Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.man von Zeit zu Zeit der Leistungsfähigkeit für die Gesinnung entrathen zu politische Briefe. . ^9. Die Eröffnung der Landtagssession. Die Thronrede verspricht das Beste, was eine Thronrede versprechen kann, man von Zeit zu Zeit der Leistungsfähigkeit für die Gesinnung entrathen zu politische Briefe. . ^9. Die Eröffnung der Landtagssession. Die Thronrede verspricht das Beste, was eine Thronrede versprechen kann, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147895"/> <p xml:id="ID_676" prev="#ID_675"> man von Zeit zu Zeit der Leistungsfähigkeit für die Gesinnung entrathen zu<lb/> können glaubt. Der lehrreichste Fall dieser Art ist die eigenthümliche Stellung,<lb/> welche zu Anfang unsers Jahrhunderts einige der großen Malertalente, die sich in<lb/> Rom zusammenfanden, gewissen technischen Fertigkeiten ihrer Kunst gegenüber ein¬<lb/> nahmen. Bestimmte unerläßliche Theile einer vollen künstlerischen Durchbildung<lb/> wurden als „Künste" verachtet. Es, waren hochstehende, gewaltige schöpferisch reiche<lb/> Naturen, welche sich dieses Irrthums schuldig machten. Männer wie Cornelius<lb/> und Ludwig Schmorr waren unter ihnen. Aber wie pietätlos, frech und unberechtigt<lb/> uns auch der Hochmuth erscheinen möge, mit denen nachmals die Coloristen auf<lb/> sie herabzusehen wähnten, so bleibt doch gewiß, daß jene Männer in verhäng-<lb/> nißvoller Einseitigkeit Naturstudium und Beherrschung der malerischen Technik<lb/> für unwesentlich erklärten, und daß sie damit die Nachwirkung und Weiterent¬<lb/> wicklung ihrer Richtung in Frage gestellt haben. Die Herrlichen, Unvergeßlichen<lb/> soll uns keiner schlechte Musikanten schelten; aber die Erinnerung an sie<lb/> schließt doch eine Warnung ein, die wir auch auf literarischem Gebiete be¬<lb/> herzigen wollen. Wir dürfen denen, welche etwas zur Neuherstellung und<lb/> innern Kräftigung unsrer Literatur beitragen wollen, auch nicht eine einzige<lb/> Eigenschaft des guten Schriftstellers erlassen. Je entschiedner der Anspruch auf<lb/> hohe Gesinnung, um so strenger die Talentprobe, um so unbeirrter die Forde¬<lb/> rung aller wirklichen Vorzüge, auf welche sich die Niedriggesinnten und Ge¬<lb/> sinnungslosen berufen! Jeder wahre, starke, leistungsfähige Idealismus sei will¬<lb/> kommen; was sich bloß so nennt und auf sein Aushängeschild hin das Recht<lb/> begehrt, zu stümpern, ist der Gegner einer gesunden literarischen Entwicklung so<lb/> gut wie die kranken Modetalente und die Feuilletonspeculanten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> politische Briefe. .<lb/> ^9. Die Eröffnung der Landtagssession. </head><lb/> <p xml:id="ID_677" next="#ID_678"> Die Thronrede verspricht das Beste, was eine Thronrede versprechen kann,<lb/> nämlich eine Session voll fruchtbarer Arbeit ohne Parteikämpfe. Ein Haupt¬<lb/> theil der Arbeiten betrifft die Fortführung der Verwaltungsreform, deren alle<lb/> Theile umfassender Grundplan in der vorigen Session festgestellt worden ist.<lb/> Ueber diesen Grundplan also wird kein Streit mehr sein, weil die Parteien,<lb/> auf deren zusammenwirkende. Unterstützung die Regierung rechnen muß, über ihn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
man von Zeit zu Zeit der Leistungsfähigkeit für die Gesinnung entrathen zu
können glaubt. Der lehrreichste Fall dieser Art ist die eigenthümliche Stellung,
welche zu Anfang unsers Jahrhunderts einige der großen Malertalente, die sich in
Rom zusammenfanden, gewissen technischen Fertigkeiten ihrer Kunst gegenüber ein¬
nahmen. Bestimmte unerläßliche Theile einer vollen künstlerischen Durchbildung
wurden als „Künste" verachtet. Es, waren hochstehende, gewaltige schöpferisch reiche
Naturen, welche sich dieses Irrthums schuldig machten. Männer wie Cornelius
und Ludwig Schmorr waren unter ihnen. Aber wie pietätlos, frech und unberechtigt
uns auch der Hochmuth erscheinen möge, mit denen nachmals die Coloristen auf
sie herabzusehen wähnten, so bleibt doch gewiß, daß jene Männer in verhäng-
nißvoller Einseitigkeit Naturstudium und Beherrschung der malerischen Technik
für unwesentlich erklärten, und daß sie damit die Nachwirkung und Weiterent¬
wicklung ihrer Richtung in Frage gestellt haben. Die Herrlichen, Unvergeßlichen
soll uns keiner schlechte Musikanten schelten; aber die Erinnerung an sie
schließt doch eine Warnung ein, die wir auch auf literarischem Gebiete be¬
herzigen wollen. Wir dürfen denen, welche etwas zur Neuherstellung und
innern Kräftigung unsrer Literatur beitragen wollen, auch nicht eine einzige
Eigenschaft des guten Schriftstellers erlassen. Je entschiedner der Anspruch auf
hohe Gesinnung, um so strenger die Talentprobe, um so unbeirrter die Forde¬
rung aller wirklichen Vorzüge, auf welche sich die Niedriggesinnten und Ge¬
sinnungslosen berufen! Jeder wahre, starke, leistungsfähige Idealismus sei will¬
kommen; was sich bloß so nennt und auf sein Aushängeschild hin das Recht
begehrt, zu stümpern, ist der Gegner einer gesunden literarischen Entwicklung so
gut wie die kranken Modetalente und die Feuilletonspeculanten.
politische Briefe. .
^9. Die Eröffnung der Landtagssession.
Die Thronrede verspricht das Beste, was eine Thronrede versprechen kann,
nämlich eine Session voll fruchtbarer Arbeit ohne Parteikämpfe. Ein Haupt¬
theil der Arbeiten betrifft die Fortführung der Verwaltungsreform, deren alle
Theile umfassender Grundplan in der vorigen Session festgestellt worden ist.
Ueber diesen Grundplan also wird kein Streit mehr sein, weil die Parteien,
auf deren zusammenwirkende. Unterstützung die Regierung rechnen muß, über ihn
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