Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.Der jüngste Tag. Neunzehntes Tiapitel. Die Mutter. Er ging zur Thür hinaus, glücklich trotz aller Mißgriffe, die er begangen, Bald darauf drehte sich Humphreys um und ging hinein, und dann kam Jonas, Jonas, was ist los? Wer ist krank? Ist's Julia? Das wußt' ich doch, mein hochgeehrter Kamerad, daß Sie zuerst nach Der jüngste Tag. Neunzehntes Tiapitel. Die Mutter. Er ging zur Thür hinaus, glücklich trotz aller Mißgriffe, die er begangen, Bald darauf drehte sich Humphreys um und ging hinein, und dann kam Jonas, Jonas, was ist los? Wer ist krank? Ist's Julia? Das wußt' ich doch, mein hochgeehrter Kamerad, daß Sie zuerst nach <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0532" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193873"/> <fw type="header" place="top"> Der jüngste Tag.</fw><lb/> </div> <div n="2"> <head> Neunzehntes Tiapitel.<lb/> Die Mutter.</head><lb/> <p xml:id="ID_1824"> Er ging zur Thür hinaus, glücklich trotz aller Mißgriffe, die er begangen,<lb/> und trotz des Strichs, den ihm der üble Verlauf seines Abenteuers durch die<lb/> Rechnung gemacht hatte, glücklich auch trotz der ihm angedrohten Verhaftung<lb/> wegen Einbruchs. Fast eine Minute lang war August Weste völlig glücklich,<lb/> wie Leute von ruhigem Temperamente glücklich zu sein pflegen — glücklich ohne<lb/> Aufregung. Aber bevor er das Hofthor passirte, hörte er ein Aufkreischen und<lb/> ein tolles hysterisches Lachen, er hörte heftiges Hin- und Herrennen von Füßen<lb/> und sah Lichter sich bewegen. Gern wäre er umgekehrt, um zu erfahren, was<lb/> es gegeben, aber er besann sich, daß er hinausgewiesen worden war, und daß<lb/> er nicht zurückgehen durfte. Das Gefühl, aus dem Frieden des Hauses ver¬<lb/> bannt zu sein, mischte sich mit dem Gefühl der Beängstigung. Er fürchtete,<lb/> daß Julien etwas zugestoßen sein könnte, er zögerte und lauschte. Humphreys<lb/> kam heraus auf die obere Veranda und blickte scharf die Straße hinauf und<lb/> hinab. August empfand instinktmäßig, daß er der Gegenstand des Suchens<lb/> war, und schlüpfte verstohlen in eine Ecke der Umzäunung, indem er sich er¬<lb/> innerte, daß er jetzt ein Einbrecher war und von der Gnade des Menschen ab¬<lb/> hing, dessen Gesicht allein zur Genüge zeigte, daß er unversöhnlich war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1825"> Bald darauf drehte sich Humphreys um und ging hinein, und dann kam<lb/> Angust aus dem Schatten hervor und eilte hinweg. Als er ein paar tausend<lb/> Schritte gegangen war, hörte er das Getrappel von Pferdehufen, und wieder<lb/> verbarg er sich in einem Gefühle von Feigheit, das er bisher nie gekannt hatte.<lb/> Aber als er fand, daß es Jonns war, der anf einem von zwei Pferden ritt<lb/> und das andre neben sich am Zügel führte, wahrscheinlich, um Dokor Ketchnp, den<lb/> Dampfdoktor, zu holen, sprang er hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1826"> Jonas, Jonas, was ist los? Wer ist krank? Ist's Julia?</p><lb/> <p xml:id="ID_1827" next="#ID_1828"> Das wußt' ich doch, mein hochgeehrter Kamerad, daß Sie zuerst nach<lb/> Julien fragen würden. Aber 's ist nur einer von den abgeschmackten Anfällen<lb/> der Alten, und Sie wissen ja, daß die neunzehn Leben hat. Leute mit Katzen-<lb/> natnren haben immer so viel. Sie thäten jetzt gescheidter, an sich selber zu<lb/> denken. Ich habe Sie in diese Patsche gebracht, und ich will sehen, wie ich<lb/> Ihnen heraushelfe, wie der Hund zur Beutelratte in ihrem Loche sagte. Fix<lb/> hinauf auf dieses vierbeinige Quadruped und kommen Sie mit, soweit ich gehe<lb/> auf dieser Straße zu Frieden und Sicherheit. Denn ich sage Ihnen, der Habicht<lb/> hat ein höllisch gutes Geschäft mit Ihnen, mein Küchlein, gemacht, und er ist<lb/> im Begriffe, hernbzustvßen, und wenn er stößt, so sehen Sie sich um nach<lb/> schnellen Federn. Schlafen Sie ja nicht unter den väterlichen Schindeln, wie<lb/> man sagt. Gehen Sie nach Andrews Burg, und er wird Ihnen hinüberhelfen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0532]
Der jüngste Tag.
Neunzehntes Tiapitel.
Die Mutter.
Er ging zur Thür hinaus, glücklich trotz aller Mißgriffe, die er begangen,
und trotz des Strichs, den ihm der üble Verlauf seines Abenteuers durch die
Rechnung gemacht hatte, glücklich auch trotz der ihm angedrohten Verhaftung
wegen Einbruchs. Fast eine Minute lang war August Weste völlig glücklich,
wie Leute von ruhigem Temperamente glücklich zu sein pflegen — glücklich ohne
Aufregung. Aber bevor er das Hofthor passirte, hörte er ein Aufkreischen und
ein tolles hysterisches Lachen, er hörte heftiges Hin- und Herrennen von Füßen
und sah Lichter sich bewegen. Gern wäre er umgekehrt, um zu erfahren, was
es gegeben, aber er besann sich, daß er hinausgewiesen worden war, und daß
er nicht zurückgehen durfte. Das Gefühl, aus dem Frieden des Hauses ver¬
bannt zu sein, mischte sich mit dem Gefühl der Beängstigung. Er fürchtete,
daß Julien etwas zugestoßen sein könnte, er zögerte und lauschte. Humphreys
kam heraus auf die obere Veranda und blickte scharf die Straße hinauf und
hinab. August empfand instinktmäßig, daß er der Gegenstand des Suchens
war, und schlüpfte verstohlen in eine Ecke der Umzäunung, indem er sich er¬
innerte, daß er jetzt ein Einbrecher war und von der Gnade des Menschen ab¬
hing, dessen Gesicht allein zur Genüge zeigte, daß er unversöhnlich war.
Bald darauf drehte sich Humphreys um und ging hinein, und dann kam
Angust aus dem Schatten hervor und eilte hinweg. Als er ein paar tausend
Schritte gegangen war, hörte er das Getrappel von Pferdehufen, und wieder
verbarg er sich in einem Gefühle von Feigheit, das er bisher nie gekannt hatte.
Aber als er fand, daß es Jonns war, der anf einem von zwei Pferden ritt
und das andre neben sich am Zügel führte, wahrscheinlich, um Dokor Ketchnp, den
Dampfdoktor, zu holen, sprang er hervor.
Jonas, Jonas, was ist los? Wer ist krank? Ist's Julia?
Das wußt' ich doch, mein hochgeehrter Kamerad, daß Sie zuerst nach
Julien fragen würden. Aber 's ist nur einer von den abgeschmackten Anfällen
der Alten, und Sie wissen ja, daß die neunzehn Leben hat. Leute mit Katzen-
natnren haben immer so viel. Sie thäten jetzt gescheidter, an sich selber zu
denken. Ich habe Sie in diese Patsche gebracht, und ich will sehen, wie ich
Ihnen heraushelfe, wie der Hund zur Beutelratte in ihrem Loche sagte. Fix
hinauf auf dieses vierbeinige Quadruped und kommen Sie mit, soweit ich gehe
auf dieser Straße zu Frieden und Sicherheit. Denn ich sage Ihnen, der Habicht
hat ein höllisch gutes Geschäft mit Ihnen, mein Küchlein, gemacht, und er ist
im Begriffe, hernbzustvßen, und wenn er stößt, so sehen Sie sich um nach
schnellen Federn. Schlafen Sie ja nicht unter den väterlichen Schindeln, wie
man sagt. Gehen Sie nach Andrews Burg, und er wird Ihnen hinüberhelfen
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