beanspruchen. Wer
auf dem internationalen Markte handelt, wird eben deshalb für Produkte seines
Heimatlandes selten nationale Gefühle hegen, oder wenigstens nnr soweit, als
er dabei verdienen kann.
Uns liegt heute im Auszuge die von dem deutschen Handelstage aus den
Berichten der einzelnen Handelskammern verfaßte Zusammenstellung D as Wirt¬
schaftsjahr 1881 vor, mit dem Artikel: Das Vorkommen von Stein- und Braun¬
kohlen in Deutschland. Diese Arbeit ist, soweit sie geognostische Fragen betrifft,
rührend, und soweit sie sich mit der deutsche» Braunkohle befaßt, vernichtend
für dieselbe gehalten. Wenn der Verfasser mit apodiktischer Sicherheit über
deutsche Braunkohle dahin urteilt, dieselbe sei so schlecht und erdig, daß vielfach
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