Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Reform der innern Verwaltung in Preußen.

s ist b
ekannt, daß den im Frühjahr dieses Jahres versammelt
gewesenen Proviuziallandtagen in den sogenannten Kreisordnnngs-
provinzen von dein Minister des Innern verschiedene ans die
Reform der innern Verwaltung Bezug habende Fragen zur Be¬
antwortung vorgelegt worden sind. Der Kernpunkt dieser Fragen
war hauptsächlich der, ob die bisherigen praktischen Erfahrungen für oder gegen
die Beibehaltung der Verwaltungsstreitsachen bez. deren Trennung von den
Bcschlnßsachcn sprächen. Auf Grund der von den Proviuziallandtagen einge¬
gangenen Gutachten wurde sodann das betreffende Gebiet im Ministerium einer
erneuten Prüfung unterzogen, und diese Prüfung soll dein künftigen Landtage
in Form verschiedener Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Es kann daher wohl
nur vou Interesse sein, wenn zu dem so wichtigen Gegenstände noch einmal
Stellung genommen wird.

Die Kreisordnnng vom 13. Dezember 1872 für die sechs östlichen Provinzen
der preußischen Monarchie, so zerpflückt sie auch durch die spätere Gesetzgebung
erscheinen mag, ist im großen und gauzeu in dein Teile, der mit der Verwaltungs¬
justiz nichts zu schaffen hat, intakt geblieben. Das Gesetz vom I N. März 1831,
betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Kreisordnung, hat ja in dieser
Beziehung im wesentlichen uur formelle, redaktionelle Neründcruugeu, wirkliche,
prinzipielle Einschnitte nur in wenigen Punkten herbeigeführt. Die gesetzgeberischen
Experimente an der Kreisordnnng, wie sie in dem Gesetze betreffend Berwaltiiugs-
gerichte ze. vom ?. Juli l875>, in dem Znständigkeitsgesetze vom. 26. Juli 1876,
endlich in dem Gesetze zur Abänderung und Ergänzung der ersteren Gesetze vom
2. August 1880 ihren Ausdruck gefunden haben, betrafen eben hauptsächlich die
Vorschriften der Kreisorduung über streitige Verwaltuugssacheu. Wenn nun trotz
aller Experimentirnngeu die Gesetzgebung auf dem. Gebiete der Verwaltnngsjnstiz
nicht zur Ruhe kommen kaun, vielmehr zu neuen Umfvrmnngeu schreiten will,
so beweist schon dieser Umstand wohl am besten, daß die Schaffung von Ver¬
waltnngsstreitsachen und deren Organisirung hinsichtlich der Instanzen, Formen
und Fristen nicht richtigen Gesichtspunkten entsprungen ist.

Jedenfalls ist, um dies vorweg zu schicken, eine unumstößliche Thatsache,
daß uicht bloß die Beamtenwelt, sondern mich das Publikum fast sämmtliche,
ans die streitigen VerwaltnngSsachen bezüglichen Bestimmungen uicht praktisch
umgesetzt, sondern gegen dieselben sich abwehrend, passiv und ohne Interesse ver¬
halten hat. Die größte Mehrzahl der Verwaltungsberichte der Kreisansschüssc
meldet eine ständig sich steigernde Abnahme der Nerwaltuugsstreitsachen; uicht


Zur Reform der innern Verwaltung in Preußen.

s ist b
ekannt, daß den im Frühjahr dieses Jahres versammelt
gewesenen Proviuziallandtagen in den sogenannten Kreisordnnngs-
provinzen von dein Minister des Innern verschiedene ans die
Reform der innern Verwaltung Bezug habende Fragen zur Be¬
antwortung vorgelegt worden sind. Der Kernpunkt dieser Fragen
war hauptsächlich der, ob die bisherigen praktischen Erfahrungen für oder gegen
die Beibehaltung der Verwaltungsstreitsachen bez. deren Trennung von den
Bcschlnßsachcn sprächen. Auf Grund der von den Proviuziallandtagen einge¬
gangenen Gutachten wurde sodann das betreffende Gebiet im Ministerium einer
erneuten Prüfung unterzogen, und diese Prüfung soll dein künftigen Landtage
in Form verschiedener Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Es kann daher wohl
nur vou Interesse sein, wenn zu dem so wichtigen Gegenstände noch einmal
Stellung genommen wird.

Die Kreisordnnng vom 13. Dezember 1872 für die sechs östlichen Provinzen
der preußischen Monarchie, so zerpflückt sie auch durch die spätere Gesetzgebung
erscheinen mag, ist im großen und gauzeu in dein Teile, der mit der Verwaltungs¬
justiz nichts zu schaffen hat, intakt geblieben. Das Gesetz vom I N. März 1831,
betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Kreisordnung, hat ja in dieser
Beziehung im wesentlichen uur formelle, redaktionelle Neründcruugeu, wirkliche,
prinzipielle Einschnitte nur in wenigen Punkten herbeigeführt. Die gesetzgeberischen
Experimente an der Kreisordnnng, wie sie in dem Gesetze betreffend Berwaltiiugs-
gerichte ze. vom ?. Juli l875>, in dem Znständigkeitsgesetze vom. 26. Juli 1876,
endlich in dem Gesetze zur Abänderung und Ergänzung der ersteren Gesetze vom
2. August 1880 ihren Ausdruck gefunden haben, betrafen eben hauptsächlich die
Vorschriften der Kreisorduung über streitige Verwaltuugssacheu. Wenn nun trotz
aller Experimentirnngeu die Gesetzgebung auf dem. Gebiete der Verwaltnngsjnstiz
nicht zur Ruhe kommen kaun, vielmehr zu neuen Umfvrmnngeu schreiten will,
so beweist schon dieser Umstand wohl am besten, daß die Schaffung von Ver¬
waltnngsstreitsachen und deren Organisirung hinsichtlich der Instanzen, Formen
und Fristen nicht richtigen Gesichtspunkten entsprungen ist.

Jedenfalls ist, um dies vorweg zu schicken, eine unumstößliche Thatsache,
daß uicht bloß die Beamtenwelt, sondern mich das Publikum fast sämmtliche,
ans die streitigen VerwaltnngSsachen bezüglichen Bestimmungen uicht praktisch
umgesetzt, sondern gegen dieselben sich abwehrend, passiv und ohne Interesse ver¬
halten hat. Die größte Mehrzahl der Verwaltungsberichte der Kreisansschüssc
meldet eine ständig sich steigernde Abnahme der Nerwaltuugsstreitsachen; uicht


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0429" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193770"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur Reform der innern Verwaltung in Preußen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1430"> s ist b<lb/>
ekannt, daß den im Frühjahr dieses Jahres versammelt<lb/>
gewesenen Proviuziallandtagen in den sogenannten Kreisordnnngs-<lb/>
provinzen von dein Minister des Innern verschiedene ans die<lb/>
Reform der innern Verwaltung Bezug habende Fragen zur Be¬<lb/>
antwortung vorgelegt worden sind. Der Kernpunkt dieser Fragen<lb/>
war hauptsächlich der, ob die bisherigen praktischen Erfahrungen für oder gegen<lb/>
die Beibehaltung der Verwaltungsstreitsachen bez. deren Trennung von den<lb/>
Bcschlnßsachcn sprächen. Auf Grund der von den Proviuziallandtagen einge¬<lb/>
gangenen Gutachten wurde sodann das betreffende Gebiet im Ministerium einer<lb/>
erneuten Prüfung unterzogen, und diese Prüfung soll dein künftigen Landtage<lb/>
in Form verschiedener Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Es kann daher wohl<lb/>
nur vou Interesse sein, wenn zu dem so wichtigen Gegenstände noch einmal<lb/>
Stellung genommen wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1431"> Die Kreisordnnng vom 13. Dezember 1872 für die sechs östlichen Provinzen<lb/>
der preußischen Monarchie, so zerpflückt sie auch durch die spätere Gesetzgebung<lb/>
erscheinen mag, ist im großen und gauzeu in dein Teile, der mit der Verwaltungs¬<lb/>
justiz nichts zu schaffen hat, intakt geblieben. Das Gesetz vom I N. März 1831,<lb/>
betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Kreisordnung, hat ja in dieser<lb/>
Beziehung im wesentlichen uur formelle, redaktionelle Neründcruugeu, wirkliche,<lb/>
prinzipielle Einschnitte nur in wenigen Punkten herbeigeführt. Die gesetzgeberischen<lb/>
Experimente an der Kreisordnnng, wie sie in dem Gesetze betreffend Berwaltiiugs-<lb/>
gerichte ze. vom ?. Juli l875&gt;, in dem Znständigkeitsgesetze vom. 26. Juli 1876,<lb/>
endlich in dem Gesetze zur Abänderung und Ergänzung der ersteren Gesetze vom<lb/>
2. August 1880 ihren Ausdruck gefunden haben, betrafen eben hauptsächlich die<lb/>
Vorschriften der Kreisorduung über streitige Verwaltuugssacheu. Wenn nun trotz<lb/>
aller Experimentirnngeu die Gesetzgebung auf dem. Gebiete der Verwaltnngsjnstiz<lb/>
nicht zur Ruhe kommen kaun, vielmehr zu neuen Umfvrmnngeu schreiten will,<lb/>
so beweist schon dieser Umstand wohl am besten, daß die Schaffung von Ver¬<lb/>
waltnngsstreitsachen und deren Organisirung hinsichtlich der Instanzen, Formen<lb/>
und Fristen nicht richtigen Gesichtspunkten entsprungen ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1432" next="#ID_1433"> Jedenfalls ist, um dies vorweg zu schicken, eine unumstößliche Thatsache,<lb/>
daß uicht bloß die Beamtenwelt, sondern mich das Publikum fast sämmtliche,<lb/>
ans die streitigen VerwaltnngSsachen bezüglichen Bestimmungen uicht praktisch<lb/>
umgesetzt, sondern gegen dieselben sich abwehrend, passiv und ohne Interesse ver¬<lb/>
halten hat. Die größte Mehrzahl der Verwaltungsberichte der Kreisansschüssc<lb/>
meldet eine ständig sich steigernde Abnahme der Nerwaltuugsstreitsachen; uicht</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0429] Zur Reform der innern Verwaltung in Preußen. s ist b ekannt, daß den im Frühjahr dieses Jahres versammelt gewesenen Proviuziallandtagen in den sogenannten Kreisordnnngs- provinzen von dein Minister des Innern verschiedene ans die Reform der innern Verwaltung Bezug habende Fragen zur Be¬ antwortung vorgelegt worden sind. Der Kernpunkt dieser Fragen war hauptsächlich der, ob die bisherigen praktischen Erfahrungen für oder gegen die Beibehaltung der Verwaltungsstreitsachen bez. deren Trennung von den Bcschlnßsachcn sprächen. Auf Grund der von den Proviuziallandtagen einge¬ gangenen Gutachten wurde sodann das betreffende Gebiet im Ministerium einer erneuten Prüfung unterzogen, und diese Prüfung soll dein künftigen Landtage in Form verschiedener Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Es kann daher wohl nur vou Interesse sein, wenn zu dem so wichtigen Gegenstände noch einmal Stellung genommen wird. Die Kreisordnnng vom 13. Dezember 1872 für die sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie, so zerpflückt sie auch durch die spätere Gesetzgebung erscheinen mag, ist im großen und gauzeu in dein Teile, der mit der Verwaltungs¬ justiz nichts zu schaffen hat, intakt geblieben. Das Gesetz vom I N. März 1831, betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Kreisordnung, hat ja in dieser Beziehung im wesentlichen uur formelle, redaktionelle Neründcruugeu, wirkliche, prinzipielle Einschnitte nur in wenigen Punkten herbeigeführt. Die gesetzgeberischen Experimente an der Kreisordnnng, wie sie in dem Gesetze betreffend Berwaltiiugs- gerichte ze. vom ?. Juli l875>, in dem Znständigkeitsgesetze vom. 26. Juli 1876, endlich in dem Gesetze zur Abänderung und Ergänzung der ersteren Gesetze vom 2. August 1880 ihren Ausdruck gefunden haben, betrafen eben hauptsächlich die Vorschriften der Kreisorduung über streitige Verwaltuugssacheu. Wenn nun trotz aller Experimentirnngeu die Gesetzgebung auf dem. Gebiete der Verwaltnngsjnstiz nicht zur Ruhe kommen kaun, vielmehr zu neuen Umfvrmnngeu schreiten will, so beweist schon dieser Umstand wohl am besten, daß die Schaffung von Ver¬ waltnngsstreitsachen und deren Organisirung hinsichtlich der Instanzen, Formen und Fristen nicht richtigen Gesichtspunkten entsprungen ist. Jedenfalls ist, um dies vorweg zu schicken, eine unumstößliche Thatsache, daß uicht bloß die Beamtenwelt, sondern mich das Publikum fast sämmtliche, ans die streitigen VerwaltnngSsachen bezüglichen Bestimmungen uicht praktisch umgesetzt, sondern gegen dieselben sich abwehrend, passiv und ohne Interesse ver¬ halten hat. Die größte Mehrzahl der Verwaltungsberichte der Kreisansschüssc meldet eine ständig sich steigernde Abnahme der Nerwaltuugsstreitsachen; uicht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/429
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/429>, abgerufen am 29.06.2024.