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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der jüngste Tag.

des fetten, duftenden, schwarzen Erdbodens zu beobachten. Und so fest wie er
seine Pflugschar einsetzte, so fest faßte er mich den Vorsatz, alle Hindernisse zu
durchbrechen und Julia Anderson zu heiraten. Er wußte, daß er mit demselben
stetigen, unwiderstehlichen Vorwärtsdringen alles überwinden würde, was zwischen
ihm und der Seele lag, welche ihm aus dem Gesicht entgegenstrahlte, das ans
dem Grunde des Sonnenhutes wohnte.

Aus ihrem Versteck in dem Erlenbusche hatte Frau Anderson der Unter¬
haltung zugesehen, und auch ihre Wangen hatten sich gerötet, wenn auch durch
sehr andre Empfindung. Sie hatte die Worte nicht gehört. Sie hatte beobachtet,
wie das Müdcheu nud der Pflüger die Zeit vertrödelten, und als sie nach dem
Hause zurückging, gelobte sie sich, "Julia Anderson schon zu lehren, wie man
durch Geschwätz mit einem Dutchman die Zeit umbringt." Und doch, je mehr
sie sich die Sache überlegte, desto mehr überzeugte sie sich, daß sie am besten
thun würde, "jetzt keinen Spektakel darüber zu macheu." Sie konnte damit am
Ende gar beschleunigen, was sie verhüten wollte. Denn obgleich Julia gehorsam
und sanft in ihrer Redeweise war, war sie doch nichtsdestoweniger ein wenig
halsstarrig und konnte in einer Angelegenheit wie diese leicht das Gebiß zwischen
die Zähne nehmen und durchgehe".

Und so uneben Fran Anderson, wie gewöhnlich, ihre Zuflucht zu ihrem
Manne. Sie wußte, daß sie diesen breitschlagen konnte. Sie verlangte, daß
Angust Weste abgelohnt und entlassen werde. Und als Anderson zauderte,
weil er keinen so guten- Arbeiter wieder zu finden fürchtete, sowie aus andern
Gründen, brach sie in die Erklärung aus: Ich glaube, du würdest dir gar nichts
daraus macheu, wenn sie wirklich einen Dntchman heiratete. Ich weiß aber, daß
sie einen solchen Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordent¬
lichen Menschen.




Zweites Uapitel.
(Line Explosion.

Die Audersvns waren übereingekommen, daß August am Schlüsse seines
Monats, der mit dem Sonnabend zu Ende ging, in aller Stille fortgeschickt
werden solle. Weder er noch Julia sollten davon eine Ahnung haben, daß man
hinter ihre Liebe gekommen sei und etwas dawider habe. So wurde es von
Frau Anderson geordnet. Sie ordnete für gewöhnlich alles. Erst ordnete sie
den Gang des Verfahrens, das eingeschlagen werden sollte, dann ordnete sie das
Verhalten ihres Mannes zu dein Plane. Seine Würde erforderte, daß er that,
als wolle er Widerstand leisten. Aber es war immer nur Schein. Er gedachte
stets schließlich nachzugeben. So bald seine Frau ihr Kleingewehrfeuer einstellte


Der jüngste Tag.

des fetten, duftenden, schwarzen Erdbodens zu beobachten. Und so fest wie er
seine Pflugschar einsetzte, so fest faßte er mich den Vorsatz, alle Hindernisse zu
durchbrechen und Julia Anderson zu heiraten. Er wußte, daß er mit demselben
stetigen, unwiderstehlichen Vorwärtsdringen alles überwinden würde, was zwischen
ihm und der Seele lag, welche ihm aus dem Gesicht entgegenstrahlte, das ans
dem Grunde des Sonnenhutes wohnte.

Aus ihrem Versteck in dem Erlenbusche hatte Frau Anderson der Unter¬
haltung zugesehen, und auch ihre Wangen hatten sich gerötet, wenn auch durch
sehr andre Empfindung. Sie hatte die Worte nicht gehört. Sie hatte beobachtet,
wie das Müdcheu nud der Pflüger die Zeit vertrödelten, und als sie nach dem
Hause zurückging, gelobte sie sich, „Julia Anderson schon zu lehren, wie man
durch Geschwätz mit einem Dutchman die Zeit umbringt." Und doch, je mehr
sie sich die Sache überlegte, desto mehr überzeugte sie sich, daß sie am besten
thun würde, „jetzt keinen Spektakel darüber zu macheu." Sie konnte damit am
Ende gar beschleunigen, was sie verhüten wollte. Denn obgleich Julia gehorsam
und sanft in ihrer Redeweise war, war sie doch nichtsdestoweniger ein wenig
halsstarrig und konnte in einer Angelegenheit wie diese leicht das Gebiß zwischen
die Zähne nehmen und durchgehe«.

Und so uneben Fran Anderson, wie gewöhnlich, ihre Zuflucht zu ihrem
Manne. Sie wußte, daß sie diesen breitschlagen konnte. Sie verlangte, daß
Angust Weste abgelohnt und entlassen werde. Und als Anderson zauderte,
weil er keinen so guten- Arbeiter wieder zu finden fürchtete, sowie aus andern
Gründen, brach sie in die Erklärung aus: Ich glaube, du würdest dir gar nichts
daraus macheu, wenn sie wirklich einen Dntchman heiratete. Ich weiß aber, daß
sie einen solchen Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordent¬
lichen Menschen.




Zweites Uapitel.
(Line Explosion.

Die Audersvns waren übereingekommen, daß August am Schlüsse seines
Monats, der mit dem Sonnabend zu Ende ging, in aller Stille fortgeschickt
werden solle. Weder er noch Julia sollten davon eine Ahnung haben, daß man
hinter ihre Liebe gekommen sei und etwas dawider habe. So wurde es von
Frau Anderson geordnet. Sie ordnete für gewöhnlich alles. Erst ordnete sie
den Gang des Verfahrens, das eingeschlagen werden sollte, dann ordnete sie das
Verhalten ihres Mannes zu dein Plane. Seine Würde erforderte, daß er that,
als wolle er Widerstand leisten. Aber es war immer nur Schein. Er gedachte
stets schließlich nachzugeben. So bald seine Frau ihr Kleingewehrfeuer einstellte


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[0245] Der jüngste Tag. des fetten, duftenden, schwarzen Erdbodens zu beobachten. Und so fest wie er seine Pflugschar einsetzte, so fest faßte er mich den Vorsatz, alle Hindernisse zu durchbrechen und Julia Anderson zu heiraten. Er wußte, daß er mit demselben stetigen, unwiderstehlichen Vorwärtsdringen alles überwinden würde, was zwischen ihm und der Seele lag, welche ihm aus dem Gesicht entgegenstrahlte, das ans dem Grunde des Sonnenhutes wohnte. Aus ihrem Versteck in dem Erlenbusche hatte Frau Anderson der Unter¬ haltung zugesehen, und auch ihre Wangen hatten sich gerötet, wenn auch durch sehr andre Empfindung. Sie hatte die Worte nicht gehört. Sie hatte beobachtet, wie das Müdcheu nud der Pflüger die Zeit vertrödelten, und als sie nach dem Hause zurückging, gelobte sie sich, „Julia Anderson schon zu lehren, wie man durch Geschwätz mit einem Dutchman die Zeit umbringt." Und doch, je mehr sie sich die Sache überlegte, desto mehr überzeugte sie sich, daß sie am besten thun würde, „jetzt keinen Spektakel darüber zu macheu." Sie konnte damit am Ende gar beschleunigen, was sie verhüten wollte. Denn obgleich Julia gehorsam und sanft in ihrer Redeweise war, war sie doch nichtsdestoweniger ein wenig halsstarrig und konnte in einer Angelegenheit wie diese leicht das Gebiß zwischen die Zähne nehmen und durchgehe«. Und so uneben Fran Anderson, wie gewöhnlich, ihre Zuflucht zu ihrem Manne. Sie wußte, daß sie diesen breitschlagen konnte. Sie verlangte, daß Angust Weste abgelohnt und entlassen werde. Und als Anderson zauderte, weil er keinen so guten- Arbeiter wieder zu finden fürchtete, sowie aus andern Gründen, brach sie in die Erklärung aus: Ich glaube, du würdest dir gar nichts daraus macheu, wenn sie wirklich einen Dntchman heiratete. Ich weiß aber, daß sie einen solchen Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordent¬ lichen Menschen. Zweites Uapitel. (Line Explosion. Die Audersvns waren übereingekommen, daß August am Schlüsse seines Monats, der mit dem Sonnabend zu Ende ging, in aller Stille fortgeschickt werden solle. Weder er noch Julia sollten davon eine Ahnung haben, daß man hinter ihre Liebe gekommen sei und etwas dawider habe. So wurde es von Frau Anderson geordnet. Sie ordnete für gewöhnlich alles. Erst ordnete sie den Gang des Verfahrens, das eingeschlagen werden sollte, dann ordnete sie das Verhalten ihres Mannes zu dein Plane. Seine Würde erforderte, daß er that, als wolle er Widerstand leisten. Aber es war immer nur Schein. Er gedachte stets schließlich nachzugeben. So bald seine Frau ihr Kleingewehrfeuer einstellte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/245>, abgerufen am 29.06.2024.