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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus.

sondern die Autoritäten dem Volke gehorchten. Wie der Vörsenspieler sich ein¬
bildet, er, er allein werde den Moment erhaschen, um seine" Gewinn in Sicher¬
heit zu bringe", so glaubt der liberale Philister, ihm werde beschieden sein, in
Ruhe die Früchte zu genießen, welche die moderne 'I^nein-im inugiou. ihm an die
Wand zaubert.

Aber jedes Volk hat die Presse, die es verdient. Es genügt nicht, daß
wir mit Abscheu und Ekel uns von dem Treiben jener Komödianten abwenden,
welche Camille Desmoulins und Konsorten kopiren, ohne doch von der Zeit das
Stichwort zu erhalten wie jene. Wir müssen uns vor Angen halten, das; gegen
Landplagen mit Verordnungen und Strafen allein nicht geholfen werden kann,
sondern jeder Hand anlegen muß auf seinein Platze. Wir dürfen nicht warten,
bis der Heuschreckenschwarm alles, was grüne und blüht und keimt, vernichtet
und nur seinen Lust und Boden verpestenden Unrat zurückgelassen hat. Es
muß eine Liga der anständigen Leute geschlossen werden, welche sich zur Pflicht
macht, gegen das Gezücht mit allen ehrlichen Mitteln unnachsichtlich zu Felde
zu ziehen. Niemand darf die Blätter jener Sorte in sein Hans lassen, niemand
sie an öffentlichen Orten in die Hand nehmen, niemand vor allem direkt zu
ihrem Einkommen beisteuern. Es muß dahin gewirkt werden, daß kein Schrift¬
steller von Name", der sich nicht jener Partei verschrieben hat, an solchen
Blättern mitarbeite, und es gilt dies namentlich vo" Rvmandichtern, die dazu
dienen müssen, das giftige Zeug in die Familien einzuschmuggeln. Wir dürfen
nicht ermüden, die Gedankenlosen darüber aufzuklären, welchen Tendenzen sie
Vorschub leisten, welche Zustände sie herbeiführen helfen. Das ist Ehrenpflicht,
das erfordert aber auch die Selbsterhaltung. Wir sind im Kriege, je energischer
wir ihn führen, desto eher kaun auf Friede" gerechnet werde". Und der Kampf
gegen angemaßte und mißbrauchte Gewalt hat ja immer die Sympathien Recht¬
lichdenkender. Darum vorwärts in t,./r!uno"!




Zur Geschichte des deutschen Liberalismus.

er Name, unter dem zum Behufe der letzten Reichstagswahlen
die fortschrittliche "ut die sezessio"istische Fraktion sich zusamme"-
getha" und sich dann auch mit de" nahestehende" Fraktiv"e" rechts
und links zu vereinigen und als eine große liberale Partei hin-
zilstellcn gesucht haben, hat das Ange der Tagespolitik wiederholt
auf die E"tstehn"g n"d Bedeutung des Namens "liberal" hingelenkt und so
auch uns zu den, hier mitzuteilenden Versuch einer kurzen historischen Dar-


Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus.

sondern die Autoritäten dem Volke gehorchten. Wie der Vörsenspieler sich ein¬
bildet, er, er allein werde den Moment erhaschen, um seine» Gewinn in Sicher¬
heit zu bringe», so glaubt der liberale Philister, ihm werde beschieden sein, in
Ruhe die Früchte zu genießen, welche die moderne 'I^nein-im inugiou. ihm an die
Wand zaubert.

Aber jedes Volk hat die Presse, die es verdient. Es genügt nicht, daß
wir mit Abscheu und Ekel uns von dem Treiben jener Komödianten abwenden,
welche Camille Desmoulins und Konsorten kopiren, ohne doch von der Zeit das
Stichwort zu erhalten wie jene. Wir müssen uns vor Angen halten, das; gegen
Landplagen mit Verordnungen und Strafen allein nicht geholfen werden kann,
sondern jeder Hand anlegen muß auf seinein Platze. Wir dürfen nicht warten,
bis der Heuschreckenschwarm alles, was grüne und blüht und keimt, vernichtet
und nur seinen Lust und Boden verpestenden Unrat zurückgelassen hat. Es
muß eine Liga der anständigen Leute geschlossen werden, welche sich zur Pflicht
macht, gegen das Gezücht mit allen ehrlichen Mitteln unnachsichtlich zu Felde
zu ziehen. Niemand darf die Blätter jener Sorte in sein Hans lassen, niemand
sie an öffentlichen Orten in die Hand nehmen, niemand vor allem direkt zu
ihrem Einkommen beisteuern. Es muß dahin gewirkt werden, daß kein Schrift¬
steller von Name», der sich nicht jener Partei verschrieben hat, an solchen
Blättern mitarbeite, und es gilt dies namentlich vo» Rvmandichtern, die dazu
dienen müssen, das giftige Zeug in die Familien einzuschmuggeln. Wir dürfen
nicht ermüden, die Gedankenlosen darüber aufzuklären, welchen Tendenzen sie
Vorschub leisten, welche Zustände sie herbeiführen helfen. Das ist Ehrenpflicht,
das erfordert aber auch die Selbsterhaltung. Wir sind im Kriege, je energischer
wir ihn führen, desto eher kaun auf Friede» gerechnet werde». Und der Kampf
gegen angemaßte und mißbrauchte Gewalt hat ja immer die Sympathien Recht¬
lichdenkender. Darum vorwärts in t,./r!uno«!




Zur Geschichte des deutschen Liberalismus.

er Name, unter dem zum Behufe der letzten Reichstagswahlen
die fortschrittliche »ut die sezessio»istische Fraktion sich zusamme»-
getha» und sich dann auch mit de» nahestehende» Fraktiv»e» rechts
und links zu vereinigen und als eine große liberale Partei hin-
zilstellcn gesucht haben, hat das Ange der Tagespolitik wiederholt
auf die E»tstehn»g n»d Bedeutung des Namens „liberal" hingelenkt und so
auch uns zu den, hier mitzuteilenden Versuch einer kurzen historischen Dar-


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[0448] Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus. sondern die Autoritäten dem Volke gehorchten. Wie der Vörsenspieler sich ein¬ bildet, er, er allein werde den Moment erhaschen, um seine» Gewinn in Sicher¬ heit zu bringe», so glaubt der liberale Philister, ihm werde beschieden sein, in Ruhe die Früchte zu genießen, welche die moderne 'I^nein-im inugiou. ihm an die Wand zaubert. Aber jedes Volk hat die Presse, die es verdient. Es genügt nicht, daß wir mit Abscheu und Ekel uns von dem Treiben jener Komödianten abwenden, welche Camille Desmoulins und Konsorten kopiren, ohne doch von der Zeit das Stichwort zu erhalten wie jene. Wir müssen uns vor Angen halten, das; gegen Landplagen mit Verordnungen und Strafen allein nicht geholfen werden kann, sondern jeder Hand anlegen muß auf seinein Platze. Wir dürfen nicht warten, bis der Heuschreckenschwarm alles, was grüne und blüht und keimt, vernichtet und nur seinen Lust und Boden verpestenden Unrat zurückgelassen hat. Es muß eine Liga der anständigen Leute geschlossen werden, welche sich zur Pflicht macht, gegen das Gezücht mit allen ehrlichen Mitteln unnachsichtlich zu Felde zu ziehen. Niemand darf die Blätter jener Sorte in sein Hans lassen, niemand sie an öffentlichen Orten in die Hand nehmen, niemand vor allem direkt zu ihrem Einkommen beisteuern. Es muß dahin gewirkt werden, daß kein Schrift¬ steller von Name», der sich nicht jener Partei verschrieben hat, an solchen Blättern mitarbeite, und es gilt dies namentlich vo» Rvmandichtern, die dazu dienen müssen, das giftige Zeug in die Familien einzuschmuggeln. Wir dürfen nicht ermüden, die Gedankenlosen darüber aufzuklären, welchen Tendenzen sie Vorschub leisten, welche Zustände sie herbeiführen helfen. Das ist Ehrenpflicht, das erfordert aber auch die Selbsterhaltung. Wir sind im Kriege, je energischer wir ihn führen, desto eher kaun auf Friede» gerechnet werde». Und der Kampf gegen angemaßte und mißbrauchte Gewalt hat ja immer die Sympathien Recht¬ lichdenkender. Darum vorwärts in t,./r!uno«! Zur Geschichte des deutschen Liberalismus. er Name, unter dem zum Behufe der letzten Reichstagswahlen die fortschrittliche »ut die sezessio»istische Fraktion sich zusamme»- getha» und sich dann auch mit de» nahestehende» Fraktiv»e» rechts und links zu vereinigen und als eine große liberale Partei hin- zilstellcn gesucht haben, hat das Ange der Tagespolitik wiederholt auf die E»tstehn»g n»d Bedeutung des Namens „liberal" hingelenkt und so auch uns zu den, hier mitzuteilenden Versuch einer kurzen historischen Dar-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/448>, abgerufen am 29.06.2024.