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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Tripelallianz.

is die Grenzboten vor einigen Monaten bei Gelegenheit des
Giersschen Besuches in Varzin ganz beiläufig in drei Zeilen die
Bemerkung machten, das Bündnis zwischen Deutschland und Öster¬
reich-Ungarn sei "ein regelrecht und in aller Form abgeschlossenes,
in Dokumenten niedergelegtes," ging das durch die gesamte euro¬
päische Presse und wurde der Gegenstand einer großen Menge von Kommen¬
taren, bis die "Kölnische Zeitung" näheres brachte, was dann wieder tausend
erläuternde, vermutende, zweifelnde und widersprechende Federn in Bewegung
setzte. Ziemlich lange tröpfelte der Segen nach, dann hörte er auf und wurde
von den meisten unzweifelhaft vergessen, sodaß die Sache in einiger Zeit wieder
einmal neu sein und Sensation machen kann, während sie scharfblickender und
Leuten mit nicht durchlassendem Gedächtnis, als diese Blätter auf sie hinwiesen,
nicht unbekannt war und sie deshalb nicht echauffirte.

Jetzt wiederholt sich das infolge einer in der italienischen Deputirtenkammer
gehaltenen Rede des Ministers des Auswärtigen, Mancini, der das Reuterschc
Vüreau ein Telegramm auf dem Fuße folgen ließ, welches die sensationelle
Nachricht enthielt, es bestehe zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien
ein förmliches Schutz- und Trutzbiindnis, das seine Spitze gegen Frankreich richte.
Wieder gab es eine geräuschvolle und eifrige Diskussion, bei der namentlich
einige Preßstimmen interessirten, welche sich aus Österreich und England ver¬
nehmen ließen und für offiziös gelten, und in deren Äußerungen u. a. die Mei¬
nung vertreten war, wenn an der Sache etwas wahres wäre, so würde man
in Wien den Wünschen des deutschen Reichskanzlers ein Opfer gebracht haben.
Andre bezweifelten die Existenz eines solchen Bündnisses und verbanden damit
Klagen über bie bisherige Haltung Italiens. So der Ltanäg-ra und der VMz^


Grenzboten II. 1883. 21


Die Tripelallianz.

is die Grenzboten vor einigen Monaten bei Gelegenheit des
Giersschen Besuches in Varzin ganz beiläufig in drei Zeilen die
Bemerkung machten, das Bündnis zwischen Deutschland und Öster¬
reich-Ungarn sei „ein regelrecht und in aller Form abgeschlossenes,
in Dokumenten niedergelegtes," ging das durch die gesamte euro¬
päische Presse und wurde der Gegenstand einer großen Menge von Kommen¬
taren, bis die „Kölnische Zeitung" näheres brachte, was dann wieder tausend
erläuternde, vermutende, zweifelnde und widersprechende Federn in Bewegung
setzte. Ziemlich lange tröpfelte der Segen nach, dann hörte er auf und wurde
von den meisten unzweifelhaft vergessen, sodaß die Sache in einiger Zeit wieder
einmal neu sein und Sensation machen kann, während sie scharfblickender und
Leuten mit nicht durchlassendem Gedächtnis, als diese Blätter auf sie hinwiesen,
nicht unbekannt war und sie deshalb nicht echauffirte.

Jetzt wiederholt sich das infolge einer in der italienischen Deputirtenkammer
gehaltenen Rede des Ministers des Auswärtigen, Mancini, der das Reuterschc
Vüreau ein Telegramm auf dem Fuße folgen ließ, welches die sensationelle
Nachricht enthielt, es bestehe zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien
ein förmliches Schutz- und Trutzbiindnis, das seine Spitze gegen Frankreich richte.
Wieder gab es eine geräuschvolle und eifrige Diskussion, bei der namentlich
einige Preßstimmen interessirten, welche sich aus Österreich und England ver¬
nehmen ließen und für offiziös gelten, und in deren Äußerungen u. a. die Mei¬
nung vertreten war, wenn an der Sache etwas wahres wäre, so würde man
in Wien den Wünschen des deutschen Reichskanzlers ein Opfer gebracht haben.
Andre bezweifelten die Existenz eines solchen Bündnisses und verbanden damit
Klagen über bie bisherige Haltung Italiens. So der Ltanäg-ra und der VMz^


Grenzboten II. 1883. 21
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[0169] [Abbildung] Die Tripelallianz. is die Grenzboten vor einigen Monaten bei Gelegenheit des Giersschen Besuches in Varzin ganz beiläufig in drei Zeilen die Bemerkung machten, das Bündnis zwischen Deutschland und Öster¬ reich-Ungarn sei „ein regelrecht und in aller Form abgeschlossenes, in Dokumenten niedergelegtes," ging das durch die gesamte euro¬ päische Presse und wurde der Gegenstand einer großen Menge von Kommen¬ taren, bis die „Kölnische Zeitung" näheres brachte, was dann wieder tausend erläuternde, vermutende, zweifelnde und widersprechende Federn in Bewegung setzte. Ziemlich lange tröpfelte der Segen nach, dann hörte er auf und wurde von den meisten unzweifelhaft vergessen, sodaß die Sache in einiger Zeit wieder einmal neu sein und Sensation machen kann, während sie scharfblickender und Leuten mit nicht durchlassendem Gedächtnis, als diese Blätter auf sie hinwiesen, nicht unbekannt war und sie deshalb nicht echauffirte. Jetzt wiederholt sich das infolge einer in der italienischen Deputirtenkammer gehaltenen Rede des Ministers des Auswärtigen, Mancini, der das Reuterschc Vüreau ein Telegramm auf dem Fuße folgen ließ, welches die sensationelle Nachricht enthielt, es bestehe zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien ein förmliches Schutz- und Trutzbiindnis, das seine Spitze gegen Frankreich richte. Wieder gab es eine geräuschvolle und eifrige Diskussion, bei der namentlich einige Preßstimmen interessirten, welche sich aus Österreich und England ver¬ nehmen ließen und für offiziös gelten, und in deren Äußerungen u. a. die Mei¬ nung vertreten war, wenn an der Sache etwas wahres wäre, so würde man in Wien den Wünschen des deutschen Reichskanzlers ein Opfer gebracht haben. Andre bezweifelten die Existenz eines solchen Bündnisses und verbanden damit Klagen über bie bisherige Haltung Italiens. So der Ltanäg-ra und der VMz^ Grenzboten II. 1883. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/169>, abgerufen am 29.06.2024.