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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen Landesausschnsses.

Denn auch die nächsten Folgen des famosen Manifestes des sonderbaren
unbestrittenen Hauptes der napoleoniden, das seitdem plötzlich die politische
Seite der Dinge in ein noch grelleres Licht setzte, als es der Tod Gcnnbettas
gethan, werden zunächst nur in noch höheren Triumphen der Börse erkennbar
werden.




Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen
Landesausschusses.

ekanntlich hat das Gesetz vom 23. Mai 1881 bestimmt, daß die
Mitglieder des Landesausschusses von Elsaß-Lothringen von der
nächsten Session an sich der deutschen Geschäftssprache zu be¬
dienen haben, und daß ihre Verhandlungen öffentlich zu führen
sind. Ohne eine praktische Probe abzuwarten über den Erfolg
dieser Bestimmung, ward bereits in der dann folgenden ersten Session jenes
Laudesausschusses der Antrag gestellt, daß diejenigen Mitglieder sich des
Französischen bedienen dürften, von denen der Präsident des Laudesausschusses
anerkennt, daß sie des Deutschen unkundig find. Die elsaß-lothringische Re¬
gierung erklärte sich natürlich sofort gegen diesen Antrag. Er ward darauf
beim Beginn des gegenwärtigen Reichstages von zwei elsaß-lothringischen
Abgeordneten wieder vorgebracht, und in der letzten Sitzung vor der Vertagung,
am 16. Juni 1882, wurde er nach einer summarischen Verhandlung in erster
und zweiter Lesung angenommen, indem dafür stimmten das Zentrum mit seinen
welfischen Hospitanten, die Fortschrittspartei und ein Teil der Sezessionisten,
während dagegen stimmten die übrigen Sezessionisten, die Nationalliberalen und
die Fraktionen der Konservativen.

Im Grunde kann dies kaum überraschen, denn das Zentrum und die
Welsen lassen keine Gelegenheit vorübergehen, um das deutsche Reich zu
schwächen, und die Fortschrittler unter der Führung ihres Eugen Richter
stimmen von vornherein gegen alles, was von der Regierung ausgeht. Von
den einzelnen Sezessionisten aber darf man annehmen, daß ihr gutmütiges Herz
den Sieg über ihren politischen Verstand davongetragen habe. Der letztere
aber mußte ihnen sagen, daß es vor allen Dingen darauf ankommt, daß die
Elsaß-Lothringer die definitive Zusammengehörigkeit ihres Landes zum deutschen
Reiche anerkennen müssen, wesentlich auch in ihrem eignen Interesse. Es handelt
sich um die wichtige politische Frage, ob eine kleine Klasse der Bevölkerung,


Grenzboten I. 1883. 62
Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen Landesausschnsses.

Denn auch die nächsten Folgen des famosen Manifestes des sonderbaren
unbestrittenen Hauptes der napoleoniden, das seitdem plötzlich die politische
Seite der Dinge in ein noch grelleres Licht setzte, als es der Tod Gcnnbettas
gethan, werden zunächst nur in noch höheren Triumphen der Börse erkennbar
werden.




Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen
Landesausschusses.

ekanntlich hat das Gesetz vom 23. Mai 1881 bestimmt, daß die
Mitglieder des Landesausschusses von Elsaß-Lothringen von der
nächsten Session an sich der deutschen Geschäftssprache zu be¬
dienen haben, und daß ihre Verhandlungen öffentlich zu führen
sind. Ohne eine praktische Probe abzuwarten über den Erfolg
dieser Bestimmung, ward bereits in der dann folgenden ersten Session jenes
Laudesausschusses der Antrag gestellt, daß diejenigen Mitglieder sich des
Französischen bedienen dürften, von denen der Präsident des Laudesausschusses
anerkennt, daß sie des Deutschen unkundig find. Die elsaß-lothringische Re¬
gierung erklärte sich natürlich sofort gegen diesen Antrag. Er ward darauf
beim Beginn des gegenwärtigen Reichstages von zwei elsaß-lothringischen
Abgeordneten wieder vorgebracht, und in der letzten Sitzung vor der Vertagung,
am 16. Juni 1882, wurde er nach einer summarischen Verhandlung in erster
und zweiter Lesung angenommen, indem dafür stimmten das Zentrum mit seinen
welfischen Hospitanten, die Fortschrittspartei und ein Teil der Sezessionisten,
während dagegen stimmten die übrigen Sezessionisten, die Nationalliberalen und
die Fraktionen der Konservativen.

Im Grunde kann dies kaum überraschen, denn das Zentrum und die
Welsen lassen keine Gelegenheit vorübergehen, um das deutsche Reich zu
schwächen, und die Fortschrittler unter der Führung ihres Eugen Richter
stimmen von vornherein gegen alles, was von der Regierung ausgeht. Von
den einzelnen Sezessionisten aber darf man annehmen, daß ihr gutmütiges Herz
den Sieg über ihren politischen Verstand davongetragen habe. Der letztere
aber mußte ihnen sagen, daß es vor allen Dingen darauf ankommt, daß die
Elsaß-Lothringer die definitive Zusammengehörigkeit ihres Landes zum deutschen
Reiche anerkennen müssen, wesentlich auch in ihrem eignen Interesse. Es handelt
sich um die wichtige politische Frage, ob eine kleine Klasse der Bevölkerung,


Grenzboten I. 1883. 62
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[0417] Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen Landesausschnsses. Denn auch die nächsten Folgen des famosen Manifestes des sonderbaren unbestrittenen Hauptes der napoleoniden, das seitdem plötzlich die politische Seite der Dinge in ein noch grelleres Licht setzte, als es der Tod Gcnnbettas gethan, werden zunächst nur in noch höheren Triumphen der Börse erkennbar werden. Die Geschäftssprache des elsaß-lothringischen Landesausschusses. ekanntlich hat das Gesetz vom 23. Mai 1881 bestimmt, daß die Mitglieder des Landesausschusses von Elsaß-Lothringen von der nächsten Session an sich der deutschen Geschäftssprache zu be¬ dienen haben, und daß ihre Verhandlungen öffentlich zu führen sind. Ohne eine praktische Probe abzuwarten über den Erfolg dieser Bestimmung, ward bereits in der dann folgenden ersten Session jenes Laudesausschusses der Antrag gestellt, daß diejenigen Mitglieder sich des Französischen bedienen dürften, von denen der Präsident des Laudesausschusses anerkennt, daß sie des Deutschen unkundig find. Die elsaß-lothringische Re¬ gierung erklärte sich natürlich sofort gegen diesen Antrag. Er ward darauf beim Beginn des gegenwärtigen Reichstages von zwei elsaß-lothringischen Abgeordneten wieder vorgebracht, und in der letzten Sitzung vor der Vertagung, am 16. Juni 1882, wurde er nach einer summarischen Verhandlung in erster und zweiter Lesung angenommen, indem dafür stimmten das Zentrum mit seinen welfischen Hospitanten, die Fortschrittspartei und ein Teil der Sezessionisten, während dagegen stimmten die übrigen Sezessionisten, die Nationalliberalen und die Fraktionen der Konservativen. Im Grunde kann dies kaum überraschen, denn das Zentrum und die Welsen lassen keine Gelegenheit vorübergehen, um das deutsche Reich zu schwächen, und die Fortschrittler unter der Führung ihres Eugen Richter stimmen von vornherein gegen alles, was von der Regierung ausgeht. Von den einzelnen Sezessionisten aber darf man annehmen, daß ihr gutmütiges Herz den Sieg über ihren politischen Verstand davongetragen habe. Der letztere aber mußte ihnen sagen, daß es vor allen Dingen darauf ankommt, daß die Elsaß-Lothringer die definitive Zusammengehörigkeit ihres Landes zum deutschen Reiche anerkennen müssen, wesentlich auch in ihrem eignen Interesse. Es handelt sich um die wichtige politische Frage, ob eine kleine Klasse der Bevölkerung, Grenzboten I. 1883. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/417>, abgerufen am 22.07.2024.