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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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politische Briefe.

in Leipzig hat es übernommen, diese -- übrigens in fünf Bände zerlegte --
Aufgelde in treuer Nachbildung eines Grolierbcmdes aus dem sechzehnten Jahr¬
hundert in rotes Saffianleder zu binden und dabei den höchsten Anforderungen
an Eleganz und Solidität zu entsprechen. Der Preis dieser Extraausgabe be¬
trägt für ein gebundenes Exemplar 600 Mark. Endlich hat der Verleger noch
eine Art Rafaelnlbum von der zuerst genannten Ausgabe abgezweigt: einen
mäßigen Quartband, der genau in derselben Ausstattung wie jeuer auf 44 Tafeln
die sämmtlichen Madonnen und Heiligen Familien Rafaels enthält, denen eine
kurze orientirende Einleitung vorausgeschickt ist. Diese Ausgabe kostet enrtvnuirt
80, in Kallikobcmd 40 Mark.

Die Leser der Grenzboten sind nicht in den begütertsten, sicherlich aber in
denjenigen Kreisen des deutschen Bürgertums zu suchen, in denen echte Bildung,
ideale Gesinnung, künstlerischer und wissenschaftlicher Ernst und Abneigung gegen
allen ephemeren, auf die Müssen spekulirenden literarischen Mvdetand zu Hause
-sind. Wenn wir uns daher auch uicht einbilden, dnrch diese unsre Anzeige dem
kunstsinnige" Verleger einen einzigen Käufer der Luxnsansgabe seines Rafael-
werles zuführen zu können, so dürfen wir doch annehmen, daß die beiden andern
Ausgaben für manche unsrer Leser nicht unerschwinglich sein werden, und so haben
wir es wenigstens an dieser Anregung nicht wollen fehlen lassen -- zumut im
Hinblick auf die herannahende Weihnachtszeit, wo es sicherlich wieder von allen
Seiten "Prachtwerke ersten Ranges" regnen wird. Hier ist einmal eins, das
man ohne Gänsefüßchen schreiben kann.




politische Briefe,
3. Die Thronrede.

me bedeutende Thronrede, der sich nur die vorjährige Botschaft
an den Reichstag zur Seite stellen läßt. Die preußische Thron¬
rede vom 14. November 1882 ist die Tochter der deutschen Vot¬
schaft vom 17. November 1881. Alle Ziele der Botschaft sind
festgehalten, soweit der preußische Landtag zur Erreichung dieser
Ziele beitragen kaun. Die Thronrede wiederholt die Aufgaben des preußischen
Staates, seine Gemeinden zu entlasten, insbesondre durch Abnahme der Schul¬
lasten, aber much die Eltern der schulpflichtigen Kinder aus den ürmern Volks-
klassen zu entlasten dnrch Abnahme des Schulgeldes für den Elementarnnterricht-
Die Thronrede wiederholt die Pflicht, den sozialdemokratischen Ausschreitungen
nicht bloß dnrch Repressiv" zu begegnen, sondern dnrch eine vom Staat aus-
gehende Förderung des Wohles der Arbeiter. So weit diese Förderung auf


politische Briefe.

in Leipzig hat es übernommen, diese — übrigens in fünf Bände zerlegte —
Aufgelde in treuer Nachbildung eines Grolierbcmdes aus dem sechzehnten Jahr¬
hundert in rotes Saffianleder zu binden und dabei den höchsten Anforderungen
an Eleganz und Solidität zu entsprechen. Der Preis dieser Extraausgabe be¬
trägt für ein gebundenes Exemplar 600 Mark. Endlich hat der Verleger noch
eine Art Rafaelnlbum von der zuerst genannten Ausgabe abgezweigt: einen
mäßigen Quartband, der genau in derselben Ausstattung wie jeuer auf 44 Tafeln
die sämmtlichen Madonnen und Heiligen Familien Rafaels enthält, denen eine
kurze orientirende Einleitung vorausgeschickt ist. Diese Ausgabe kostet enrtvnuirt
80, in Kallikobcmd 40 Mark.

Die Leser der Grenzboten sind nicht in den begütertsten, sicherlich aber in
denjenigen Kreisen des deutschen Bürgertums zu suchen, in denen echte Bildung,
ideale Gesinnung, künstlerischer und wissenschaftlicher Ernst und Abneigung gegen
allen ephemeren, auf die Müssen spekulirenden literarischen Mvdetand zu Hause
-sind. Wenn wir uns daher auch uicht einbilden, dnrch diese unsre Anzeige dem
kunstsinnige» Verleger einen einzigen Käufer der Luxnsansgabe seines Rafael-
werles zuführen zu können, so dürfen wir doch annehmen, daß die beiden andern
Ausgaben für manche unsrer Leser nicht unerschwinglich sein werden, und so haben
wir es wenigstens an dieser Anregung nicht wollen fehlen lassen — zumut im
Hinblick auf die herannahende Weihnachtszeit, wo es sicherlich wieder von allen
Seiten „Prachtwerke ersten Ranges" regnen wird. Hier ist einmal eins, das
man ohne Gänsefüßchen schreiben kann.




politische Briefe,
3. Die Thronrede.

me bedeutende Thronrede, der sich nur die vorjährige Botschaft
an den Reichstag zur Seite stellen läßt. Die preußische Thron¬
rede vom 14. November 1882 ist die Tochter der deutschen Vot¬
schaft vom 17. November 1881. Alle Ziele der Botschaft sind
festgehalten, soweit der preußische Landtag zur Erreichung dieser
Ziele beitragen kaun. Die Thronrede wiederholt die Aufgaben des preußischen
Staates, seine Gemeinden zu entlasten, insbesondre durch Abnahme der Schul¬
lasten, aber much die Eltern der schulpflichtigen Kinder aus den ürmern Volks-
klassen zu entlasten dnrch Abnahme des Schulgeldes für den Elementarnnterricht-
Die Thronrede wiederholt die Pflicht, den sozialdemokratischen Ausschreitungen
nicht bloß dnrch Repressiv» zu begegnen, sondern dnrch eine vom Staat aus-
gehende Förderung des Wohles der Arbeiter. So weit diese Förderung auf


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[0406] politische Briefe. in Leipzig hat es übernommen, diese — übrigens in fünf Bände zerlegte — Aufgelde in treuer Nachbildung eines Grolierbcmdes aus dem sechzehnten Jahr¬ hundert in rotes Saffianleder zu binden und dabei den höchsten Anforderungen an Eleganz und Solidität zu entsprechen. Der Preis dieser Extraausgabe be¬ trägt für ein gebundenes Exemplar 600 Mark. Endlich hat der Verleger noch eine Art Rafaelnlbum von der zuerst genannten Ausgabe abgezweigt: einen mäßigen Quartband, der genau in derselben Ausstattung wie jeuer auf 44 Tafeln die sämmtlichen Madonnen und Heiligen Familien Rafaels enthält, denen eine kurze orientirende Einleitung vorausgeschickt ist. Diese Ausgabe kostet enrtvnuirt 80, in Kallikobcmd 40 Mark. Die Leser der Grenzboten sind nicht in den begütertsten, sicherlich aber in denjenigen Kreisen des deutschen Bürgertums zu suchen, in denen echte Bildung, ideale Gesinnung, künstlerischer und wissenschaftlicher Ernst und Abneigung gegen allen ephemeren, auf die Müssen spekulirenden literarischen Mvdetand zu Hause -sind. Wenn wir uns daher auch uicht einbilden, dnrch diese unsre Anzeige dem kunstsinnige» Verleger einen einzigen Käufer der Luxnsansgabe seines Rafael- werles zuführen zu können, so dürfen wir doch annehmen, daß die beiden andern Ausgaben für manche unsrer Leser nicht unerschwinglich sein werden, und so haben wir es wenigstens an dieser Anregung nicht wollen fehlen lassen — zumut im Hinblick auf die herannahende Weihnachtszeit, wo es sicherlich wieder von allen Seiten „Prachtwerke ersten Ranges" regnen wird. Hier ist einmal eins, das man ohne Gänsefüßchen schreiben kann. politische Briefe, 3. Die Thronrede. me bedeutende Thronrede, der sich nur die vorjährige Botschaft an den Reichstag zur Seite stellen läßt. Die preußische Thron¬ rede vom 14. November 1882 ist die Tochter der deutschen Vot¬ schaft vom 17. November 1881. Alle Ziele der Botschaft sind festgehalten, soweit der preußische Landtag zur Erreichung dieser Ziele beitragen kaun. Die Thronrede wiederholt die Aufgaben des preußischen Staates, seine Gemeinden zu entlasten, insbesondre durch Abnahme der Schul¬ lasten, aber much die Eltern der schulpflichtigen Kinder aus den ürmern Volks- klassen zu entlasten dnrch Abnahme des Schulgeldes für den Elementarnnterricht- Die Thronrede wiederholt die Pflicht, den sozialdemokratischen Ausschreitungen nicht bloß dnrch Repressiv» zu begegnen, sondern dnrch eine vom Staat aus- gehende Förderung des Wohles der Arbeiter. So weit diese Förderung auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/406>, abgerufen am 29.06.2024.