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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Leopold von Rankes Römische Geschichte.

Diesen Ausführungen trat die Redaktionskommission bei und beschloß zu¬
nächst nur jährliche Zusammenkünfte zu organisiren. Vou diesen hat die erste
bereits im Frühjahr 1881 in Berlin stattgefunden; die nächste soll in der
Osterwoche 1882 in Halle abgehalten werden. Und sonach ist die Begrün¬
dung der Deutschen geographischen Gesellschaft, wenn auch noch nicht festge¬
stellt, doch sicher bevorstehend. Da die Gründung der neuen Gesellschaft
manche Interessen verletzen wird und muß, so wird nach den Erfahrungen
der nächsten Jahre wohl zu erwägen sein, wie weit eine Konzentration erfor¬
derlich ist, beziehentlich was ohne Schädigung der Wissenschaft den einzelnen
Vereinen belassen werden kann. Die Ausschließlichkeit der englischen Institution
wird von der deutschen Gesellschaft schwerlich jemals erreicht werden; letztere
wird aber einen Vorzug dadurch bieten, daß sie durch die in ihr verbundenen
Vereine auch in entlegeneren Gegenden des Reiches erfolgreich wirkt und weitere
Kreise zur gemeinsamen Arbeit heranzieht. Gegenwärtig wird man sich mit dem
obigen Ergebnisse begnügen müssen, besonders da es dem Bedürfnisse der Geo¬
graphen nach persönlicher Annäherung und nach mündlichem Meinungsaustausch
einigermaßen abhilft und Anregung und Förderung im Studium bietet.




Leopold von Rankes Römische Geschichte.

is vor Jahresfrist der erste Band von Rankes Weltgeschichte
erschien, konnten wir dein greisen Geschichtschreiber unsere Be¬
wunderung nicht versagen, der in einem Alter, in welchem andre
ihre literarische Thätigkeit auszugeben pflegen, noch Hand an ein
Werk legt, das auf Jahre hinaus seine volle Kraft in Anspruch
nehmen muß. Dennoch nahmen wir, wie hohe Anerkennung wir auch der
neuesten Schöpfung unsres großen Historikers zollen mußten, an mancherlei
Anstoß, was. wie wir glaubten, dem Werte des Buches Eintrag thut. Da war
zunächst der Ton der ganzen Darstellung, welche Ereignisse, die bisher noch
jeden Geschichtschreiber gezwungen hatten, wärmere Saiten einzuschlagen, mit
einer gewissen vornehmen Kühle behandelte. Dann wollte uns der akademische
Ertrag wenig gefallen, der, Bekanntes voraussetzend, an andre Dinge mit
wenigen Worten erinnernd, weniger Freude am Erzählen hat, als vielmehr die
Prüfung der Thatsachen nach ihrer Glaubwürdigkeit und die Beurteilung der¬
selben nach ihrem Zusammenhange, nach Ursache und Wirkung für seine vor¬
nehmste Aufgabe hält. Endlich bedauerten wir auch, daß in der Darstellung
Rankes nur eine Seite des Völkerlebens, nämlich die politische, zur Geltung


Grenzboten I. 1882. 2g
Leopold von Rankes Römische Geschichte.

Diesen Ausführungen trat die Redaktionskommission bei und beschloß zu¬
nächst nur jährliche Zusammenkünfte zu organisiren. Vou diesen hat die erste
bereits im Frühjahr 1881 in Berlin stattgefunden; die nächste soll in der
Osterwoche 1882 in Halle abgehalten werden. Und sonach ist die Begrün¬
dung der Deutschen geographischen Gesellschaft, wenn auch noch nicht festge¬
stellt, doch sicher bevorstehend. Da die Gründung der neuen Gesellschaft
manche Interessen verletzen wird und muß, so wird nach den Erfahrungen
der nächsten Jahre wohl zu erwägen sein, wie weit eine Konzentration erfor¬
derlich ist, beziehentlich was ohne Schädigung der Wissenschaft den einzelnen
Vereinen belassen werden kann. Die Ausschließlichkeit der englischen Institution
wird von der deutschen Gesellschaft schwerlich jemals erreicht werden; letztere
wird aber einen Vorzug dadurch bieten, daß sie durch die in ihr verbundenen
Vereine auch in entlegeneren Gegenden des Reiches erfolgreich wirkt und weitere
Kreise zur gemeinsamen Arbeit heranzieht. Gegenwärtig wird man sich mit dem
obigen Ergebnisse begnügen müssen, besonders da es dem Bedürfnisse der Geo¬
graphen nach persönlicher Annäherung und nach mündlichem Meinungsaustausch
einigermaßen abhilft und Anregung und Förderung im Studium bietet.




Leopold von Rankes Römische Geschichte.

is vor Jahresfrist der erste Band von Rankes Weltgeschichte
erschien, konnten wir dein greisen Geschichtschreiber unsere Be¬
wunderung nicht versagen, der in einem Alter, in welchem andre
ihre literarische Thätigkeit auszugeben pflegen, noch Hand an ein
Werk legt, das auf Jahre hinaus seine volle Kraft in Anspruch
nehmen muß. Dennoch nahmen wir, wie hohe Anerkennung wir auch der
neuesten Schöpfung unsres großen Historikers zollen mußten, an mancherlei
Anstoß, was. wie wir glaubten, dem Werte des Buches Eintrag thut. Da war
zunächst der Ton der ganzen Darstellung, welche Ereignisse, die bisher noch
jeden Geschichtschreiber gezwungen hatten, wärmere Saiten einzuschlagen, mit
einer gewissen vornehmen Kühle behandelte. Dann wollte uns der akademische
Ertrag wenig gefallen, der, Bekanntes voraussetzend, an andre Dinge mit
wenigen Worten erinnernd, weniger Freude am Erzählen hat, als vielmehr die
Prüfung der Thatsachen nach ihrer Glaubwürdigkeit und die Beurteilung der¬
selben nach ihrem Zusammenhange, nach Ursache und Wirkung für seine vor¬
nehmste Aufgabe hält. Endlich bedauerten wir auch, daß in der Darstellung
Rankes nur eine Seite des Völkerlebens, nämlich die politische, zur Geltung


Grenzboten I. 1882. 2g
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[0233] Leopold von Rankes Römische Geschichte. Diesen Ausführungen trat die Redaktionskommission bei und beschloß zu¬ nächst nur jährliche Zusammenkünfte zu organisiren. Vou diesen hat die erste bereits im Frühjahr 1881 in Berlin stattgefunden; die nächste soll in der Osterwoche 1882 in Halle abgehalten werden. Und sonach ist die Begrün¬ dung der Deutschen geographischen Gesellschaft, wenn auch noch nicht festge¬ stellt, doch sicher bevorstehend. Da die Gründung der neuen Gesellschaft manche Interessen verletzen wird und muß, so wird nach den Erfahrungen der nächsten Jahre wohl zu erwägen sein, wie weit eine Konzentration erfor¬ derlich ist, beziehentlich was ohne Schädigung der Wissenschaft den einzelnen Vereinen belassen werden kann. Die Ausschließlichkeit der englischen Institution wird von der deutschen Gesellschaft schwerlich jemals erreicht werden; letztere wird aber einen Vorzug dadurch bieten, daß sie durch die in ihr verbundenen Vereine auch in entlegeneren Gegenden des Reiches erfolgreich wirkt und weitere Kreise zur gemeinsamen Arbeit heranzieht. Gegenwärtig wird man sich mit dem obigen Ergebnisse begnügen müssen, besonders da es dem Bedürfnisse der Geo¬ graphen nach persönlicher Annäherung und nach mündlichem Meinungsaustausch einigermaßen abhilft und Anregung und Förderung im Studium bietet. Leopold von Rankes Römische Geschichte. is vor Jahresfrist der erste Band von Rankes Weltgeschichte erschien, konnten wir dein greisen Geschichtschreiber unsere Be¬ wunderung nicht versagen, der in einem Alter, in welchem andre ihre literarische Thätigkeit auszugeben pflegen, noch Hand an ein Werk legt, das auf Jahre hinaus seine volle Kraft in Anspruch nehmen muß. Dennoch nahmen wir, wie hohe Anerkennung wir auch der neuesten Schöpfung unsres großen Historikers zollen mußten, an mancherlei Anstoß, was. wie wir glaubten, dem Werte des Buches Eintrag thut. Da war zunächst der Ton der ganzen Darstellung, welche Ereignisse, die bisher noch jeden Geschichtschreiber gezwungen hatten, wärmere Saiten einzuschlagen, mit einer gewissen vornehmen Kühle behandelte. Dann wollte uns der akademische Ertrag wenig gefallen, der, Bekanntes voraussetzend, an andre Dinge mit wenigen Worten erinnernd, weniger Freude am Erzählen hat, als vielmehr die Prüfung der Thatsachen nach ihrer Glaubwürdigkeit und die Beurteilung der¬ selben nach ihrem Zusammenhange, nach Ursache und Wirkung für seine vor¬ nehmste Aufgabe hält. Endlich bedauerten wir auch, daß in der Darstellung Rankes nur eine Seite des Völkerlebens, nämlich die politische, zur Geltung Grenzboten I. 1882. 2g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/233>, abgerufen am 03.07.2024.