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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Ein Jugendfreund Goethes.
Ernst Wolfgang Behrisch (^?38-M9).
von w. yosLus. (Fortsetzung.)

"aß E. W. Behrisch so schnell einen Ruf an den fürstlichen Hof
zu Dessau erhielt, war vor allem der Verwendung Gellerts zuzu¬
schreiben. Welcher Art war nun aber Behrischs neue Stellung?
Unkenntniß der damaligen Verhältnisse am Dessauer Hofe hat viele
zu den eigenthümlichsten Vermuthungen geführt. Und doch ist
alles einfach und klar. Im Jahre 1767 hatte sich der junge Fürst Leopold
Friedrich Franz von Anhalt-Dessau mit seiner siebzehnjährigen Cousine, Prinzessin
Luise Henriette Wilhelmine von Preußen, Markgräfin von Brandenburg-Schwedt,
vermählt und darauf sogleich den kleinen "Junker Franz von Waldersee" zu sich
genommen, um ihn unter feinen Augen erziehen zu lassen. Letzterer, der am
5. September 1767 sein viertes Lebensjahr vollendet hatte, erhielt nun im Schlosse
seinen kleinen Hofstaat, bestehend aus einem Informator, einem Lakaien und
einem Waschmädchen. Der Informator war E. W. Behrisch.

Ohne Zweifel überzeugte sich der Fürst bald, daß er Behrisch entsprechender
als Vorleser, denn als Erzieher eines Knaben von so jugendlichem Alter ver¬
wende" könne, und suchte später für Franz von Waldersee überhaupt eine
andere Kraft. Er richtete sein Augenmerk dabei auf den damals in Leipzig
die Rechte studirenden jüngsten Sohn des Hof- und Amtsraths Johann August
Rode in Dessau und beschied denselben am 15. Februar 1771, als dieser gerade


Grmzbow, II. 1881. 7


Ein Jugendfreund Goethes.
Ernst Wolfgang Behrisch (^?38-M9).
von w. yosLus. (Fortsetzung.)

»aß E. W. Behrisch so schnell einen Ruf an den fürstlichen Hof
zu Dessau erhielt, war vor allem der Verwendung Gellerts zuzu¬
schreiben. Welcher Art war nun aber Behrischs neue Stellung?
Unkenntniß der damaligen Verhältnisse am Dessauer Hofe hat viele
zu den eigenthümlichsten Vermuthungen geführt. Und doch ist
alles einfach und klar. Im Jahre 1767 hatte sich der junge Fürst Leopold
Friedrich Franz von Anhalt-Dessau mit seiner siebzehnjährigen Cousine, Prinzessin
Luise Henriette Wilhelmine von Preußen, Markgräfin von Brandenburg-Schwedt,
vermählt und darauf sogleich den kleinen „Junker Franz von Waldersee" zu sich
genommen, um ihn unter feinen Augen erziehen zu lassen. Letzterer, der am
5. September 1767 sein viertes Lebensjahr vollendet hatte, erhielt nun im Schlosse
seinen kleinen Hofstaat, bestehend aus einem Informator, einem Lakaien und
einem Waschmädchen. Der Informator war E. W. Behrisch.

Ohne Zweifel überzeugte sich der Fürst bald, daß er Behrisch entsprechender
als Vorleser, denn als Erzieher eines Knaben von so jugendlichem Alter ver¬
wende» könne, und suchte später für Franz von Waldersee überhaupt eine
andere Kraft. Er richtete sein Augenmerk dabei auf den damals in Leipzig
die Rechte studirenden jüngsten Sohn des Hof- und Amtsraths Johann August
Rode in Dessau und beschied denselben am 15. Februar 1771, als dieser gerade


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[0053] [Abbildung] Ein Jugendfreund Goethes. Ernst Wolfgang Behrisch (^?38-M9). von w. yosLus. (Fortsetzung.) »aß E. W. Behrisch so schnell einen Ruf an den fürstlichen Hof zu Dessau erhielt, war vor allem der Verwendung Gellerts zuzu¬ schreiben. Welcher Art war nun aber Behrischs neue Stellung? Unkenntniß der damaligen Verhältnisse am Dessauer Hofe hat viele zu den eigenthümlichsten Vermuthungen geführt. Und doch ist alles einfach und klar. Im Jahre 1767 hatte sich der junge Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau mit seiner siebzehnjährigen Cousine, Prinzessin Luise Henriette Wilhelmine von Preußen, Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, vermählt und darauf sogleich den kleinen „Junker Franz von Waldersee" zu sich genommen, um ihn unter feinen Augen erziehen zu lassen. Letzterer, der am 5. September 1767 sein viertes Lebensjahr vollendet hatte, erhielt nun im Schlosse seinen kleinen Hofstaat, bestehend aus einem Informator, einem Lakaien und einem Waschmädchen. Der Informator war E. W. Behrisch. Ohne Zweifel überzeugte sich der Fürst bald, daß er Behrisch entsprechender als Vorleser, denn als Erzieher eines Knaben von so jugendlichem Alter ver¬ wende» könne, und suchte später für Franz von Waldersee überhaupt eine andere Kraft. Er richtete sein Augenmerk dabei auf den damals in Leipzig die Rechte studirenden jüngsten Sohn des Hof- und Amtsraths Johann August Rode in Dessau und beschied denselben am 15. Februar 1771, als dieser gerade Grmzbow, II. 1881. 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/53>, abgerufen am 29.06.2024.