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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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vom Torpcdoweso".

staltendcr Einfluß sowohl in Betreff der Zusaimncnsetzuug und Bauart der Kriegs¬
flotten, wie in Betreff der Kriegführung zur See überhaupt innewohnen sollte.

Zu allgemeiner Orientirung wie zur Gewinnung eines Urtheils über die be¬
rührte" Frage" erscheint es vielleicht geeignet, an der Hand der Geschichte einen
Gang durch die Entwickluugszüge der besondern maritimen Zerstörungsmittel zu
unternehmen. Die Darstellung der letzten, offenbar sehr wichtigen Phase der¬
selben wird dann erkennen lassen, ob man damit wirklich zu einen: offensiven
Kampfmittel, zu einem Angriffsmittel gelangt sei, welchem eine so ungewöhnliche
Zukunft vorhergesagt werden könne,

1.

Zu den aus der Vorzeit überkommenen Braudern hatten sich mit der Er¬
findung des Pulvers die Höllenmaschinen gesellt. Gegen Ende des sechzehnten
Jahrhunderts kamen diese Kriegsmittel zu einer Verwendung, welche wohl be¬
rechtigt war, Aufsehen zu erregen. Während des Krieges beim Abfall der Nieder¬
lande belagerte der Herzog vom Parma, Alexander Farnese, im Jahre 1586 die
feste Stadt Antwerpen. Um die Verbindung der Stadt mit Seeland zu unter¬
brechen und die Zufuhren abzuschneiden, welche der mächtige Scheldcstrom mit
seiner Ebbe und Fluth immer noch ermöglichte, ließ der Herzog unterhalb von
Antwerpen eine starke Brücke über den Strom bauen, ein viel gerühmtes Werk,
und es kam nun darauf an, diese Brücke zu zerstören. Die Stadt barg in ihren
Mauern einen ingeniösen Mann, einen uns Mantua gebürtigen Italiener Ginni-
belli, König Philipp von Spanien hatte seine Dienste abgelehnt, dagegen soll
ihn Königin Elisabeth den Niederlanden zugewendet haben. Den Archimedes von
Antwerpen nennt ihn Schiller, bestimmt, "gleiche Geschicklichkeit mit gleich ver¬
lorenem Erfolge zu verwenden." Gicmibelli ließ nun zwei größere Schiffe mit
gemauerten Kastenräumen versehen, die mit Pulver gefüllt und mit allerlei Wurf¬
zeug bedeckt wurden; sonst erhielten sie ein ähnliches Aussehen wie mehrere
Brander, welche gleichfalls zu dem Unternehmen gerüstet wurden.

In einer Nacht wurden die Schiffe dem Strom übergeben und von ge¬
wandten Schiffsleuten so weit geführt, daß diese noch im eignen Bereiche ans
Land setzen konnten, nachdem sie die Brander angezündet hatten. Aber die Spanier
waren wachsam. Die Brander wurden abgefangen und ans Ufer gebracht. Das
eine Pulvcrfchiff, das "Glück", lief selbst auf den Strand, und als nun zuletzt das
zweite Pulverschiff, die "Hoffnung", mitten im Strome ganz dunkel herantrieb,
wurde es von zahlreichen Booten umringt, welche es von der Brücke fern zu
halten suchten, und von einer großen Anzahl von Mannschaften bestiegen, welche
nach Spuren der Zündlegnng forschten, um diese zu vernichten und das Anbrennen


vom Torpcdoweso».

staltendcr Einfluß sowohl in Betreff der Zusaimncnsetzuug und Bauart der Kriegs¬
flotten, wie in Betreff der Kriegführung zur See überhaupt innewohnen sollte.

Zu allgemeiner Orientirung wie zur Gewinnung eines Urtheils über die be¬
rührte» Frage» erscheint es vielleicht geeignet, an der Hand der Geschichte einen
Gang durch die Entwickluugszüge der besondern maritimen Zerstörungsmittel zu
unternehmen. Die Darstellung der letzten, offenbar sehr wichtigen Phase der¬
selben wird dann erkennen lassen, ob man damit wirklich zu einen: offensiven
Kampfmittel, zu einem Angriffsmittel gelangt sei, welchem eine so ungewöhnliche
Zukunft vorhergesagt werden könne,

1.

Zu den aus der Vorzeit überkommenen Braudern hatten sich mit der Er¬
findung des Pulvers die Höllenmaschinen gesellt. Gegen Ende des sechzehnten
Jahrhunderts kamen diese Kriegsmittel zu einer Verwendung, welche wohl be¬
rechtigt war, Aufsehen zu erregen. Während des Krieges beim Abfall der Nieder¬
lande belagerte der Herzog vom Parma, Alexander Farnese, im Jahre 1586 die
feste Stadt Antwerpen. Um die Verbindung der Stadt mit Seeland zu unter¬
brechen und die Zufuhren abzuschneiden, welche der mächtige Scheldcstrom mit
seiner Ebbe und Fluth immer noch ermöglichte, ließ der Herzog unterhalb von
Antwerpen eine starke Brücke über den Strom bauen, ein viel gerühmtes Werk,
und es kam nun darauf an, diese Brücke zu zerstören. Die Stadt barg in ihren
Mauern einen ingeniösen Mann, einen uns Mantua gebürtigen Italiener Ginni-
belli, König Philipp von Spanien hatte seine Dienste abgelehnt, dagegen soll
ihn Königin Elisabeth den Niederlanden zugewendet haben. Den Archimedes von
Antwerpen nennt ihn Schiller, bestimmt, „gleiche Geschicklichkeit mit gleich ver¬
lorenem Erfolge zu verwenden." Gicmibelli ließ nun zwei größere Schiffe mit
gemauerten Kastenräumen versehen, die mit Pulver gefüllt und mit allerlei Wurf¬
zeug bedeckt wurden; sonst erhielten sie ein ähnliches Aussehen wie mehrere
Brander, welche gleichfalls zu dem Unternehmen gerüstet wurden.

In einer Nacht wurden die Schiffe dem Strom übergeben und von ge¬
wandten Schiffsleuten so weit geführt, daß diese noch im eignen Bereiche ans
Land setzen konnten, nachdem sie die Brander angezündet hatten. Aber die Spanier
waren wachsam. Die Brander wurden abgefangen und ans Ufer gebracht. Das
eine Pulvcrfchiff, das „Glück", lief selbst auf den Strand, und als nun zuletzt das
zweite Pulverschiff, die „Hoffnung", mitten im Strome ganz dunkel herantrieb,
wurde es von zahlreichen Booten umringt, welche es von der Brücke fern zu
halten suchten, und von einer großen Anzahl von Mannschaften bestiegen, welche
nach Spuren der Zündlegnng forschten, um diese zu vernichten und das Anbrennen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/10>, abgerufen am 29.06.2024.