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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Jur Beachtung.
Mit dem vorliegenden beste beginnt diese Zeitschrift das Z. Quartal ihres 4z. Jahr¬
gangs, welches durch alle Buchhandlungen und postanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen ist.
preis suo das Quartal o, Mark. Wir bitten um schleunige Ausgabe des neuen
Abonnements.
Leipzig, im Juni zssz,.Die Verlagshandlung.

Der Konflikt in Norwegen.

l
e Thronrede, mit welcher König Oskar II. in der vorletzten Woche
deS Jn"i das norwegische Parlament geschlossen hat, wird vielfach
als el" bedenkliches Zeichen des Konflikts angesehen, der seit einiger
Zeit zwischen dein Monarchen und der Landesvertretung des Westens
der skandinavischen Halbinsel spielt. Da die Sache für uns insofern
vo>i Wichtigkeit ist, als sie zeigt, wohin die Übertreibung konstitutioneller Ein¬
richtungen führen kann, und da andrerseits die Verfassung Norwegens und die
Geschichte des Stvrthings wenig bekannt sein werden, so halten wir es für an¬
gemessen, im folgenden darüber einige Mitteilungen zu macheu.

Als die Norweger 1814 zu Eidsvvld, ihrer alten Selbständigkeit eingedenk,
die allerdings während der Verbindung mit Dänemark faktisch verloren gegangen
war, sich in einem dänischen Prinzen einen eigne" König wählten, gaben sie
sich zugleich eine extrem liberale Verfassung. Ein kurzer Krieg bereitete dieser
vollen Selbständigkeit ein Ende, aber Schweden machte im Frieden, obwohl es
Sieger geblieben, der raschen Erledigung des Streites zu Liebe uach verschiedenen
Seiten hin sehr erhebliche Zugeständnisse: mau begnügte sich, eine thatsächlich
nur persönliche Union beider Reiche zustande zu bringen, und ließ dem Lande
-- wie es freilich scheint, nur bis auf weiteres -- seine fast republikanische Kon¬
stitution. Nach derselben sind die inneren Angelegenheiten Norwegens von denen
Schwedens völlig getrennt, und beide Reiche haben außer dem Herrscher nur
die Diplomatie gemeinsam. Sodann stehen dein Könige lediglich die exekutive
Gewalt, der Oberbefehl über die Streitkräfte und das Recht über Krieg und
Frieden zu. Die gesetzgebende Gewalt wird vom Volke durch das Storthiug,
das jedes Jahr im Februar (jetzt im Oktober) zusammentritt, in Gemeinschaft
mit dem Könige, der aber mir ein suspensives Veto hat, ausgeübt. Die Be-


Grenzdvtt'ii til, 1382. 7


Jur Beachtung.
Mit dem vorliegenden beste beginnt diese Zeitschrift das Z. Quartal ihres 4z. Jahr¬
gangs, welches durch alle Buchhandlungen und postanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen ist.
preis suo das Quartal o, Mark. Wir bitten um schleunige Ausgabe des neuen
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Leipzig, im Juni zssz,.Die Verlagshandlung.

Der Konflikt in Norwegen.

l
e Thronrede, mit welcher König Oskar II. in der vorletzten Woche
deS Jn»i das norwegische Parlament geschlossen hat, wird vielfach
als el» bedenkliches Zeichen des Konflikts angesehen, der seit einiger
Zeit zwischen dein Monarchen und der Landesvertretung des Westens
der skandinavischen Halbinsel spielt. Da die Sache für uns insofern
vo>i Wichtigkeit ist, als sie zeigt, wohin die Übertreibung konstitutioneller Ein¬
richtungen führen kann, und da andrerseits die Verfassung Norwegens und die
Geschichte des Stvrthings wenig bekannt sein werden, so halten wir es für an¬
gemessen, im folgenden darüber einige Mitteilungen zu macheu.

Als die Norweger 1814 zu Eidsvvld, ihrer alten Selbständigkeit eingedenk,
die allerdings während der Verbindung mit Dänemark faktisch verloren gegangen
war, sich in einem dänischen Prinzen einen eigne» König wählten, gaben sie
sich zugleich eine extrem liberale Verfassung. Ein kurzer Krieg bereitete dieser
vollen Selbständigkeit ein Ende, aber Schweden machte im Frieden, obwohl es
Sieger geblieben, der raschen Erledigung des Streites zu Liebe uach verschiedenen
Seiten hin sehr erhebliche Zugeständnisse: mau begnügte sich, eine thatsächlich
nur persönliche Union beider Reiche zustande zu bringen, und ließ dem Lande
— wie es freilich scheint, nur bis auf weiteres — seine fast republikanische Kon¬
stitution. Nach derselben sind die inneren Angelegenheiten Norwegens von denen
Schwedens völlig getrennt, und beide Reiche haben außer dem Herrscher nur
die Diplomatie gemeinsam. Sodann stehen dein Könige lediglich die exekutive
Gewalt, der Oberbefehl über die Streitkräfte und das Recht über Krieg und
Frieden zu. Die gesetzgebende Gewalt wird vom Volke durch das Storthiug,
das jedes Jahr im Februar (jetzt im Oktober) zusammentritt, in Gemeinschaft
mit dem Könige, der aber mir ein suspensives Veto hat, ausgeübt. Die Be-


Grenzdvtt'ii til, 1382. 7
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/57>, abgerufen am 03.07.2024.