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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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lasse. Denn Andrew war voll von jener gefährlichen Energie, welche so charak¬
teristisch für das Volk im Westen und Süden ist.

O nein! Schieß nicht. Kannst dn dir nicht einen andern Weg aussinnen?
bat Julia.

Gut, ja, ich könnte den Sheriff herbestellen, damit er ein paar von ihnen
in seinen Sack schiebt.

Aber das wird uns für viele Jahre Not machen. Laßt mich mal nach¬
denken. Konnten wirs nicht ungefähr so einrichten? Damit entwickelte Julia
vor Andrew und Jonas ihren Operationsplan gegen den Feind.

Nummer eins! Ins Schwarze geschossen! schrie Jonas. Sie werden so
gewiß, wie Treffen nicht Vorbeischießen ist, in diese Klappe hineinfallen. Dieser
Plan ist militärisch und christlich und zivilisirt und braun lind engelgleich und
ganz über die Maßen spaßhaftig. Er müßte dem amerikanischen Fischhabicht
gefallen mit allen seinen Meinungen und Gaben. Ich werde helfen, ihn aus¬
zuführen und die Hallunken zu schlagen, und sollt' ich meine Gebeine hinlegen
müssen, ans daß sie bleichen ans dem Wüstensande unseres Schattenthales.

Gut, sagte Andrew zu Julien, ich wußte, wenn ich dich unter mein Dach
nähme, so würdest du mich gegen meinen Willen zum Christen machen. Und
ich bin jetzt eine Art Wilder, wahrhaftig!

Jonas eilte nach Hanse und schickte Cynthy Ann nach der Burg, und es
wurde diesen Nachmittag dort viel gearbeitet. Andrew sagte, die Vnrg werde
für ihre erste Belagerung in Verteidigungszuftand gesetzt. Als die Nacht herankam,
strahlte Julia förmlich vor Lust und Vergnügen. Ihr Gesicht war gerötet;
denn sie hatte mit bis über die Ellbogen aufgestreiften Ärmeln über dem eisernen
Backofen gestanden, ihr schwarzes Haar fiel ihr über die Schultern herab, und
fo war sie ein Bild so schön und stolz, daß August, als er zum Abendessen
zurückkam, Halt machte und eine Weile in der Thür stehen blieb, um sich an
ihrem Anblicke zu weiden.

El der Tausend, Julchen, wie prächtig dn aussiehst! sagte er. Ich Hütte
große Lust, mich auf der Stelle in dich zu verlieben, mein Liebchen.

Und ich habe mich schon in dich verliebt, Cäsar Augustus. Und das
mochte wohl sein; denn wahrhaftig, als er so in der Thür stand, mit seinem
stattlichen Wuchse, seiner schönen deutschen Stirn, seinem wohlgebildeten Munde
und seinen hellen, ehrlichen, liebenswürdigen blauen Augen, war er ein Manu,
in den sich ein Mädchen recht wohl verlieben konnte.




Sechsundvierzigstes Kapitel.
Das öhiveree.

Wenn Websters "Amerikanisches Wörterbuch der englischen Sprache" nicht
ganz und gar in Neuengland zusammengestellt worden wäre, so würden in ihm
nicht so viele Worte sehlen, welche als eingeborne oder naturalisirte Bürger in
großen Abteilungen der Vereinigten Staaten ihre Pflicht thun, und nnter diesen
Worten befindet sich auch dasjenige, welches an der Spitze des gegenwärtigen
Kapitels steht. Nun weiß ich wohl, daß ein gewisser hochmütiger Naseweis
mir die Versicherung geben wird, daß es nur eine verdorbene Form des fran-
zösischen Charivari sei, und so verhält sichs denn auch. Dann aber ist "lnuiv-iri


lasse. Denn Andrew war voll von jener gefährlichen Energie, welche so charak¬
teristisch für das Volk im Westen und Süden ist.

O nein! Schieß nicht. Kannst dn dir nicht einen andern Weg aussinnen?
bat Julia.

Gut, ja, ich könnte den Sheriff herbestellen, damit er ein paar von ihnen
in seinen Sack schiebt.

Aber das wird uns für viele Jahre Not machen. Laßt mich mal nach¬
denken. Konnten wirs nicht ungefähr so einrichten? Damit entwickelte Julia
vor Andrew und Jonas ihren Operationsplan gegen den Feind.

Nummer eins! Ins Schwarze geschossen! schrie Jonas. Sie werden so
gewiß, wie Treffen nicht Vorbeischießen ist, in diese Klappe hineinfallen. Dieser
Plan ist militärisch und christlich und zivilisirt und braun lind engelgleich und
ganz über die Maßen spaßhaftig. Er müßte dem amerikanischen Fischhabicht
gefallen mit allen seinen Meinungen und Gaben. Ich werde helfen, ihn aus¬
zuführen und die Hallunken zu schlagen, und sollt' ich meine Gebeine hinlegen
müssen, ans daß sie bleichen ans dem Wüstensande unseres Schattenthales.

Gut, sagte Andrew zu Julien, ich wußte, wenn ich dich unter mein Dach
nähme, so würdest du mich gegen meinen Willen zum Christen machen. Und
ich bin jetzt eine Art Wilder, wahrhaftig!

Jonas eilte nach Hanse und schickte Cynthy Ann nach der Burg, und es
wurde diesen Nachmittag dort viel gearbeitet. Andrew sagte, die Vnrg werde
für ihre erste Belagerung in Verteidigungszuftand gesetzt. Als die Nacht herankam,
strahlte Julia förmlich vor Lust und Vergnügen. Ihr Gesicht war gerötet;
denn sie hatte mit bis über die Ellbogen aufgestreiften Ärmeln über dem eisernen
Backofen gestanden, ihr schwarzes Haar fiel ihr über die Schultern herab, und
fo war sie ein Bild so schön und stolz, daß August, als er zum Abendessen
zurückkam, Halt machte und eine Weile in der Thür stehen blieb, um sich an
ihrem Anblicke zu weiden.

El der Tausend, Julchen, wie prächtig dn aussiehst! sagte er. Ich Hütte
große Lust, mich auf der Stelle in dich zu verlieben, mein Liebchen.

Und ich habe mich schon in dich verliebt, Cäsar Augustus. Und das
mochte wohl sein; denn wahrhaftig, als er so in der Thür stand, mit seinem
stattlichen Wuchse, seiner schönen deutschen Stirn, seinem wohlgebildeten Munde
und seinen hellen, ehrlichen, liebenswürdigen blauen Augen, war er ein Manu,
in den sich ein Mädchen recht wohl verlieben konnte.




Sechsundvierzigstes Kapitel.
Das öhiveree.

Wenn Websters „Amerikanisches Wörterbuch der englischen Sprache" nicht
ganz und gar in Neuengland zusammengestellt worden wäre, so würden in ihm
nicht so viele Worte sehlen, welche als eingeborne oder naturalisirte Bürger in
großen Abteilungen der Vereinigten Staaten ihre Pflicht thun, und nnter diesen
Worten befindet sich auch dasjenige, welches an der Spitze des gegenwärtigen
Kapitels steht. Nun weiß ich wohl, daß ein gewisser hochmütiger Naseweis
mir die Versicherung geben wird, daß es nur eine verdorbene Form des fran-
zösischen Charivari sei, und so verhält sichs denn auch. Dann aber ist «lnuiv-iri


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/412>, abgerufen am 29.06.2024.